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Tod & Trüffel

Titel: Tod & Trüffel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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Ziegen, die Kühe und Hühner furchtsam in ihre Ställe.
    Vespasian fühlte einen Stolz in sich, der ganz Rimella zu umfassen schien. Er konnte sehen, dass alle anderen des Rudels genauso empfanden. Dies war nun ihr Dorf, und sie würden darin leben, wie es ihnen gefiel.
    Jeder sollte es wissen.
    Die Wölfe waren endlich wieder da.

 
    Kapitel 5
     
     
    WITTERUNG
     
     
    A urelius, immer noch fast blind und ohne Geruchssinn durch die Verletzungen des Sturzes, merkte an der Beschaffenheit des Bodens, dass er dem Revier näherkam. Immer mehr der heimischen Mineralien waren darin gelöst. Sein Körper war mit der Erde auf eine Art verwoben, die jungen Wölfen noch fremd war. Sie liefen über das Land, als wäre es egal, was ihre Pfoten berührten. Aurelius wusste um die Einheit, welche zwischen Rudel und Land über Generationen herangereift war, wie eine kostbare Frucht. Er war ebenso Teil des Landes wie des Rudels. Eines guten Rudels, trotz der unseligen winterlichen Episode mit den Gebirgswölfen. Eines Rudels stolzer Wölfe, fast allesamt über Blut mit ihm verwandt, Hüter eines einzigartigen Erbes.
    Es waren nur noch wenige Kilometer bis zur Höhle seines Bruders, und selbst zu seinem lädierten olfaktorischen System drangen die starken Reviermarkierungen durch. An der Biegung eines Haselnusshains fanden seine Pfoten wie von selbst einen Pfad, auf dem sie bereits oft patrouilliert hatten. Sie gingen alleine, trugen den alten Graurock, der sie nach langen Strecken auf scharfkantigem Boden stets sorgfältig geleckt und geschont hatte.
    Doch plötzlich, da blieben sie stehen.
    Durch die Schlitze seiner Augen erkannte Aurelius den im Sonnenlicht wie nassen Stein glitzernden Zaun. Nachdem das Rasseln seines Atems sich gelegt hatte, hörte er die Stimmen von Zweibeinern. Rasch versteckte er sich in einemdichten Dornenbusch, dessen Äste tief hingen und der neben neuem Schmerz auch Schutz versprach.
    »Den müsst ihr heute noch fertigbekommen!«, sagte eine harsche Stimme, die fast so tief wie die eines Wolfes klang. Doch Aurelius verstand die Worte nicht. Diese Fähigkeit war einigen wenigen Hunden vorbehalten, ihm blieben die Laute fremd. Unter Schmerzen zwang er sich, die Augen weiter aufzureißen, um besser zu den Zweibeinern blicken zu können, zu sehen, worüber sie sprachen.
    »Macht den Unterstand dicht«, war die Stimme wieder zu vernehmen, nicht mehr als ein unverständliches Grollen für Aurelius. »Ich will, dass alles fix fertig wird und genutzt werden kann. Damit nicht wieder einer dieser verdammten Wölfe meinen Zaun durchbeißt. Auge um Auge, Zaun und Zaun!« Jetzt lachte er, Aurelius dachte, er würde heiser bellen. Der Mann war ohne Fell am Kopf, hatte dafür aber den Bart einer Ziege am Kinn. Seine Haut erinnerte Aurelius an das helle Sommerbraun eines Bärenfells, auch der Mann selbst erinnerte ihn an das kraftvolle Tier mit der unförmigen Gestalt und der großen Kraft, die sich wie aus dem Nichts entladen konnte. Zu Füßen des Zweibeiners lag ein Dobermann. Das schwarze Fell mit braunen Inseln glänzte in der Sonne, und der elegante Hund schaffte es selbst im Liegen, hoheitsvoll zu blicken – was Aurelius nur lächerlich fand. Ein Sklave, der sich so benahm, war dumm. Der Dobermann war nichts weiter als der Befehlsempfänger eines Zweibeiners. Worauf konnte er stolz sein?
    »Aber oben steht erst mal nur einer. Alle anderen brauche ich abends in Rimella. Heute sollen die Drecksviecher Betäubungspfeile in den Leib gejagt bekommen. Und wenn das nichts bringt, dann vergifte ich den ganzen Haufen. Naturschutz hin oder her!« Er begann zu heulen, ahmte einen Wolf nach.
    Was mochte er wohl gesagt haben?, fragte sich Aurelius.Vielleicht hatte es mit seinem Rudel zu tun, immerhin tat der Zweibeiner nun so, als sei er selbst ein Wolf. Der Dobermann würde es wissen, man musste ihn nur zum Sprechen bringen! Das würde er seinem Bruder erzählen, als Wiedergutmachung dafür, dass seiner Mission zu den Brüdern des Gebirges kein Erfolg beschieden war.
    Der Mann ohne Fell lachte nun wieder heiser. Doch als auch die drei Männer ihm gegenüber lachten, wurde er ernst. Schlug dem ihm am nächsten stehenden – er trug einen metallenen Helm, unter dem wallendes Haar hervorkam – ins vollbärtige Gesicht.
    »Findest du das etwa lustig? Ja? Ist ja nicht dein Geld, das hier kaputtgebissen wird. Deine Lohntüte wird ja nicht kleiner, weil diese grauen Biester mein Dorf besetzen wie verrückt gewordene Hippies. Ich

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