Tod & Trüffel
Gülletransport kannte. Die Männer sahen wie Bauarbeiter aus.
Doch das Merkwürdigste war etwas anderes.
»Hallo? Ist da die ... Ja, ich bin es wieder. Burgnichs Männer sind jetzt hier.« Sie wurde unterbrochen. »Ja, sie löschen. Aber darum geht es nicht. Lassen Sie mich doch ausreden, verdammt noch mal!«
Das Paradoxe war, dass sie nicht die Feuer löschten. Sie schienen bloß den Abschnitt zwischen den Brandherden und Rimella zu wässern.
»Sie verhindern nur, dass die Feuer auf den Ort übergreifen. Sie wollen die Wölfe ausräuchern, verstehen Sie mich? Und nachher heißt es, das Feuer wäre von selbst ausgebrochenund sie hätten es heldenhaft gelöscht. Das werde ich nicht zulassen!« Sie kniff die Augen zusammen. »Ich sehe es ja gar nicht ein, mit Burgnich zu telefonieren. Sie sind es, der einen Waldbrand am Hals hat, zu dem keine Leute geschickt wurden, nicht ich. Trauen Sie unqualifizierten Leuten wie Burgnichs Truppe die Löschung zu? Es ist Ihr Job, nicht meiner, viel Glück.«
Sie beendete das Gespräch. Und sah dabei wieder ein wenig zufriedener aus.
Vespasian zählte durch. Und noch mal. Er hatte sich leider nicht vertan.
»Schließ endlich das Tor!«, rief ihm Grarr zu, nun schon ungehalten. »Willst du uns umbringen?«
Entschlossen schüttelte Vespasian den Kopf. »Vier fehlen noch, ganz sicher.«
»Er kann zählen«, sagte Grarr, der auf dem steinernen Altar stand, als sei er eine der Heiligenstatuen. Zu seinen Pfoten lag Theophanu mit erhobenem Kopf und blickte herab. »Aber denken kann er nicht.«
Das erheiterte das verschüchterte Rudel etwas, doch die Angst hatte sich längst wie ein Parasit in ihren Nervenbahnen eingenistet.
»Septimus sichert die Sakristei, und die Kralle ist in meinem Auftrag unterwegs. Sie sind in Sicherheit. Genau wie wir hier. Die Zweibeiner haben diese Mauern vor langer, langer Zeit errichtet, damit sie allem trotzen, was die Natur zu bieten hat. Jedes Feuer erlischt irgendwann, das ist gewiss. Und wir können warten. Wenn uns die Zweibeiner nicht aus unserem Dorf vertreiben können, wird es eine Feuersbrunst erst recht nicht schaffen! Wir haben hier sogar Wasser.« Er deutete mit der Schnauze auf das gut gefüllte Taufbecken. »Morgen schon wird die mächtige Wildschweinhorde eintreffen, und dann werden die Menschennicht nur aus dem Ort verschwinden, sondern auch aus unserem ganzen Revier!«
Vespasian musste an die Frau denken, die oben am Wald lebte und immer zu ihnen schaute. Sie tat ihnen nichts, doch die Wildschweine würden keinen Unterschied machen, wenn sie einmal in Raserei gerieten. Sie kannten keine Grenzen, sie waren wie ein Sturm, der sich erst legte, wenn alle Kraft ausgetobt war.
Laetitia schob ihren Sohn ruppig zu dem hölzernen Beichtstuhl, der etwas abseits im linken Schiff der kleinen Kirche stand. Da hier in den hohen, länglichen Fenstern der Schein der Flammen zu sehen war, hatten die Wölfe den Bereich gemieden. Grarr hielt währenddessen weiter seine Durchhalterede, kämpfte mit Worten gegen den immer drückenderen Rauch an, der die Fenster nun anscheinend mühelos durchdrang.
»Was ist los, Mutter?«, fragte Vespasian. »Du wirkst plötzlich so wütend. Aber für ein solches Feuer kann doch niemand etwas.«
»Du meinst, dass mich die Flammen stören? Nein, ich hab nur endlich begriffen, dass ich mit Schafen zusammenlebe und nicht mit Wölfen. Schau sie dir an, schau dich an. Ihr folgt alle lieber der unsinnigen Order eines fehlgeleiteten Wolfes, statt euren Instinkten zu gehorchen, die euch immer weise Ratgeber waren.«
»Aber ... «
»Spar dir deine Entschuldigungen! Sei mir lieber eine Hilfe. Hast du in der Zwischenzeit etwas herausgefunden?«
Es knarzte über ihnen. Das Holz schien sich dem Rauch entziehen zu wollen, brach aber noch nicht. Auch die Fenster hielten stand, doch die steigende Hitze war zu spüren. Vespasian gab dem Druck seiner Mutter dagegen nach. Gerade als er anfangen wollte zu erzählen, erhob Grarr wieder die Stimme, lauter als zuvor.
»Dieses Feuer ist kein Fluch, es ist uns gesandt worden. Es vertreibt die Feinde, reinigt unsere neue Heimat von den alten, stinkenden Gerüchen der Zweibeiner, zeigt den Beginn von etwas Neuem. Lasst es ruhig die Dächer und Häuser fressen, so wie wir unsere Beute verschlingen. Danach werden wir immer noch hier sein, doch die Zweibeiner nicht, denn sie wollen geschützte, warme Höhlen, in die kein Regen dringt. Wir sind anders! Ein Feuer ist nur fatal für die
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