Tod & Trüffel
Niccolò.« Sie schüttete ihm das kühle Nass übers Fell und fuhr mit ihren grazilen Fingern darüber. Niccolò mochte Wasser nicht besonders, aber ließ es geschehen.
»Was soll ich nur mit dir machen? Ich hab schon etliche Telefonate geführt, aber nirgendwo wirst du vermisst. Nur in Alba suchen sie einen wie dich – aber das ist ja viel zu weit weg. Das heißt dann wohl, dass ich mich erst mal um meinen kleinen Lebensretter kümmern muss. Wäre das denn okay für dich?«
Er schmiegte sich nah an Isabella, obwohl sie klitschnass war. Er genoss es so lange, bis er Caninis Blick sah. Randvoll mit Unglück. Schnell schüttelte er sich aus, Isabella nass spritzend, was sie zum Lachen brachte, und ging an Canini vorbei zurück zum Zeltlager.
Als die beiden wieder zu ihm stießen, fiel die Nachtschon dunkel auf die Langhe. Isabella zündete den kleinen Gaskocher an und setzte eine Tütensuppe auf, Canini und Niccolò bekamen Trippa alla fiorentina aus der Dose – jeder auf einem eigenen Teller. Das kleine Windspiel liebte Kutteln, besonders mit Tomaten.
Von Giacomo war immer noch nichts zu sehen. Eigentlich sollte er sich keine Sorgen machen, dachte Niccolò, denn nach seinem ersten Verschwinden war der alte Trüffelhund ja auch zurückgekommen, doch diesmal fühlte es sich anders an. Die merkwürdige Traurigkeit in den Augen des Lagotto Romagnolo konnte er nicht verstehen. Er hatte es schließlich geschafft, den Spürer nach Rimella zu holen.
Vorsichtig schmiegte er sich an Isabella, die gut roch, irgendwie nach Äpfeln. Zwar schien etwas an diesem Duft nicht zu stimmen, denn er war viel zu sauber, doch Niccolò beschloss, ihn zu mögen, bettete seinen Kopf auf ihre Beine, die sie zum Lotus-Sitz gefaltet hatte, und blickte nach Rimella.
Er sah es zuerst.
Ihm war sofort klar, dass es keine Glühwürmchen waren. Die tanzten nicht in solchen Zacken, die züngelten nicht Richtung Himmel. Es war ein Feuer, und es blieb nicht lange allein. Überall um Rimella herum erwachten brennende Nester, aus denen unablässig Flammen und Rauch traten. Ein Kreis hatte sich schließlich um das kleine Dorf gebildet, der nur eine einzige Öffnung aufwies, dort, wo die Güllebadewanne stand und die Schweine hausten, bevor die Wölfe sie gerissen hatten.
» Diese Tiere!«, rief Isabella, die mittlerweile stand. Sie meinte es wohl als Beleidigung, doch Niccolò verstand nicht wieso. »Sie räuchern die Wölfe aus. Der ganze Ort wird dabei draufgehen. Wie kann man nur so skrupellos sein? – Wo sind sie? Damit kommen sie nicht durch! Denen werde ich’s zeigen! Die werden sich noch umschauen.«
Endlich hatte sie ihr Handy gefunden. Niccolò sah zu ihr, während Canini unruhig im Kreis lief. »Es ist wegen des Feuers«, sagte Niccolò zu ihr. »Sie macht sich wieder Sorgen um die verdammten Wölfe.«
Isabella hatte Empfang bekommen. »Ist dort die Feuerwehr? Hier ist Isabella Tinbergen. Ich betreue eine ... Forschungsstation oberhalb des Ortes Rimella. Das ist das Dorf, in dem jetzt Wölfe leben.« Sie stockte. »Ja, schön, dass Sie davon wissen. Hier brennt es! Überall ums Dorf herum, es wird abgefackelt, hören Sie? Sie müssen sofort Wagen schicken, viele Wagen, sonst ist es zu spät!«
Die Feuer wurden immer größer, der Rauch schwebte dick wie Nebel, nur der Kirchturm stieß noch hervor, an dem sich die Schwaden wie Wasser an einem Felsen brachen.
»Was soll das heißen: Sie wissen es bereits? Es ist doch gerade erst ausgebrochen!« Sie begann auf ihren Fingernägeln zu kauen. »Dann rücken Sie also bald an?« Sie schien sich zu beruhigen. Aber nur kurz. Dann brüllte sie fassungslos ins Handy. »Von Tarcisio Burgnichs Firma? Er hat es gemeldet und gesagt, er würde sich drum kümmern?! Hören Sie, das war eindeutig Brandstiftung, und zwar durch ihn, er will die Wölfe weghaben. Kommen Sie sofort her, Sie werden sicher Brandbeschleuniger finden. Und schicken Sie gleich die Polizei zu ihm.« Das Fingernägelkauen schien nicht mehr zu reichen, denn nun krallte sie sich mit der freien Hand tief in den Unterarm. »Ich weiß selber, dass Brände jederzeit ausbrechen können. Aber doch nicht kreisrund um ein Dorf!« Isabella schüttelte entschieden den Kopf. »Das hier ist gelegt worden, und niemand löscht es.« Sie wurde immer lauter. » Ich bin nicht hysterisch! «, schrie Isabella. »Ich bin Wissenschaftlerin. Und wenn Sie jetzt niemanden schicken, hetze ich Ihnen die gesamte Presse auf den Hals, hören Sie? Hallo? Ich rede
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