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Tod an der Ruhr

Tod an der Ruhr

Titel: Tod an der Ruhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Kersken
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Grottkamp beschwichtigend.
    Als Margarete sich hingehockt hatte, bemerkte er, dass der Abstand zwischen ihnen größer war als zuvor. Sie drehte ihre Haare zu einem flüchtigen Zopf und schlang ihn zu einem Knoten zusammen.
    »Was hat eigentlich Hubertus Küppken zu deinem Verhältnis mit Terfurth gesagt?«
    »Nichts«, antwortete die Schankmagd kurz angebunden.
    »Ihr habt es in seinem Haus miteinander getrieben. Er hat sich der Kuppelei schuldig gemacht«, stellte Grottkamp fest.
    »Mag sein, Herr Polizeisergeant. Er hat jedenfalls so getan, als würde er nichts davon mitbekommen, wenn ich mit dem Terfurth in meine Kammer gegangen bin. Und was dann in der Mägdekammer war, nun, das konnte ja ohnehin niemand wissen. Die Leute haben sich natürlich ihren Reim drauf gemacht. Aber was der Klumpenwirt sich gedacht hat, das müssen Sie ihn schon selbst fragen.«
    »Teilst du nicht die Mägdekammer mit dem Stubenmädchen, mit dieser Maria Schneider?«
    »Doch, eigentlich schon. Aber die Maria schläft oft bei ihren Eltern. Auch ich übernachte nicht immer in der Kammer beim Klumpenwirt. Manchmal, wenn es abends nicht zu spät wird, dann gehe ich heim zur Anna. Da hab ich immer noch mein Bett. Und die alte Anna freut sich jedes Mal, wenn ich komme.«
    »Wo ist denn eure Kammer im Wirtshaus, die von der Maria und dir?«
    »Die ist unten, gleich neben der Küche.«
    »Und wie ist der Terfurth aus dem Haus gekommen? Wenn er die Nacht bei dir verbracht hatte und früh zur Hütte musste? Dann war die Gasthaustür doch sicher noch verschlossen.«
    »Ja natürlich, Herr Sergeant. Von der Mägdekammer aus gelangt man durch einen schmalen Flur zur Seitentür. Die steht eigentlich immer offen.«
    »Wie? Jeder kann nachts ins Gasthaus?«
    »In die Gaststube und in die Küche natürlich nicht«, erklärte Margarete. »Die schließt Küppken am Abend immer ab. Durch die Seitentür kommt man nur zu den Gesindekammern und zu den Gästezimmern. Sonst müsste Küppken ja für jeden Logiergast, der kommt oder geht, die Tür aufschließen.«
    »Na gut, Grete Sander. Dann kannst du jetzt an deine Arbeit gehen. Der Klumpenwirt wartet sicher schon auf dich.«
    »Glauben Sie immer noch, dass ich eine Hure bin?«, fragte Margarete zaghaft.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Martin Grottkamp zögernd. »Seit ein paar Tagen habe ich das Gefühl, dass ich überhaupt nichts weiß über euch Weibsleute.«
    »Aber Sie werden mich nicht vors Gericht zerren, nicht wahr?«
    »Auch das weiß ich noch nicht«, sagte Grottkamp ausweichend. »Ich muss erst nachdenken. In aller Ruhe nachdenken muss ich.«

    Das Geräusch kannte er nur zu gut. Die Fachwerkgebäude des Grottkamphofes waren noch hinter dicht belaubten Bäumen verborgen, aber das rhythmische Aufschlagen der Dreschflegel auf dem Deelenboden klang schon deutlich in Martin Grottkamps Ohren.
    Dass sie auf dem Hof seines Bruders schon so weit waren in diesem Jahr, verwunderte ihn. Eigentlich war das Dreschen doch eine Arbeit des Spätherbstes und des Winters.
    Auf seinem Weg hierher war er denen vom Försterhof begegnet, die gerade mit den geschulterten Sensen aus dem Getreidefeld gekommen waren. Ans Dreschen dachten die noch lange nicht.
    Am offenen Deelentor blieb Grottkamp stehen und sah seinen Bruder Paul und den alten Knecht Sebastian die Dreschflegel schwingen. »Fleisch im Toppe, lasst uns hoppe! Fleisch im Toppe, lasst uns hoppe!« Unablässig brabbelten die beiden Männer den Spruch vor sich hin, mit dem sich schon der Vater und der damals noch junge Knecht Sebastian den Takt beim Dreschen vorgegeben hatten.
    Die Getreidegarben hatten die Männer wie eh und je über die gesamte Länge der Deele ausgelegt. In kreisenden Bewegungen führten sie die langen Stiele der Dreschflegel durch die Luft und ließen die Klöppel, die mit Lederstreifen an den Stielen befestigt waren, auf die Ähren niedersausen. »Fleisch im Toppe, lasst uns hoppe!«
    Im immer gleichbleibenden Takt klatschten abwechselnd Pauls und Sebastians Klöppel auf den Deelenboden. Martin Grottkamp dachte zurück an die Zeit, als das Dreschen seine Arbeit war und die seines Bruders. Und er erinnerte sich an den Tag, als der Lederriemen an seinem Flegel riss und der Klöppel Paul an der Schulter traf. Ein Glück war’s, dass dem Bruder damals kein Knochen gebrochen war. Aber so heftig war dessen Schulter geprellt, dass es für ihn in dem Jahr mit dem Dreschen vorbei war.
    Der Vater hatte dem sechzehnjährigen Martin die Schuld an dem

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