Tod auf Bestellung
Okay, ich fliege nicht sofort nach New York zurück, sondern schaue vorher mal bei diesem Warren vorbei. Haben Sie eine Adresse?«
»Meinen Sie, er könnte der Täter sein?«, fragte Hunter. »Jemand, der nach einem passenden Organ für sich sucht?«
»Wer weiß«, erwiderte Cotton. »Diese Übereinstimmungen, die Sie gefunden haben – sie zeigen an, wie gut ein Spender zu einem Empfänger passt, nicht wahr?«
»Ja.«
»Dann könnte es so sein. Oder Warren ist das nächste Opfer, wenn der Täter es auf bestimmte Spender abgesehen hat. Ich werde mit dem Mann reden. Ich habe noch eine Bitte an Sie: Könnten Sie den Organspenderausweis von Jason Clegg überprüfen lassen?«
»Worauf?«, fragte Hunter.
»Auf Abweichungen zu den Spenderdatenbanken. Auf Echtheit. Was auch immer. Wenn irgendetwas damit nicht stimmt, wäre das ein weiterer Hinweis, dass ich auf der richtigen Fährte bin.«
4
»Peter?«
Peter Warren blickte auf. Er saß vor dem Eingabefeld einer automatischen Drehbank. Sein Arbeitgeber, Largess Enterprises , stellte maßgefertigte Bauteile für Maschinen und Anlagen her. George Black stand vor ihm, der Schichtführer.
»Was ist los?«, fragte Warren.
»Da ist ein Typ am Empfang«, sagte Black. »Will dich sprechen.«
»Jetzt?«, fragte Warren. »Was ist denn?«
»Keine Ahnung«, erwiderte Black. »Ist aber wichtig. Ich übernehme mal kurz für dich.«
Peter Warren stand auf. Er war ein gedrungener Mann mit kurzen dunklen Haaren, der sich ein wenig schlurfend bewegte. Die Schichten am Wochenende waren ruhiger, und er war noch halb im Trott eines eintönigen Arbeitstages.
»Nicht am Telefon«, rief Black ihm hinterher. »Du sollst nach vorne kommen.«
Warren verließ die Halle und ging zum Eingang, wobei er Cora kurz zunickte, die am Empfang saß. Sie verwies ihn mit einer Handbewegung an einen Fremden, der auf der gepolsterten Bank neben der Eingangstür saß. Der Mann trug einen unscheinbaren hellen Anzug mit einem weißen Polohemd unter dem offenen Jackett. Er war größer als Warren, aber viel dünner. Jetzt erhob er sich und blickte Warren erwartungsvoll an.
Der hatte den Mann noch nie zuvor gesehen.
»Mr Warren?« Der Fremde trat einen Schritt vor und hob unentschlossen die Hand.
»Ja?«, fragte Warren misstrauisch.
»Mr Warren, ich …«, setzte der Unbekannte an. »Würden Sie bitte mit mir kommen? Es gab einen Zwischenfall.«
»Zwischenfall?« Warren kniff die Brauen zusammen. »Was soll der Unsinn? Ich arbeite gerade. Wer sind Sie überhaupt?«
»Entschuldigen Sie«, sagte der Unbekannte. »Mercier ist mein Name. Ich bin heute dem Trainer zur Hand gegangen, an der Schule Ihres Sohnes, beim Samstagstraining. Deswegen habe ich Jacob auch begleitet … Mr Warren, wir können Ihre Frau nicht erreichen. Deshalb dachte ich mir, dass ich Sie zum Krankenhaus fahre.«
»Krankenhaus?« Warren zuckte zusammen. »Mein Gott, was ist mit Jacob passiert?«
Mercier nahm seine Hand und zog ihn mit sich. »Das kann ich Ihnen nicht sagen. Er war noch im OP. Am besten, Sie sprechen gleich selbst mit den Ärzten, wenn Sie in die Klinik kommen.«
»OP? O Gott!«
Er riss sich los und rannte auf die Straße. Vor der Tür stieß er einen weiteren Mann beiseite, der gerade das Gebäude betreten wollte. Ohne ein Wort der Entschuldigung eilte Warren weiter. Mercier hatte Mühe, mit ihm Schritt zu halten und ihn zu seinem wartenden Wagen zu dirigieren.
*
Largess Enterprises stand auf dem Firmenschild vor der Fensterfront. Cotton trat auf die schmucklose Empfangshalle zu, die sich hinter dem Glas abzeichnete, als ihm beinahe die Tür ins Gesicht gerammt wurde. Ein Mann stürmte aufgeregt aus dem Gebäude. Er war mittleren Alters, untersetzt und in Arbeitskleidung. Ein unscheinbarer Bursche in legerer Anzugjacke versuchte, mit dem Arbeiter Schritt zu halten.
Cotton sprang zurück. Er beobachtete, wie die Männer zu einem Wagen eilten, der quer im Halteverbot vor dem Eingang parkte. Cotton überlegte kurz, ob er den Burschen die Leviten lesen sollte, wandte sich dann aber ab. Er hatte genug Zeit damit verloren, Peter Warrens Arbeitsplatz ausfindig zu machen.
Ein wenig hatte die Unruhe der beiden Männer allerdings doch auf ihn abgefärbt. Er beschleunigte seine Schritte und trat auf die Frau zu, die hinter dem Tresen neben dem Durchgang zu den Werkhallen saß. Ein unbestimmtes Gefühl der Dringlichkeit erfasste Cotton, das Augenblicke zuvor noch nicht da gewesen war.
»Was kann ich für Sie tun,
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