Tod auf Bestellung
gespendet haben, aber die Voraussetzungen sind nun mal günstig.«
»Außerdem müssen wir nicht darüber diskutieren, wie zufällig dieser Zufall ist«, sagte Decker. »Es kann ja sein, dass der Täter die Namen seiner Opfer tatsächlich einer Liste für Organspender entnommen hat. Vielleicht arbeitet er in diesem Bereich, und irgendwie muss er seine Opfer ja auswählen. Das heißt aber nicht, dass er wegen der Organspende tötet.«
»Haarspaltereien.« Cotton starrte düster auf seine Akte und hielt sie mit dem Finger fest, als wollte er sie durchbohren. Er hatte sich noch immer nicht gesetzt.
»Das finde ich nicht«, widersprach Decker. »Es ist ein sehr wichtiger Unterschied. Wenn der Täter seine Opfer nur zufällig aus einer Liste wählt, auf der ausschließlich Organspender stehen, haben wir es dennoch mit einem Serienmörder zu tun, der aus ganz eigenen psychologischen Motiven tötet. Einem solchen Täter kommen wir am ehesten auf die Schliche, wenn wir aus den Taten auf seine Person schließen. Bei einem Organdiebstahl aber muss jemand davon profitieren. Es muss nachvollziehbare Motive geben, eine regelrechte Verschwörung. Wir müssten Hinweise finden, wenn wir die Kontakte der Beteiligten überprüfen oder einer Spur des Geldes folgen. Und in dieser Richtung hat sich bislang kein Anhaltspunkt ergeben.«
»Dann suchen Sie danach.« High erhob sich mit unbewegter Miene. »Agent Decker, tun Sie, was Sie mir vorgeschlagen haben. Ziehen Sie Bedell hinzu, und lassen Sie ein Profil des Täters erstellen. Möglicherweise finden wir sogar einen Verdächtigen in unseren Datenbanken, der zu den Angaben des Doktors passt. Und Sie, Cotton, können die Transplantationen unter die Lupe nehmen. Überprüfen Sie die Empfänger. Prüfen Sie nach, ob es einen Hinweis auf unsaubere Praktiken gibt. Ich will Ergebnisse. Gleich nach dem Wochenende.«
Er verließ den Besprechungsraum. Sarah Hunter saß in sich versunken da und trommelte mit den Fingern auf den Tisch.
Decker schaute Cotton an. »Damit haben Sie sich ein paar weitere Nächte mit fruchtlosem Aktenstudium eingehandelt, Cotton. Aber ich kann Ihnen jetzt schon sagen, die Organentnahme ist sauber verlaufen. Sie werden auch nicht mehr finden als ich.«
Cotton zuckte die Achseln. »Ich bin ganz zufrieden mit meinem Teil der Arbeit. Immerhin spare ich mir das Date mit dem Seelenklempner.«
»Wenn Les Bedell bei einem Dinner über den Fall reden will«, gab Decker zurück, »werde ich das nicht ablehnen. Das wäre mal eine Abwechslung zu den Burger-Grills und Whiskyschuppen, in die ich immer gerate, wenn Sie während einer Dienstreise das Restaurant aussuchen.«
»Oh, verdammt«, murmelte Cotton.
»Tut mir leid, Cotton«, fügte Decker mit spöttischem Augenaufschlag hinzu. »Ich hätte nicht gedacht, dass die Kritik Ihnen so zu Herzen geht.«
»Nein, nein.« Cotton wischte die Bemerkung fort. »Ich musste gerade an Maria denken. Ich habe ihr versprochen, dass wir heute Abend unser geplatztes Date nachholen. Das kann ruhig ein bisschen stilvoller sein. Haben Sie einen Tipp, Decker? Wo Sie doch so klare Vorstellungen haben, wie man Damen beeindruckt.«
»Und was ist mit der Auswertung, die Mr High am Montag sehen will?«
Cotton zuckte die Achseln. »Das Wochenende ist lang. Und ich schau gleich mal bei Zeery vorbei und lass ihn ein flottes Skript basteln. Soll der Computer nach Auffälligkeiten suchen, während ich den ersten freien Abend in der Woche genieße. Das ist nicht zu viel verlangt.«
Auch Decker hatte sich vom Besprechungstisch erhoben. Da fiel ihr Hunter wieder ein.
»Sarah«, sagte sie. »Du wolltest doch die Ergebnisse der forensischen Untersuchung vorstellen. Hast du bei den Toten etwas gefunden, was die behandelnden Ärzte übersehen haben?«
»Was?« Sarah Hunter blickte auf und schüttelte den Kopf. »Nein … nein. Allerdings ist mir gerade etwas anderes eingefallen, was ich überprüfen möchte. Vielleicht kann ich am Montag auch etwas beisteuern.«
*
Cotton saß an einem Tisch im Scalini, einem Restaurant in Tribeca an der Südspitze von Manhattan. Er hatte kaum ein Auge für das gediegene Interieur des Saales mit den Gewölbedecken und den illuminierten Säulen, denn seine Begleiterin überstrahlte alles: Maria Avalos war eine hochgewachsene Schönheit mit dunklen Augen und schwarzem Haar, das ihr in sanften Wellen über die Schultern fiel. Sie besaß die feinen Gesichtszüge eines Models, und ihr dunkler Teint verriet die mexikanischen
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