Tod auf Bestellung
gehen vor Langeweile die Wände hoch.«
Cotton blickte auf. »Ist doch gut, wenn mal wenig los ist. Pünktlich um fünf Feierabend, das Vergnügen hatte ich lange nicht mehr. Und wissen Sie was, Decker? Ich hab mir für heute Abend gleich ein Date geangelt.«
»Ui-ui.« Decker schaute ihn an, ein spöttisches Funkeln in den Augen. »Ein geplantes Date? Haben Sie genug von den Zufallsbekanntschaften? Wie heißt denn die Glückliche?«
»Maria«, antwortete Cotton.
Decker zog die Augenbrauen hoch.
»Ist frisch aus Arizona hergezogen«, erklärte Cotton. »Ich hab ihr in der Metro geholfen, als sie die Orientierung verloren hatte. So kam eins zum anderen …« Er zuckte die Achseln. »Ich sag’s Ihnen, Decker, das könnte was Ernstes sein. Wenn es gut läuft, stelle ich sie demnächst Sarah vor. Das würde ihr bestimmt gefallen.«
Sarah Granger war die Frau, die sich um Cotton gekümmert hatte, nachdem er als Achtzehnjähriger beim Anschlag auf das World Trade Center seine Eltern verloren hatte und in New York geblieben war. Beide hatten den Terroranschlag nur knapp überlebt. Sarah hatte Cotton im Jahr nach der Katastrophe adoptiert und war seitdem so etwas wie eine Ersatzmutter für ihn.
Decker grinste. »Na, dann wünsche ich Ihnen viel Glück beim Ordnen Ihres Privatlebens.«
»Das Glück ist mit den Tüchtigen.« Mit einem entschiedenen Schlag auf die Entertaste schickte Cotton seinen Bericht in die Tiefen des Servers, sprang auf und griff nach seinem Jackett. »Deshalb mach ich jetzt Schluss, bevor noch was dazwischenkommt. Bye, Decker.«
Er trat zwischen die Reihen der Arbeitsplätze, die sich bis zum Ausgang erstreckten. Das Telefon auf seinem Schreibtisch rief ihn zurück. John D. High, der Chef des G-Teams, war am Apparat.
»Kommen Sie in mein Büro, Cotton. Und bringen Sie Decker mit. Ich möchte Sie beide für Ihren nächsten Fall briefen.«
»Äh … Es ist zehn vor fünf, Sir.«
»Ja«, sagte Mr High. »Ich sehe es gerade auf der Uhr in meinem Büro.«
Er legte auf. Cotton verharrte unschlüssig. Er schaute Decker an. »Mr High will uns sprechen. Kurz vor Feierabend. Wer weiß, wie lange das wieder dauert.«
Decker grinste immer noch. »Ich habe es gehört. Kommen Sie, Cotton. Sie wissen ja, das Verbrechen macht auch keinen Feierabend.«
Cotton stand da und schaute mürrisch Deckers blondem Haarschopf nach, der über dem Kragen ihres teuren Kostüms wippte. Er hasste es, wenn sie seine eigenen Sprüche zitierte.
*
»Das ist Mr Jason Clegg.« High projizierte das Foto eines Mannes an die Wand, der an Schläuche angeschlossen auf einem Krankenhausbett lag. »Er wurde vorgestern Abend von einem Unbekannten in seinem Haus überfallen. Wenig später wurde er mit schweren Kopfverletzungen im Krankenhaus eingeliefert. Er liegt im Koma – falls er überhaupt noch lebt. Unsere neuesten Informationen sind zwei Stunden alt. Zu dem Zeitpunkt waren die Ärzte der Ansicht, der Hirntod könne jeden Augenblick eintreten.«
High zögerte einen Moment und fügte hinzu: »Genau genommen waren die Ärzte sich nicht einmal einig, ob der Hirntod nicht längst eingetreten ist . Die Art der Verletzungen macht es nicht leicht, das zu bestimmen.«
»Wie ist das möglich?«, fragte Cotton. »Ich dachte, eine Messung der Gehirnströme wäre die exakteste Methode, um den Tod festzustellen.«
»Der Angreifer hat gezielt das Gehirn verletzt, sodass Teile davon nicht mehr arbeiten. Die messbaren Aktivitäten beschränken sich weitestgehend darauf, den Kreislauf in Gang zu halten.«
Cottons Blick schweifte ab und suchte ein Fenster nach draußen, das in Highs Büro nicht zu finden war. »Einbrecher oder zufällige Gewalt?«, fragte er. »Ich sehe nicht, warum der Fall beim FBI gelandet ist.«
»Ins Koma gefallen …« Deckers Stimme klang nachdenklich. »Das erinnert mich an etwas. Das ist nicht der erste Fall, nicht wahr?«
John D. High nickte. »Den Analysten des FBI kam der Fall auch bekannt vor. In den letzten sechs Monaten hatten wir vier Patienten, die mit ähnlichen Verletzungen in Krankenhäuser eingeliefert wurden und nach kurzer Zeit verstarben. Jedes Mal wurde der Notarzt anonym alarmiert – und es finden sich Hinweise darauf, dass in allen Fällen der Täter der Anrufer war.«
»Ein … Serientäter?« Serienmörder , hatte Cotton sagen wollen. Aber technisch gesehen waren die Opfer ja nicht gleich ermordet worden.
»Das werden wir herausfinden.« High schob den beiden Agents die Akten zu. »Die
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