Tod auf Cabrera - Mallorca-Krimi
so, dass sie von ihrem Platz aus den Bug
des Bootes beobachten konnte. Es dauerte nicht lange, da waren die Gummiwülste
rund um das Boot nur noch schlaffe Säcke. Jetzt wäre es für die Taucher ein
Leichtes, sich hochzuziehen, um zu sehen, was an Bord los war. Und tatsächlich
erhob sich plötzlich einer von ihnen aus dem Wasser. Bevor er jedoch mit seiner
Harpune auf sie anlegen konnte, ertönte ein tödliches »Plopp« aus ihrer
Schalldämpferwaffe. Die Kugel schlug ein hässliches Loch in die Taucherbrille
des Angreifers. Blut spritzte von innen gegen das Glas, und der Taucher sank
wortlos in die Fluten zurück. Geistesgegenwärtig ergriff Mira die Harpune, die
ins Wasser zu rutschen drohte, und zog sie zu sich heran.
»Na, was haben wir denn da?« Sie grinste bitter, als sie auf den Pressluftpfeil
sah. »Nun muss nur noch Bastard Nummer zwei auftauchen, und schon wird er
Bekanntschaft mit seiner eigenen Schweinerei machen.«
Sie hatte die Worte kaum ausgesprochen, da zog sich ein zweiter
Taucher am Bug des Bootes hoch. Sein Blick fiel auf die schlafende Fatma, und
ohne zu zögern, legte er mit seiner Harpune auf sie an. Mira erhob sich hinter
ihrem Versteck und feuerte einen Pfeil auf den Mann ab. Er traf ihn etwas
oberhalb der Hüfte. Der Taucher öffnete den Mund und ließ den Lungenautomaten
herausfallen. So einen grellen Schmerzensschrei hatte Mira noch nie gehört,
zumindest nicht von einem Mann. In Sekundenschnelle blies sich der Taucher zu
einer Art Ballon auf. Wild zappelnd fiel er ins Wasser zurück und trieb sofort
ab. Mira erhob sich und schoss ohne jegliche Regung fast das ganze Magazin
ihrer Pistole leer. Erst eine kleine Explosion ließ sie innehalten. Der letzte
Schuss hatte die Sauerstoffflasche des Tauchers getroffen.
Blitzschnell wechselte sie das Magazin. Doch um sie herum herrschte
nun Stille. Das Boot bestand nur noch aus dem ausgeschäumten Plastikboden, auf
dem Fatma diese Schlacht um Leben und Tod selig verschlafen hatte.
Mira sah auf das von Blut verfärbte Wasser, und Ekel stieg in ihr hoch.
Sie beschloss, erst dann hineinzugehen, wenn es sich etwas verflüchtigt hatte.
Erst dann wollte sie sich mit Fatma auf den Weg machen.
»Sterben wir eben auf offener See«, brüllte sie, »das aber ohne
Angst, wie es sich für zwei Kämpferinnen gehört.«
Mit Tränen in den Augen schrieb sie eine SMS an die Zentrale, wo ungefähr man sie beide aus dem Wasser fischen sollte –
in welchem Zustand auch immer.
***
Gleichzeitig mit dem Helikopter, der García Vidal nach Cabrera
brachte, kamen vier weitere Armeehubschrauber mit Kräften einer Spezialeinheit
an Bord auf die Insel. Carmen hatte diese Spezialisten angefordert, weil es für
die paar verbliebenen Ranger und die zwei Mann Stammbesatzung der Guardia Civil unmöglich war, die Insel allein nach
Schickebier abzusuchen. Einer der Hubschrauber war mit einer Wärmebildkamera
ausgerüstet, das würde ihr Vorhaben erleichtern.
García Vidal war froh, wieder an einem Einsatz teilnehmen zu können.
Er würde wohl nie ein fähiger Verwaltungsbeamter werden, das wusste er genau.
Das Problem war nur, dass, je höher er auf der Karriereleiter stand, der Anteil
der von ihm verhassten Schreibtischarbeit umso umfangreicher war.
Carmen erwartete ihn auf dem Landeplatz neben der alten Festung.
»Gut, dass Sie die Kavallerie direkt mitgebracht haben, Comisario. Wenn sich
die beiden Figuren noch auf der Insel befinden, werden die Spezialkräfte sie
sicher finden. Obwohl wir bisher genau genommen nicht mal genug Material gegen
sie in der Hand haben, um ihnen einen guten Tag wünschen zu dürfen.«
»Dann sollten wir, nach einem Cortado, nach Indizien suchen.
Deswegen bin ich hier. Vier Augen sehen mehr als zwei.« Sie bestiegen den alten
Jeep der Ranger und fuhren zum Hafen hinunter. Dort machte gerade die Llaut des
Bischofs am Steg fest.
Kurze Zeit später saßen sie in Catis Bar schweigend vor ihren
Tassen. Jeder hing seinen Gedanken nach. Berger schien vor lauter Nachdenken
gar nicht zu bemerken, dass er seinen Milchespresso fast schon kalt gerührt
hatte.
»Wo ist das Problem, Miguel?«
»Ich habe vorhin ein U-Boot gesehen.« Berger sah García Vidal in die
Augen, als wolle er kontrollieren, ob dieser ihn ernst nahm.
»Das wird die ›Nemo‹ aus Magaluf gewesen sein.«
»Was für eine ›Nemo‹?«, fragte Crasaghi.
»Ein U-Boot für Touristen. Da rund um Cabrera die Unterwasserwelt
noch in Ordnung ist, kreuzen die meist hier in der Gegend
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