Tod auf Cabrera - Mallorca-Krimi
bis zum Kragen, egal, was für tropische Temperaturen
nachts auch herrschten. So wäre er niemals ins Bett gegangen.«
»Der kann auch von der Besatzung des Rettungswagens aufgeknöpft
worden sein, als man versuchte, ihn wiederzubeleben.«
»Also einen Eid kann ich darauf nicht schwören, aber ich denke, dass
er schon offen war, als ich ihn gefunden habe.«
Ein Gerichtsmediziner in einem orangefarbenen Overall mit dem
Schriftzug »Instituto Anatómico Forense« betrat den
Raum.
»Nanu«, meinte Bastos verwundert, »woher kommt ihr denn so schnell?«
» Buenos días, Señora, hola ,
Andrea. Ich war gerade bei einer Leichenschau in Campos. Da hat es einen jungen
Motorradfahrer erwischt.«
»Um Gottes willen«, entfuhr es der jungen Frau. »Das ist ja furchtbar.«
»Ich weiß nicht, ob Mitleid angebracht ist, Señora. Der Mann war vor
der Polizei auf der Flucht.«
»Seid ihr neu eingekleidet worden?«, fragte Bastos und wies auf den
Overall.
»Das sind unsere neuen Blaumänner. Schick, was?« Er sah die junge
Frau an. »Sind Sie eine Angehörige, Señora?«
Sie nickte.
»Dann möchte ich Sie herzlich bitten, den Raum zu verlassen. Ich
werde jetzt mit der Leichenschau beginnen.«
Sie nickte betreten und ging.
»Nun, Andrea, hast du was auf der Pfanne?«
»Ich bin mir nicht sicher, aber mir scheint, hier stinkt etwas.« Bastos
berichtete haarklein, was er inzwischen recherchiert hatte.
»Das hört sich wirklich nicht astrein an. Eine Beruhigungsspritze
führt ja normalerweise nicht zum Herzstillstand.« Der Arzt besah sich den
Brustkorb des alten Mannes. »Das ist ja seltsam.«
»Das sind Abdrücke der Elektroden vom Defi, oder?«
»Richtig, aber das sind richtige Verbrennungen.«
»Und was sagt uns das?«
»Dass der Mann geschockt wurde, als sein Kreislauf noch
funktionierte. Eine Dokumentation des Vorgangs liegt auch nicht vor.
Normalerweise werden bei einer Reanimation kreislaufunterstützende Medikamente
gegeben, die jeder Arzt auch entsprechend dokumentieren müsste.«
»Moment.« Bastos war sich über die Tragweite dieser Äußerung nicht
im Klaren. »Was bedeutet das?«
»Dass der Herzschlag aller Wahrscheinlichkeit nach durch Elektroschocks
gestoppt wurde. Wir stehen hier entweder vor dem Opfer eines absolut
dilettantischen, unverantwortlichen Kollegen, oder es war schlichtweg Mord.«
***
Gräfin Rosa kreuzte seit einer guten Stunde mit halber Fahrt vor der
Südküste Cabreras, aber von der Llaut des Bischofs war weit und breit nichts zu
sehen. Auch ihre Versuche, den Residente per Handy zu erreichen, schlugen fehl.
Auf Cabrera gab es keinen Sender, und auf See sorgte die Insel für
Funkschatten.
Filou, der die ganze Zeit über ruhig neben ihr im Führerstand
geschlafen hatte, wurde plötzlich unruhig. Erst hielt er den Kopf in den Wind,
dann erhob er sich und trabte zum Bug. Dort stand er mit erhobenem
Schweinerüssel und sog die Luft tief ein.
Rosa beobachtete ihn aufmerksam und steuerte immer genau dorthin, wo
sie den Ursprung seiner Witterung vermutete. Mit jedem Atemzug wurde das
Schwein aufgeregter. Sie stellte auf Autopilot, griff sich ein Fernglas und
ging ebenfalls zum Bug des Schiffes. Aufmerksam beobachtete sie die See. Mit
einem Mal war ihr, als sähe sie ziemlich weit vorn einen Kopf im Wasser. Sie
stürmte ins Führerhaus zurück und nahm Fahrt in diese Richtung auf. Mit jedem
Meter, den sie sich der Stelle näherten, wurde deutlicher, dass da wirklich ein
Mensch schwamm. Vor sich her schob er ein Bündel, das mit Schwimmwesten
stabilisiert war.
Kurz bevor sie die schwimmende Person erreicht hatte, stellte Rosa
die Maschine auf Rücklauf, sodass das Boot in unmittelbarer Nähe zum Stillstand
kam. Sie schnappte sich den längsseits am Aufbau griffbereit platzierten
Enterhaken und machte ihn an einer der Schwimmwesten fest. Als sie sich damit
über die Reling beugte, erkannte sie, dass das Bündel, das auf dem Wasser
trieb, ebenfalls eine Person war. Genauer gesagt hatte Gräfin Rosa sich zwei
Damen geangelt.
»Señora, verstehen Sie mich?«, rief sie ihr auf Spanisch zu.
Die Frau antwortete auf Englisch. »Es tut mir leid, Ma’am, sprechen
Sie Englisch?«
Gräfin Rosa nickte. Sie hatte etwas Mühe, die Frau zu verstehen.
»Können Sie uns bitte helfen? Meine Kameradin ist schwer verletzt.«
»Natürlich«, rief Rosa. »Soll ich versuchen, sie an Bord zu ziehen?«
»Ja, aber seien Sie bitte sehr vorsichtig. Sie hat eine
Rückenverletzung.«
Gräfin Rosa überlegte, was
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