Tod auf Cabrera - Mallorca-Krimi
fragte sie
in fast akzentfreiem Hochdeutsch.
»Ja doch. Ich bin Deutsche. Woher können Sie denn so gut meine
Sprache?«
»Ich habe in Hannover studiert.«
»Wie wunderbar!« Rosa entspannte sich. »Da muss ich mir ja keinen
mehr auf Englisch abbrechen, wenn ich mit Ihnen schimpfe.«
***
García Vidal hörte sich Carmens Bericht in Ruhe an. »Tja«, murmelte
er, als sie damit fertig war, »das deckt sich ja ziemlich mit Miguels
Beobachtung. Deinen Worten nach scheint der Junge für dich glaubwürdig zu
sein?«
»Absolut.«
»Dann halte du mal weiter die Stellung auf Cabrera, ich werde noch
mit einem anderen Angehörigen des Opfers sprechen. Das scheint hochinteressant
zu werden. Ich komme nachher zu euch rüber und werde in der Zwischenzeit die
Küstenwache über das U-Boot informieren. Mal sehen, was die dazu zu sagen
haben. Vielleicht ist ja gerade irgendein Seemanöver in Gang, von dem wir
natürlich keine Ahnung haben.«
»Das glaube ich kaum«, erwiderte Carmen. »Wenn, wäre das von
höchster Stelle genehmigt worden, und man hätte die hiesige Admiralität von
einem Todesopfer in Kenntnis gesetzt.«
»Da magst du recht haben. Wenn es ein fremdes U-Boot ist, können die
mal so richtig zeigen, was sie alles draufhaben.« Er beendete das Gespräch und
bat dabei den Neffen des Mordopfers mit einem Handzeichen, Platz zu nehmen.
»Señor Álvarez, zuerst möchte ich Ihnen mein herzliches Beileid zum Tode Ihres
Onkels ausdrücken.«
Julián Álvarez winkte ab. »Ich danke Ihnen, aber lassen Sie Ihr
Mitgefühl lieber stecken. Der alte Herr und ich hatten alles andere als ein
gutes Verhältnis.«
»Und woran lag das?«
»Sagen wir es mal so.« Álvarez überlegte sich jedes Wort, das er
sagte, vorher ganz genau. »Als Hafenmeister bin ich im Staatsdienst, und wenn
ich meinen Job nur einigermaßen ernst nehme, liegt unsere Feindschaft in der
Natur der Sache.«
García Vidal wurde ungeduldig. »Wir kennen uns lange genug, Señor,
Sie können aufhören, wie die Katze um den heißen Brei zu schleichen. Ihr Onkel
war ein Schmuggler, und der gute Neffe weigerte sich, hin und wieder mal ein
Auge zuzudrücken.«
Álvarez lächelte ihn an. »Ein Schmuggler? Jetzt bin ich aber
geschockt. Hätte ich davon nur eine Ahnung gehabt, dann hätte ich natürlich
sofort Anzeige erstattet.«
»Ja, ist klar.« García Vidal sah ihn ernst an. »Señor Álvarez, wie
es aussieht, werden wir in den nächsten Tagen ein wenig mehr miteinander zu tun
haben. Ihr Onkel wurde, davon ist unser Doc ziemlich überzeugt, umgebracht.
Packen Sie das, was Sie wissen, auf den Tisch, dann nehme ich auch auf Ihre
familiäre Situation Rücksicht.«
Álvarez nickte erleichtert. »Ihr Angebot zeigt mir, dass Ihnen klar
ist, in welcher Zwickmühle ich mich befinde.«
»Oh ja. Ich weiß, dass Sie mit Ihrem Onkel gebrochen hatten. Mit dem
Familienpatriarchen über Kreuz zu liegen, ist nicht einfach. Es ehrt Sie, dass
Sie das Gesetz über Ihre Verwandtschaftsbeziehungen gestellt haben. Lassen Sie
uns also offen reden. Was wissen Sie über die finanzielle Situation Ihres
Onkels?«
»Dazu kann ich Ihnen leider nur wenig sagen. Wenn ich meiner Familie
glauben darf, dann war Onkel Pepe der ärmste aller Hunde und folglich der
lausigste aller Schmuggler. Wenn ich mich hier in der Wohnung umsehe, muss ich
ihr recht geben. Kaum ein Möbelstück oder Gegenstand ist jünger als dreißig
Jahre. Andererseits würde es mich nicht wundern, wenn Pepe der größte
Geizkragen des Jahrhunderts gewesen wäre und Sie hier unter irgendeinem Wäschestapel
noch hunderttausend Euro finden.«
García Vidal überlegte, ob es klug wäre, Álvarez über die
finanzielle Situation des Toten aufzuklären. Er entschied sich dagegen. Es
würde sich mit Sicherheit ganz schnell im Ort herumsprechen, und das wäre für
die Ermittlungen nachteilig. »Señor Álvarez, was wissen Sie über die Geschäfte
Ihres Onkels?«
»Früher hat Onkel Pepe alles geschmuggelt, was Geld brachte. Als es
beim Schmuggeln irgendwann nur noch um Drogen ging, war er aus Altersgründen
eigentlich raus aus dem Geschäft. Doch so hoch angesehen, wie er bei den
finstersten Typen der Szene war, hätte er eigentlich selbst da noch den Anteil
eines Seniorpatrons bekommen müssen. Wenn ich mich hier so umsehe, kann das
allerdings nicht so gewesen sein.«
»Wissen Sie Näheres über die Schmuggelwege?«
Álvarez wand sich sichtlich. »Jetzt bringen Sie mich ganz schön in
Schwierigkeiten, das ist Ihnen doch
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