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Tod Auf Dem Jakobsweg

Tod Auf Dem Jakobsweg

Titel: Tod Auf Dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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St.-Jean-Pied-de-Port, den Startpunkt für die meisten modernen Jakobspilger. Von dort würde die erste Wanderung fern der Landstraße wieder ins Spanische führen, über den Cisa- und schon tiefer liegenden Ibañeta-Pass zurück nach Roncesvalles mit dem berühmten Kloster, nur knapp zwei Kilometer von ihrem Hotel in Burguete entfernt. Der Bus rollte durch üppig grünendes Land, immer bergab, durch Wälder Felder, Wiesen und Dörfer. Erste Vergleiche mit dem Schwarzwald wurden laut, die sich später als leichtfertige Vermutung herausstellen sollten Vor dem östlichen Stadttor von St.-Jean stauten sich die Reisebusse und Pkws, in der Hauptsaison musste es hier aussehen wie in Kehl am Rhein beim größten Winzerfest des Jahres.
    «Von wegen einsame Pilgerei», sagte Benedikt feixend. «Wenn der Weg so schmal ist, wie ich annehme, wird’s ein tüchtiges Gedrängel geben.»
    «Das verläuft sich», versprach Enno. «Im letzten Jahr in den Dolomiten hat es auch so ausgesehen. Aber nur im Tal. Am Berg war keiner, die Leute sind einfach zu faul. Guck sie dir doch an.»
    Bei der eiligen Besichtigung des uralten Städtchens, vom Reiseführer zu Recht als gepriesen, zeigte schon das Outfit der in festen Trauben die Gassen blockierenden Touristen, dass Enno eben doch die größere Erfahrung hatte.
    Inzwischen hatte brütende Hitze die Frische des Morgens verdrängt. Über den Gipfeln hängende schwarze Wolken verhießen, dass Morgenrot auch in den Pyrenäen als Schlechtwetterbote gelten musste.
    Als endlich alle ihren Tagesrucksack schulterten die Schuhe fester schnürten und eine doppelte Portion Sonnencreme auf Schultern und Nasen rieben, blickten die beiden Müllers ein letztes Mal zum Himmel und gaben sich als Vertreter der Kategorie Lustwanderer zu erkennen. An der Porte d’Espagne, dem südlichen Stadttor in der nur noch rudimentär vorhandenen Festungsmauer und Ausgangspunkt für die erste Etappe, winkten sie ihrer davonmarschierenden Gruppe fröhlich nach. Dann stiegen sie zu Ignacio in den Bus, um sich für einen faulen Tag nach Burguete zurückbringen zu lassen. Sie sahen sehr zufrieden aus. Leo blickte zum dräuenden Himmel auf und sah dem davonrollenden Bus seufzend nach.
    An der ersten Kreuzung, zugleich der letzten der kleinen Stadt, wartete der erste Wegweiser. Er zeigte in zwei Richtungen, bei schlechtem Wetter, also bei Schnee, Sturm oder schweren Gewittern, empfahl er in sechs Sprachen den nach rechts führenden Weg einzuschlagen, den sicheren immer an der Landstraße entlang. Die Empfehlung wurde in völliger Einigkeit ignoriert.
    Schon nach der ersten Stunde überlegte Leo ob die Müllers nicht bequeme, sondern nur kluge Menschen waren. Der Weg führte durch blühende Wiesen, vorbei an alten Gehöften, ab und zu warf ein Kirschbaum kargen Schatten — und immer ging es zunehmend bergauf. Während der zweiten Stunde verstummte das allgemeine muntere Geplauder, an ihrem Ende erfüllte sich endlich die Hoffnung auf Schatten — die Region der schwarzen Wolken war erreicht. Die Temperatur fiel schlagartig von subtropischen auf schottische Verhältnisse, bald darauf begann es zu nieseln. Vorerst sanft.
    «Jetzt wird’s zünftig», rief Enno und schwenkte seinen alten Wanderstock. Einem siegreichen Feldherrn gleich stand er auf dem winzigen Aussichtsplatz, der einen weiten Blick auf das tief unten im Tal liegende St.-Jean-Pied-de-Port im letzten Sonnenschein bot. Als er begann, seine Regenkluft aus dem Rucksack zu zerren, hätte Leo gerne etwas Gemeines gesagt. Ihr fiel nichts ein, sie hatte genug damit zu tun, ihren Atemrhythmus zu normalisieren.
    Caro und Eva, die einander so ähnlichen Kolleginnen, schienen keinerlei Probleme mit ihrer Kondition zu haben, sie lehnten einträchtig an hölzernen Brüstung, putzten die Feuchtigkeit von ihren Brillen und diskutierten, wie weit es bis zur nächsten Wasserstelle sei. Was mit einem versöhnlichen «Ist ja egal, wir werden’s schon merken» von Eva endete und als erster Hinweis auf ihre Konfliktlösungsstrategien gelten konnte.
    Gleichmäßiges klack-klack-klack kündete auch Heddas Ankunft an. Neben ihr marschierte weit ausschreitend und unermüdlich schwatzend, die Dame mit den graumelierten Löckchen. Selma war im Rentenalter, doch der Anstieg schien sie so wenig zu beeinträchtigen wie Heddas klappernde Begleitung. Die war nicht die Einzige, die mit Wanderstöcken ging, doch die Einzige, deren Stöcken die Gummipuffer fehlten und deshalb

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