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Tod auf der Donau

Titel: Tod auf der Donau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michal Hvorecky
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Wohnung hatte ein grobes Eisengitter vor der Tür.
    »Hallo! Was machst du hier?«, fragte die schlaftrunkene Mona, kaum dass sie ihn mit seinem Rucksack in der Hand auf der Schwelle erkannt hatte. Sie schaute ihn entgeistert an. Sie trug lediglich ein T-Shirt. In den Händen hielt sie ein weinendes Kind, eingerollt in eine gelbe Decke.
    »Hallo! Ich bin hier, weil du mir geschrieben hast. Es war angeblich sehr wichtig.«
    »Wirklich? Wann? Ich hab das wohl vergessen. Komm nur rein, wenn du schon da bist.«
    »Danke. Wessen Kind ist das?«
    »Meins. Willst du was trinken?«
    »Wieso deins? Warum hast du mir nichts gesagt?«
    »Ich dachte, du weißt das.«
    »Woher?«
    »Wie soll ich das wissen?! Ich hab’s wohl vergessen.«
    »Vergessen? Wie alt ist es denn?«
    »Vier Monate. Ich stell dich lieber mal vor. Dragan, das ist Martin. Wir gingen mal gemeinsam zur Schule. Er kommt grad aus Bratislava. Das ist die Stadt, in der ich geboren wurde. Martin, das ist Dragan.«
    Dragan trat in Unterhosen in den Gang. Martin sah erneut, dass sein Körper von Tätowierungen übersät war. Er kratzte sich im Schritt.
    »Aber wir kennen uns doch längst«, sagte Martin.
    »Das bezweifle ich.«
    »Na vom Schiff her! Von der
America
! Aber egal. Tut mir leid, dass ich euch beide, eigentlich euch alle geweckt habe.«
    »Mich nicht, ich wollte gerade los«, sagte Dragan.
    »Mitten in der Nacht?«, fragte Martin.
    »Hey, ich muss was erledigen«, antwortete er. »Hier, wenn du willst … nach der langen Fahrt«, fügte er hinzu und reichte ihm eine abgegriffene silbrige Pfeife, die streng roch.
    »Nein danke, ich bin sehr müde, ich leg mich lieber gleich hin«, entgegnete er verdutzt.
    »Wie du willst, ich kann ohne gar nicht ins Bett. Weder so noch so«, lachte Dragan, und er machte mit der Hand eine eindeutige Geste, die er mit seiner Zunge noch unterstrich. Er streifte sich eine Jeans über, zog eine Jacke über den nackten Oberkörper, sonst nichts, und eine Minute später schon war er verschwunden. Mona fütterte unterdessen in der Küche den Säugling. Das kleine Mädchen hieß Nora.
    Die Wohnung zeichnete sich durch Einfachheit aus. An einer Wand (und bis zur Hälfte einer zweiten) lagen Kartons gestapelt. Auf dem Boden lag alles Mögliche herum. Schon lange hatte hier keiner mehr Staub gesaugt. Im nächsten Raum befand sich gar nichts, nicht einmal Möbel, keine Matratze, nur eine Glühbirne.
    »Warum ist die Milch denn so schwarz?«, fragte Martin nach.
    »Das ist keine Milch, sondern Cola«, schnitt sie ihm das Wort ab.
    »Du lässt sie Cola trinken?«
    »Es ist Cola light!«
    Die vornübergebeugte Mona blieb sitzen. Die Haut im Gesicht hatte ihre Spannkraft verloren. Martin fühlte sich von ihr angezogen und konnte nicht widerstehen, er beugte sich zu ihr und küsste sie. Sie zuckte zurück, seufzte und schluckte zwei Tabletten, die sie aus einer Alufolie gewickelt hatte.
    »Wie geht es deinen Eltern?«
    »Ich wollte dich auch danach fragen. Was ist mit ihnen? Ich habe sie schon Jahre nicht gesehen«, antwortete sie.
    »Schau mal, Mona, ich habe unten ein Auto stehen. Wenn du willst, können wir die Stiegen runtergehen, einsteigen und von hier verschwinden. Gemeinsam. Dragan wird uns nicht aufhalten. Packdeine und Noras Sachen zusammen, und morgen schon sind wir zu Hause. Ich fahre sofort los. Wirklich.«
    »Wovon sprichst du? Ich bin doch zu Hause! Du bist komisch. Ich verstehe nicht. Willst du nicht etwas trinken?«
    »Was ist mit dir passiert?«
    »Nichts. Was soll denn passiert sein? Eigentlich … es sind so viele Sachen passiert. Ich habe geheiratet und …«
    »Was? Ich dachte, du bist vielleicht zum Studieren hergekommen oder so etwas Ähnliches.«
    »Ja, ursprünglich. Hey, ich habe Dragan wiedergetroffen, weißt du, er ist so toll …«, antwortete sie und war mit den Gedanken längst woanders.
    Er erzählte Mona davon, was er in den letzten drei Jahren gemacht, welche Bücher er übersetzt und wie sich seine Karriere an der Universität entwickelt hatte. Sie fragte ihn nichts. Der stumpfe Blick blieb ins Nichts geheftet. Ihr fehlte ein Fingernagel. Am Schenkel hatte sie blaue Flecken.
    Dragan kam nach Hause, und ein wenig später gingen alle schlafen. Martin schlief bei Nora im Kinderzimmer, während Dragan und Mona im Nebenzimmer lautstark Sex hatten. Vor vielen Jahren hatten auch sie sich geliebt, doch hatte sie dabei nie so geschrien. Er konnte kein Auge zumachen und starrte ins Mondlicht. Die Nacht nahm kein

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