Tod auf der Fähre (German Edition)
sich sicher besser.»
Herbert Kuhn sass in sich zusammengesunken da, die Kaffeetasse mit beiden Händen umklammernd.
«Scheissleben! Es ist alles sinnlos geworden. Jetzt lohnt es sich nicht mehr zu leben.»
«Man wirft sein Leben nicht einfach achtlos weg.»
«Was bin ich schon ohne ihn. Eine verkrachte Kreatur, ein Niemand!»
«Ihre Kollegen finden, dass Sie ein grossartiger Künstler sind.»
«Ach was, hören Sie mit diesem Unsinn auf.»
«Darf ich Ihnen ein paar Fragen stellen, Herr Kuhn?»
«Wie? Ja … bitte … was wollen Sie von mir?»
«Sind Sie aufnahmefähig, Herr Kuhn?» Ferrari war sich nicht sicher, ob Herbert Kuhn unter Drogen stand.
«Ob jetzt oder später, was macht das schon aus?»
«Vielleicht können Sie mir helfen, den Mörder von Frank Brehm zu finden.»
«Das gibt mir mein Leben auch nicht mehr zurück.»
«Sie meinen, das macht Frank Brehm nicht mehr lebendig.»
«Das ist doch jetzt egal. Es ist alles egal.»
Er sah sich hilflos in der Wohnung um.
«Suchen Sie etwas Bestimmtes?»
«Meine Zigaretten. Wo habe ich sie bloss hingelegt?»
Ferrari holte sie aus der Küche und zündete Kuhn eine an.
«Danke.» Er nahm einen kräftigen Zug. «Was wollen Sie wissen?»
«Wie lange haben Sie für Frank Brehm gearbeitet?»
«Ich lernte ihn in der Kunstgewerbeschule kennen. Er war Gastdozent. Ich fragte ihn, ob ich ihn einmal in seinem Atelier besuchen dürfe. Das war vor sechs Jahren, da war ich zweiundzwanzig.»
«Und wie ging es dann weiter?»
«Er fragte mich, ob ich für ihn arbeiten wolle. Da habe ich die Schule geschmissen und bin zu ihm gegangen.»
«Haben Sie Ihre Entscheidung nie bereut?»
«Bereut? Mann, wovon sprechen Sie? Ich durfte Frank Brehms Assistent werden. Ich war der Auserwählte! Frank brachte mir in zehn Minuten mehr bei als alle Lehrer. Das sind gute Handwerker, sie kennen die Materie aus dem Effeff. Aber das ist nichts im Vergleich zu Brehms Genie. Und ich bekam die Gelegenheit, beim grössten Künstler der Gegenwart zu lernen! Da habe ich meine Chance beim Schopf gepackt.»
«Und seither sind Sie für ihn tätig?»
«Ja, wir waren ein gutes Team.»
«Was war konkret Ihre Aufgabe?»
«Ich organisierte die Leinwände, zog die Chassis auf, stellte die Farben zusammen, hängte die Bilder in Ausstellungen auf. Alles, was eben so dazugehört.»
«Haben Sie auch manchmal mit ihm zusammen gemalt?»
«Gelegentlich. Ich durfte die einfachen Passagen malen. Die Passagen, die unter der Würde seines Genies waren.» Er sagte dies ohne jeglichen Sarkasmus.
«Was war Frank Brehm für eine Person?»
«Er war der vollkommenste Mensch, den ich kannte», betonte er nachdrücklich.
«Wie standen Sie privat zu ihm?»
«Ich verstehe Ihre Frage nicht.»
«Leisteten Sie ihm auch private Dienste?»
«Was … für … Dienste?», fragte er vorsichtig.
«Na ja, Zigaretten holen, Wein, Champagner.»
«Sicher, das gehörte auch zu meinen Aufgaben.»
«Was können Sie mir über sein Privatleben erzählen?»
«Nichts!», kam es verstockt zurück.
«Gab es Frauengeschichten oder Drogen?»
«Dazu sage ich nichts, Sie … Sie Mistkerl!», schrie er erregt. «Kommen hierher, fragen mich aus, mimen den harmlosen Polizisten. Dabei sind Sie nicht besser als alle anderen. Nur immer im Dreck wühlen … Schmutz … Schmutz. Das ist es, was ihr liebt. Aber von mir erfahren Sie nichts. Mein Leben ist ruiniert. Es ist aus … ich kann nicht mehr», er begann haltlos zu schluchzen.
«Ich will keine schmutzige Wäsche waschen. Aber ich muss mehr über Frank Brehm erfahren, damit ich den Täter überführen kann. Es ist doch sicher in Ihrem Sinn, wenn der Mörder seine gerechte Strafe erhält.»
«Das bringt ihn auch nicht zurück. Aber fragen Sie halt, wenn es sein muss. Ich werde Ihre Fragen, so gut ich kann, beantworten.»
«Wann haben Sie Herrn Brehm zuletzt gesehen?»
«Am Montag.»
«Am Tag seines Todes?»
«Ich war bei ihm im Atelier. Ich sah ihn in den letzten Wochen nur selten, da ich mit zwei Ausstellungen beschäftigt gewesen bin. Bei Schneider & Wohlfahrt, um die neue Ausstellung zu hängen, und in der Galerie Schwanthaler in München habe ich eine aufwändige Installation aufgebaut.»
«Hat er sich in der letzten Zeit verändert?»
«Verändert? Nicht gerade verändert. Aber er hatte in den ganzen vier Wochen kein einziges Bild gemalt. Waren Sie im Atelier?»
«Ja, gestern. Wieso?»
«‹Indomnesia› hängt wahrscheinlich immer noch da.»
«‹Indomnesia›?
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