Tod auf der Koppel
Simon, Dalby Lord, waren seine Freunde. Er kannte sie seit Jahren. Er arbeitete mit ihnen in verschiedenen Vereinen und Ausschüssen zusammen; er traf sie bei Pferderennen. Obwohl sich Wright ganz leutselig und freundlich benahm, wurde er, Millar, das unangenehme Gefühl nicht los, daß der Inspektor jeden von ihnen für verdächtig hielt. Nicht, daß er ihnen einen Mord zugetraut hätte; das nicht. Aber offensichtlich hegte er den Verdacht, daß sie weniger sagten, als sie wußten, und daß sie also doch, wenn auch nur mittelbar, in die Sache verwickelt waren.
Millar fühlte sich direkt erleichtert, als ihn Wright aufforderte: »Erzählen Sie mir bitte, was Sie über diesen Alf Guppy wissen. Wir fahren als nächstes zu ihm. Wo wohnt er?«
»Gleich hier in der Nähe, wenn auch etwas abgelegen. Aber wir werden uns anstrengen müssen, wenn wir ihn finden wollen.«
Wright hakte sofort ein: »Wieso anstrengen? Er muß doch hier irgendwo leben.«
»Er hat ein Stück Regierungsland bekommen und spielt da den Herdenbesitzer. Es liegt etwa zehn Kilometer hinter Simons Farm. Aber er ist nur selten dort. Meist geht er irgendwelchen undurchsichtigen Geschäften nach, oder er lungert auf der Straße oder in einer Kneipe herum.«
»Ihrem Ton nach zu schließen, halten Sie nicht besonders viel von ihm.«
»Er ist eine Last für uns alle. Ständig gibt es Ärger mit ihm. Eine Zeitlang war er wegen Diebstahls eingesperrt. Er hat einfach keine Lust, eine feste Arbeit zu übernehmen; dafür nimmt er es mit dem Unterschied zwischen Mein und Dein nicht so genau. Einen echten Schaden hat er allerdings noch nicht angerichtet. Meist, wenn auch nicht immer, bewegt er sich gerade an der Grenze des Erlaubten.«
»Dann käme er also als Täter in Frage?«
Der Sergeant war überrascht. »Nein, das nicht. Er ist kein Mörder. Er mag seine schlechten Seiten haben, aber umbringen könnte er niemand. Hier müssen wir abbiegen, da diese Straße entlang. Es ist ein Stück frischgerodeter Urwald, das keiner haben wollte. Da sind wir schon.«
Alf war jedoch nicht da. Das Haus wirkte verlassen; die Asche in dem ungepflegten Kamin war kalt, und der Tisch mit der Teelache, in der eine tote Fliege schwamm, bot einen unappetitlichen Anblick.
»Es sieht so aus, als wäre er schon seit ein oder zwei Tagen nicht mehr hier gewesen. Haben Sie eine Ahnung, wo wir ihn finden können, Millar?«
»Irgendwo in einem Umkreis von fünfundzwanzig Kilometern. Vielleicht weiß es Simon, vielleicht auch Jim Middleton. Am ehesten kann uns noch dieser Albert Auskunft geben, der bei Jock Hawkins beschäftigt war. Ich habe selbst gehört, wie Jock sich einmal darüber beschwert hat, daß Albert abends manchmal zu Alf Guppy ziehe, um mit ihm Karten zu spielen. >Sie sind vom selben Schlag< pflegte er zu sagen.«
»Wir müssen den Mann finden. Aber hat Simon Hawkins nicht gesagt, er müsse wegfahren? Wir sollten es eher bei den Middletons probieren.«
Aber sie hatten Glück. Als sie bei Simon vorbeifuhren, entdeckten sie Albert ganz in der Nähe und riefen ihn heran. Er schien verwirrt, als Inspektor Wright ihn anredete: »Ich muß kurz mit Ihnen sprechen. Wir verhören jeden, der irgendwann mit Jock Hawkins zu tun gehabt hat. Eine reine Routineangelegenheit. Sie sind seit etwa einem Jahr bei ihm beschäftigt gewesen?«
»Ja.« Der junge Mann war ganz blaß geworden und fuhr sich verstohlen mit der Zunge über die Lippen.
»Wie ist die Arbeit?«
»Nicht schlecht. Und der Lohn ist in Ordnung.«
»Wie sind Sie mit Ihrem Arbeitgeber ausgekommen?«
»Ganz gut.«
Das war ganz offensichtlich gelogen, und Wright überhörte es einfach. »Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?«
Albert schwieg einen Augenblick, dann murmelte er: »Als er nach Australien fuhr.«
»Gestern haben Sie ihn nicht gesehen? Als er wieder da war? Sind Sie ganz sicher?«
Der junge Mann schüttelte energisch den Kopf. »Ich habe ihn nach seiner Rückkehr nicht wieder gesehen«, erwiderte er fest. »Ich wußte nicht einmal, daß er wieder da war. Ich habe ihn noch gar nicht erwartet.«
Wright bedachte ihn mit einem nachdenklichen Blick. Dann nickte er. »Gut. Vielleicht brauche ich Sie später noch einmal. Können Sie uns inzwischen sagen, wo wir Ihren Freund Alf Guppy finden?«
»Freund? Er ist nicht mein Freund.«
»Nehmen Sie das nicht so wörtlich. Sie wissen, wo er sich aufhält?«
»Ich habe ihn gestern abend gesehen, wie er auf der Straße vorbeiging, und seither hat er sich hier nicht
Weitere Kostenlose Bücher