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Tod auf der Northumberland: Roman - Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Tod auf der Northumberland: Roman - Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Tod auf der Northumberland: Roman - Ein Fall für John Gowers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Twardowski
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glatt leben können«, stammelte der Kaufmann. »Absammeln und in die Pfanne, jeden Tag eine gute Mahlzeit!«
    »Einen Toast auf Louis Vivés!«, sagte Gowers.
    Merriwell stutzte, zwinkerte, schien verwirrt. »Wer zum Teufel ist Louis Vivés?«
    »Der Schiffskoch.«
    Der Kaufmann lachte aus voller Kehle über den vollendeten Witz. Aber Gowers sagte todernst: »Vivés war auch in Sewastopol. Mein Vater hat ihn gekannt.«
    »Aha!« Merriwell schwankte plötzlich. »Na, mit den Franzosen war da nicht viel los. Die haben wir nur so mitgeschleppt. Die Inder! Gut waren unsere Inder!«
    »Welche Inder?«, fragte Gowers eine Spur zu nüchtern.
    »Gurkhas«, sagte der schwankende Veteran. »Einen Toast auf die Gurkhas!«
     
    Am anderen Morgen beschloss Gowers, lieber »Mrs. M. W.« und ihre Begleitung aus ihrer geheimnisvollen Abgeschiedenheit aufzuscheuchen, ehe er weiterreichende Schlüsse über seinen Fall zog.
    Die Überlegung, wie dies am besten zu machen sei, beschäftigte ihn den ganzen Tag. Dann hatte er endlich die Lösung,
war bei dieser aber wieder einmal auf Van Helmonts tatkräftige Unterstützung angewiesen.
    »Sagen Sie, Doktor«, fing er mit den beiden Zigarren in der Hand feinfühlig an. »Was war das Schändlichste, was Sie in Ihrem Leben getan haben?«
    Van Helmont nahm die angebotene Havanna und drehte sie genüsslich schnüffelnd ein paarmal unter seiner Nase, ehe er sie Gowers zum Anzünden hinhielt. »Meinen Sie mit oder ohne Chloroform?«
    Gowers lächelte. »Sagen wir lieber: mit oder ohne Wasserstoff!«
    »Was soll ich tun?«
    »Hm.« Beide sahen den Rauchwolken nach, die sich an der Decke sammelten, um von dort aus langsam und gleichmäßig auf den ganzen Raum herabzusinken. »Nur ein wenig das Schiff anzünden.«
    »Wenn es weiter nichts ist …«, sagte Van Helmont mit einer generösen Handbewegung.

57.
    Admiral Cockburn beobachtete mit Sorge, dass General Bonaparte im Ansehen der Mannschaft und der einfachen Soldaten immer mehr stieg, seit er es sich zur Gewohnheit gemacht hatte, kurze Gespräche mit einzelnen Männern zu führen. Er ging einfach an Deck umher, hielt diesen und jenen von seiner Arbeit ab und fragte mithilfe seiner Dolmetscher nach Namen, Familie, nach den Schlachten, die der jeweilige mitgemacht hatte.
    Es war eine ungeheure Grenzüberschreitung. Der kleinste britische Offizier erwartete, dass ein Mannschaftsdienstgrad
die Mütze in der Hand hielt, falls der Mann es überhaupt wagte, seinen Vorgesetzten anzusprechen, ohne etwas gefragt worden zu sein. Und da stand der Kaiser der Franzosen, der Mann, vor dem Europa im Staub gelegen hatte, neben einem dieser Deckschrubber und fragte diesen Bastard nach seinen persönlichen Erfahrungen!
    Die Geschichte mit dem Bootsmann trieb diese Regelverletzung auf die Spitze.
    Er war ein guter Mann, in nautischen Dingen erfahrener als der Kommandant, in militärischen besser als all die jungen Bengel aus Harrow. Und dazu ein wahrer Franzosenfresser, der aus dieser Einstellung nie auch nur den geringsten Hehl gemacht hatte. Cockburn grinste insgeheim, als Napoleon sich auf seinem morgendlichen Rundgang ausgerechnet diesen Mann herauspickte, und ging näher heran, um die Abfuhr zu erleben, die der aufgeblähte kleine Korse von diesem braven englischen Seemann bekommen würde.
    »Wo haben Sie …« Aber der Bootsmann ließ den Übersetzer gar nicht erst ausreden.
    »Abukir und Trafalgar!«, knurrte er.
    Wackerer Kerl, dachte Cockburn. Teer im Blut und in den Haaren, aber das alte britische Löwenherz auf dem rechten Fleck. Der hätte auch dem Kaiser selbst das Wort abgeschnitten, wenn er nur genug Französisch könnte!
    »Und stolz darauf«, fügte der Bootsmann grimmig hinzu, und der Admiral rieb sich innerlich die Hände, während Las Cases bei der Übersetzung blutrot anlief.
    »So, Abukir«, sagte Napoleon und erinnerte sich an die verzweifelte Lage, in die ihn dieses Gemetzel damals gebracht hatte. Dann lächelte er. »Darauf können Sie mit Recht stolz sein. Eine glänzende militärische Operation, wenn auch zu meinem Nachteil!« Damit streckte der Kaiser dem Bootsmann
die Hand hin wie ein guter Verlierer, und der Bootsmann wischte verlegen seine eigene Pranke an seiner Hose ab, ergriff die Hand des Korsen und stammelte verwirrt: »Danke, danke sehr!«
    Aber Napoleon war das noch nicht genug. »Ich würde gerne länger mit Ihnen über Abukir sprechen. Wollen Sie nicht heute Abend mein Gast sein und mit mir essen?«
    Cockburns Mund

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