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Tod auf der Piste

Tod auf der Piste

Titel: Tod auf der Piste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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gerade tat, überrollt von dieser gewaltigen Welle Vergangenheit?
    Das Hochgefühl vom Vortag war einer leisen Müdigkeit gewichen. Irmi hatte gestern so viel gehört, so viel geredet, aber wirklich weitergebracht hatte sie das alles nicht. Manchmal fragte sie sich, wie viel Information so ein menschliches Gehirn eigentlich speichern konnte. Wie viel es ertragen konnte. Wie viele Lügen es verarbeiten konnte.
    Irmi hatte Sailer den Auftrag gegeben, die Adresse von Familie Rasthofer herauszufinden. Dann rief sie bei der Bank an, um sich einen Termin mit Quirin Grasegger geben zu lassen.
    »Der Herr Direktor hat den ganzen Tag Meetings«, ließ eine extrem geschäftige Frau wissen.
    »Ich will mich auch nicht über meine Kontoführungsgebühren aufregen oder einen Kredit beantragen. Ich hatte es bereits erwähnt: Es geht um eine polizeiliche Ermittlung.«
    »Der Herr Direktor hat trotzdem den ganzen Tag Meetings.« Irgendwie schien die Schallplatte zu hängen. Wobei die Frau am anderen Ende wahrscheinlich im MP3-Player-Alter war und zu jung für Schallplatten.
    Auf einmal erfasste Irmi eine Welle der Wut. Auf Kathi, auf die Frau am anderen Ende der Leitung, auf all diese arroganten unbeherrschten Girlies. Sie brüllte: »Ich kann den Herrn Direktor auch mit dem Streifenwagen abholen lassen!«
    »Moment…«
    Es dauerte einige Minuten, bis eine deutlich kleinlautere Stimme erklärte: »Der Herr Direktor steht selbstverständlich zur Verfügung. Wenn Sie es einrichten könnten, innerhalb der nächsten halben Stunde zu kommen?«
    »Gerne. Wiedersehen.«
    Irmi fühlte sich nicht wohl, sie fühlte sich nie wohl, wenn sie schrie. Wahrscheinlich war sie harmoniesüchtig. Und falls das so war, hatte sie den denkbar schlechtesten Job gewählt.
    Auf dem Weg zu Quirin Grasegger rief sie sich in Erinnerung, was Maria Buchwieser über ihn erzählt hatte. Quirin hatte innerhalb der Clique durchaus mal aufgemuckt. Und nach dem Rennen am Gudiberg war ein Riss durch den Kreis gegangen: Die einen waren auf Ernsts Seite gewesen, die anderen auf Quirins.
    In der Bank wurden ihr Kaffee, Mineralwasser und ein Tellerchen mit Keksen serviert. Ein Tulpenstrauß auf dem Tisch machte auf Frühling.
    Quirin Grasegger trat ein. Er hatte einen kräftigen Händedruck und begrüßte sie mit einem übereifrigen »Frau Mangold, ich grüße Sie!«.
    Er war groß und kräftig. Eine gewisse Wohlstandsverwahrlosung, dachte Irmi bei sich, aber sein perfekt geschnittener Trachtenanzug kaschierte das ganz vorzüglich. Unter schütterem Haar litt er auch nicht, sein graumelierter Bürstenhaarschnitt saß akkurat. Er war einer, der sich auf einem CSU-Wahlplakat sehr gut gemacht hätte – als Frontmann für die WM war er eine perfekte Besetzung.
    »Herr Grasegger, Sie kennen den Grund meines Kommens?«, fragte Irmi.
    »Ja, Maria hat mich angerufen. Ich bin erschüttert!«
    So erschüttert sah er gar nicht aus. Er wirkte überhaupt so, als erschüttere ihn lange nichts.
    »Herr Grasegger, es ist ja kein Geheimnis, dass Sie und Herr Buchwieser Differenzen hatten. Er hat Ihnen früher wie heute zugesetzt. Ich rede von dieser DvG-Geschichte!«
    »Maria hat mich ins Bild gesetzt, dass sie Ihnen ein bisschen aus unserer Jugend erzählt hat.« Er lächelte jovial. »Das alles ist ewig her, das war Kinderkram damals, die Dramatik der Jugend. Nennen Sie es, wie Sie wollen.«
    Doch, der Mann hatte das Zeug zum Politiker. Abwiegeln lag ihm.
    »Das alles klang aber nicht nur nach Kinderkram, immerhin hat Kurt Buchwieser sich wenig später umgebracht!«
    »Frau Mangold! Kurt Buchwieser hatte Alkoholprobleme, die hatte er schon vor dem Rennen 1978. Auch wenn er damals nicht auf diesem unseligen vierten Platz gelandet wäre, hätte er wahrscheinlich die Kurve nicht mehr bekommen. Ernst und Maria wollten das gerne so darstellen, dass ihn das Rennen aus der Bahn geworfen hätte, aber er war Alkoholiker und litt dazu unter schweren Depressionen.« Er machte eine kurze Pause. »Maria war ein hochsensibles, hochintelligentes Mädchen, das immer alles hinterfragt hat. Das den Sinn des Lebens gesucht hat. Wir Männer…« Er lächelte sie erneut an. »…sind da ja meist profaner.«
    »Ernst schien aber auch eher ein Sinnsucher gewesen zu sein, oder?«, warf Irmi ein.
    »Ernst Buchwieser war ein Phantast mit dem Charisma für zehn! Maria wollte ihn auch so sehen. Wissen Sie, wenn wir Burschen allein unterwegs waren, ging’s gar nicht so intellektuell-belesen zu. Da wurde gesoffen,

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