Tod auf der Venus
is nix als Chöflichkeit, nein?«
»Da haben Sie recht, Colonel«, lenkte Chet gutmütig ein. »Ich heiße Chet Duncan und bin Commander der United States Space Agency.«
Von jetzt an behandelte ihn der Russe mit ausgesuchter Höflichkeit. Aber es war eine Höflichkeit auf Distanz – nicht nur räumlich gesehen, denn Yarmonkine behauptete weiter, er sei ihnen ein ganzes Stück voraus.
Allmählich erschien die Venus immer größer und runder, und da verflog allmählich die Langeweile, und die mechanische Routine wurde zu fiebriger Spannung. Der Flugplan sah vor, daß der Mariner von der Bodenkontrolle aus ferngesteuert in die Kreisbahn um die Venus einschwang, und nur im Fall einer Übersteuerung oder einer Panne sollte die Handsteuerung durch Chet erfolgen. Deshalb begann das Trio die Anweisungen für den Anflug in allen Einzelheiten so lange zu wiederholen und alle Möglichkeiten einer Handsteuerung durchzusprechen, bis sie überzeugt waren, selbst im Traum den richtigen Handgriff tun zu können.
Schach und die anderen Spiele wurden weggeräumt, und dann hielten sie nicht einmal mehr die vierstündigen Schlafpausen genau ein. Meistens schlief jeder immer nur drei Stunden. Jetzt, da die Mission allmählich die Umrisse der Realität annahm, wuchs die Spannung von Tag zu Tag.
Die Venus war da, ein großer, strahlender Planet, viel heller und strahlender, als ihnen auf ihren Mondreisen die Erde erschienen war. Die Wolkenbänke reflektierten mehr Licht als die irdischen Ozeane und Landmassen. Aber was lag unter diesen Wolken?
Diese Frage stellten sie sich immer wieder. Es war ja ihre Aufgabe, das herauszufinden. In der letzten Woche bekamen sie keinen Anruf des Russen, und Parret meinte, das sei vermutlich deshalb, weil sie nicht zu landen, sondern nur in eine Kreisbahn zu gehen gedachten. Chet glaubte, die Russen seien ebenso beschäftigt wie sie selbst, um die Landung vorzubereiten. Quincy pflichtete ihm bei.
Am Tag vor dem fahrplanmäßigen Einschuß in den Venus-Orbit hoch über der dichten Wolkendecke waren die Astronauten in allem ausgezeichnet vorbereitet. Sie hatten gerade eine der stündlich vorzunehmenden Inspektionen hinter sich und eine Mahlzeit eingenommen, als Parret sehr nachdenklich wurde.
»Wißt ihr, ich habe mir viel überlegt«, sagte er. »Da das Landefahrzeug durch die Wolkendecke stoßen muß, besteht zwischen ihm und der Kommandokapsel keine Sichtverbindung. Niemand weiß aber, was dort unten ist. Wäre es deshalb nicht sinnvoller, wenn einer hier oben bliebe und alles überwachte? Ich meine, daß die Verbindung zur Erde aufrechtgehalten und eventuell eine Rettungsaktion veranlaßt wird.«
»So? Und wen hast du dir da vorgestellt?« fuhr ihn Quincy an. »Wer, glaubst du, könnte die Überwachung am besten vornehmen?«
Carter sah ihn an, ohne mit der Wimper zu zucken. »Ich habe keinen persönlich vorgeschlagen, sondern eine Idee ausgesprochen. Zufällig halte ich sie für gut. Meinetwegen kannst du gerne hier oben bleiben, wenn du willst. Ich denke nur, einer sollte an Bord bleiben.«
»Was? Die ersten Menschen, die auf der Venus landen, und ich sollte hier in diesem engen Käfig hocken? Überleg dir mal, was du da sagst, mein Lieber«, erwiderte Quincy knurrig.
»Reg dich wieder ab«, riet ihm Carter. »Erst schlägst du mir fast den Schädel ein, weil du meinst, ich versuchte, an Bord zu bleiben. Dann bekomme ich von dir einen Tritt gegen das Schienbein, weil ich angeblich dir sage, du sollst bleiben. Na, wirklich! Kann ich dir denn gar nichts rechtmachen?« Er wandte sich an Chet. »Und was ist mit dir, Skipper? Würdest du hier in der Kapsel bleiben, um uns im Auge zu behalten?«
»Du weißt verdammt genau«, explodierte Quincy, »daß der Skipper alle Operationen auf der Planetenoberfläche zu leiten hat, und außerdem ist er Chefpilot des Landefahrzeuges ... Chet, du siehst, wie das geht. Einer soll zurückbleiben, weil es Carter glücklich machen würde. Und wir wollen ihn doch nicht unglücklich sehen, was? Gut, ich bleibe nicht an Bord, und das weiß er. Du kannst nicht, und wer bleibt dann noch übrig?«
Carter wurde blaß vor Zorn. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber Chet schnitt ihm das Wort damit ab, daß er ihm das dicke Buch mit dem Flugplan an den Kopf warf. Carter mußte es auffangen und hatte keine Zeit zu einer Antwort.
»Schau mal da hinein«, befahl ihm Chet. »Da steht nämlich, daß die drei Astronauten auf der Oberfläche der Venus landen werden.
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