Tod auf der Venus
Und die Männer, welche die drei ausgesucht und trainiert hatten, fühlten sich für sie verantwortlich.
»Ich glaube, wir können uns jetzt alle eine Spur besser fühlen, weil ich fest davon überzeugt bin, daß die Russen tatsächlich auf der Venusoberfläche sind. Noch wichtiger ist, daß die Bedingungen tatsächlich so zu sein scheinen, wie sie's behaupten. Und das heißt, daß unser Team eine Möglichkeit hat. Können unsere Männer ein Gebiet erreichen, das einigermaßen bewohnbar ist, dann können sie auch eine praktisch unbegrenzte Zeit aushalten. Natürlich gibt es noch einige Punkte, die absolut nicht klar sind.«
»Dann wollen wir doch ein kleines Haus bauen«, schlug Pat Bradley vor. »Wir fügen unsere Gedanken dazu aneinander, und wenn es irgendwo Lücken gibt, dann zeigt uns der Bau vielleicht das, was wir nicht wissen, so daß wir uns die Antworten ausrechnen können. Um damit zu beginnen – haben wir das Recht zu glauben, daß die Russen die volle Wahrheit sagen?«
»Ich glaube schon«, antwortete Curtis. »Sie geben niemals auch nur den kleinsten Versager zu, solange es noch einen Ausweg gibt. Und jetzt sagen sie, daß einer ihrer Männer im Sterben liegt und sie Antibiotika brauchten. Und wir sollen ihnen die Medizin liefern. Für mich heißt das, daß sie von unserem Venus-Team wissen, und deshalb bitten sie uns um Hilfe. Wenn ihre Geschichte erlogen wäre und sie kein tropisches Paradies gefunden hätten, dann würden ja unsere Leute die Lüge aufdecken. Ich bin überzeugt, ehe sie das riskieren würden, ließen sie lieber ihren Mann sterben. Deshalb glaube ich, daß ihre Version stimmt, und ich akzeptiere sie.«
»Der Meinung bin ich auch«, pflichtete ihm Bradley bei. »Ich wollte mich nur davon überzeugen, daß wir uns darüber einig sind. Und was wissen wir noch ziemlich sicher?«
»Nun ja, ihren Standort haben wir ziemlich genau«, erklärte Borg. »Jodrell Bank gab uns die Zahlen, und jetzt haben uns die Russen die Position ihres Lagers bestätigt. Das heißt also, daß Chet die richtigen Koordinaten erhalten hat.«
»Dann ist es für ihn also mehr oder weniger eine Sache der Navigation. Wenn Chet mit seinen Kameraden den richtigen Kurs einhält, dann kommen sie durch. Es ist uns wenigstens gelungen, ihnen diese Nachricht durchzugeben.«
Bradley schüttelte langsam den Kopf. Sein kleines Haus mußte mit Tatsachen, nicht mit Wunschträumen gebaut werden. »Es ist nicht nur eine Frage der Navigation«, widersprach er. »Keiner von uns hat eine Ahnung von dem, was sie auf den hundert Meilen vor sich haben. Diese Entfernung haben sie auf dem Weg zur Venus in einer Viertelsekunde zurückgelegt, aber auf der Venus selbst könnten knappe hundert Meilen ein ganzes Leben beanspruchen.«
»Das stimmt«, gab Borg zu.
Viel konnte keiner mehr beisteuern, und tun konnten sie nichts, oder wenigstens nichts Entscheidendes. Aber sie waren der einheitlichen Meinung, daß sich die Situation verbessert zu haben schien.
Die Tatsache, daß die Russen wirklich auf der Venus waren und ihr Lager in einem bewohnbaren Gebiet hatten, war gut. Enttäuschung empfanden sie über den Umstand, daß sie keine Funkverbindung mit Chets Team hatten. Andererseits war das aber auch wieder verständlich, denn nur vom Landefahrzeug aus konnten sie sich an den Mariner und seinen Radiotransmitter anschließen, und dieses Gerät dort war nicht tragbar. Trotzdem war es ein Nachteil. Wie einfach die Sache doch läge, wenn sie sich mit Chet in Verbindung setzen und ihm die beruhigende Nachricht übermitteln könnten, daß die Sicherheit nur wenige Meilen vor ihnen lag! Eine neue Hoffnung im entscheidenden Moment war sehr oft der Unterschied zwischen Leben und Tod.
Dann kamen sie auf den eigentlichen Zweck ihrer Zusammenkunft zu sprechen. Curtis war es, der die Frage eindeutig stellte: »Was erzählen wir nun den Russen?«
»Was können wir ihnen erzählen?« akzentuierte Borg. »Wir wissen doch eigentlich gar nichts.«
Dann machte Pat Bradley, der ruhige, logische Wissenschaftler, der Tatsachenfanatiker, seinen Vorschlag:
»Ich würde ihnen sagen, daß unsere Mannschaft Septrin hat, das viel wirksamer ist als Penicillin, und der Mann, dem gerade seine Penicillinallergie zu schaffen macht, kann es mit Sicherheit nehmen. Und ich würde sagen, daß unsere Leute etwa noch fünfzig Meilen von ihnen entfernt sind, und daß wir die Operation Sofort anweisen, der Venera-Mannschaft das Septrin zur Verfügung zu stellen.«
Borg
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