Tod auf der Venus
dazu liefen ihm Tränen über das Gesicht. Aber die Tränen kamen vom Husten, und er war sehr glücklich.
»He, Carter!« rief er, als er sich vom Husten erholt hatte. »Du kannst deine Rüstung ausziehen!«
Langsam kam Carter heran, schaute erst Chet, dann Quincy an, machte aber keine Anstalten, seinen Helm zu öffnen.
»Nun, so mach schon!« drängte Quincy. »Einfach großartig!« Er tat einen tiefen Atemzug und fing prompt wieder zu husten an. Man mußte sich doch erst wieder an die Luft gewöhnen. Wortlos griff Carter nach der Sichtplatte, um sie zu öffnen. Dann sog er in vorsichtigen, winzigen Atemzügen die neue Luft ein. Er mußte nicht husten und gewöhnte sich sehr schnell an die veränderten Atembedingungen. Das war offensichtlich das richtige Verfahren, aber Chet war besorgt, weil er so gar keine Freude und Erregung zeigte; er und Quincy wußten sich ja vor Begeisterung kaum zu fassen. Nun hatten sie eine atembare Atmosphäre gefunden, und wenn nicht einmal dieser Glückszufall Carter aus seiner Lethargie reißen konnte, dann mußten seine Depressionen viel weiter reichen als es den Anschein gehabt hatte.
Die Stromquellen im Anzug wurden abgeschaltet, und dann zogen sie sogar ihre schwere Rüstung aus. Der plötzliche Übergang vom temperaturgeregelten Anzug zur Hitze der freien Luft ließ die Hitze noch größer erscheinen, aber sie konnten sich frei bewegen, was sie als ungeheure Erleichterung empfanden. Quincy erklärte, er habe die Temperaturen ständig genau beobachtet, und sein Oxygenschild habe angezeigt, daß die Außenatmosphäre durchaus Leben ermöglichen könne.
Während sich also Chet mit den Sorgen über die schwindenden Energievorräte herumgequält hatte und Carter sich für nichts mehr richtig interessierte, war Quincy zu der Überzeugung gekommen, daß sie auch ohne ihre Anzüge überleben könnten.
»Da seht ihr also«, schloß er, »daß ich euch keine Hoffnung machen wollte, solange ich es nicht sicher wußte. Ich prüfte also eure Thermometer und die Oxygenschildchen nach, und sie stimmten mit den meinen überein. Da beschloß ich, ein bißchen nach draußen zu gehen, um eine Nase voll Luft zu probieren, ehe ich ein Freudenfeuer anzündete und mit dem Feiern begann.«
Quincy war fröhlich wie ein zehnjähriger Junge, als er den Anzug abgelegt hatte. Er hüpfte herum, schwang die Arme wie Windmühlenflügel und sprang über unsichtbare Hindernisse. In seinen langen Spezialunterhosen sah er ziemlich lächerlich aus.
»Das war sehr tapfer von dir«, bemerkte Carter mit fast mißmutiger Stimme. Er schien eigentlich nur laut zu denken. »Du hättest dabei ja draufgehen können. Das hast du getan, um uns zu retten. Und wenn die Luft nun giftig gewesen wäre ...« Er schüttelte den Kopf.
»Ich will dich ja wirklich nicht entmutigen«, sagte Chet laut, »aber du verschwendest da eine Menge Energie, die für einen ganzen Nachmittag reichen würde, und sehr viel haben wir davon nicht mehr.«
Quincy hatte nun aber seine Erregung abreagiert und wurde wieder nüchterner. Er legte sich ebenso wie Chet und Carter auf den Boden und genoß es. Die Atmosphäre war eine wundervolle Sache, genau das, worauf sie gehofft hatten.
Eine ungemischte Freude war sie natürlich auch nicht. Sie konnten allerdings annehmen, daß die Luft atembar bleiben, vielleicht sogar besser werden könnte, denn dann wäre das Sauerstoffproblem gelöst. Die Temperatur konnte mit zunehmender Höhe abnehmen, dann brauchten sie auch keine Kühlung mehr. Brauchten sie weder Kühlung noch Sauerstoff, dann brauchten sie auch ihre Spezialanzüge nicht, und in diesem Fall waren auch ihre Energieprobleme gelöst. Das war alles ganz vorzüglich.
Das verbleibende Problem war dagegen schwieriger geworden. Sie hatten ihre Lasten mit Hilfe des motorisierten Anzugs getragen, und jetzt mußten sie mit der Muskelkraft allein auskommen. Mit Lebensmitteln waren sie nur sehr knapp versorgt. Die Medikamente mußten sie unter allen Umständen mitnehmen; das Radio brauchten sie für ihre Verständigung nicht mehr, denn sie konnten ganz normal miteinander reden. Ein Gerät mußten sie jedoch mitnehmen, damit sie sich mit dem russischen Lager in Verbindung setzen konnten. Das Radio war aber im Anzug fest eingebaut. Also mußte ein Gerät herausgerissen werden, auch die Antenne, die Mikrophone, die Kopfhörer und die Stromquelle. Sie verkürzten die Harnische, damit sie um ihre nun dünner gewordenen Körper paßten, zogen die elektrische
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