Tod auf der Venus
Entscheidungen treffen, und er entschied, daß die Medikamente mitzunehmen seien. Ließe man sie zurück, dann hieße das, daß man mit einem Mißerfolg rechne. Er selbst war der Überzeugung, daß man das russische Lager erreichen könne, falls man eisern zusammenhalte und jeder seine ganze Intelligenz dafür einsetze. Und dann konnten sie auch auf Bedingungen treffen, die ihnen das Leben erleichterten oder überhaupt erst richtig ermöglichten. Dann konnten aber Medikamente von unschätzbarem Wert sein. Es sei undenkbar, einen solchen Ort zu erreichen und dann vielleicht einen verletzten Mann einfach deshalb aufgeben zu müssen, weil man die Heilmittel weggeworfen hatte.
Die Medikamente kamen also zu jener Gruppe von Dingen, die mitgenommen werden mußten.
Andere Sachen konnten nicht auf so philosophischer Basis ausgewählt werden. Nach dem ersten und mehr noch nach dem zweiten Aussortieren wurde eines klar: drei Männer konnten, selbst wenn sie überladen waren, nur das Minimum für zweieinhalb Männer mitnehmen. Chet sah dies und verstand es, entschied sich aber dahin, das nicht so grob auszusprechen. Man konnte einfach nicht weit genug in die Zukunft schauen, um vernünftige Pläne zu machen. Niemand wußte, was vor ihnen lag. Mit ihren frisch aufgetankten und aufgeladenen Anzügen konnten sie zehn Tage lang durchkommen, und so wurde beschlossen, Rationen für zehn Tage mitzunehmen, aber nur zwei Mahlzeiten pro Tag anzusetzen und das restliche Gewicht für die dritte Mahlzeit zu sparen.
Es war schon sehr spät, als endlich alle Entscheidungen getroffen waren. Was mitgenommen wurde, war verpackt und verteilt; die Hände mußten sie freibehalten, um gegebenenfalls klettern zu können, und so bedienten sie sich der Netze, die sie außen an den Anzügen einhängen konnten. Sie setzten sich noch einmal zusammen, genehmigten sich einige Extratuben konzentrierter Nahrung und soviel Wasser, wie jeder wollte. Dann schliefen sie.
Sie schliefen aber nicht besonders gut, denn sie litten unter dem bleiernen Gefühl, daß ihre Aussichten alles andere als gut waren. Eine unvorstellbar harte Zeit lag noch vor ihnen, und an darüber hinausgehende Anstrengungen wagten sie nicht einmal zu denken. Sie waren ein wenig gereizt, sehr gespannt und konnten es kaum mehr erwarten, sich wieder auf den Weg zu machen.
Keiner fühlte sich am Morgen besonders hungrig, aber sie nahmen noch eine Extraration zu sich. Dann zogen sie den Schlitten in die Höhle, wo er vor Stürmen und Steinschlag geschützt war, aber von zufälligen Wanderern gesehen werden konnte, die vielleicht in Jahren oder Jahrzehnten einmal einen Blick in die Höhle werfen würden. Da alle ihre Berichtbänder die gleichen grundlegenden Informationen enthielten, bat Chet einen, die seinen beim Schlitten zu lassen, so daß jeder, der dieses Lager fände, auch erfahre, unter welchen Umständen dieses Lager errichtet worden war; das natürlich nur als Vorsichtsmaßnahme, falls keiner von ihnen lebend durchkäme.
Carter legte seine Berichtsbänder auf den Schlitten. Dann wurden alle Energiequellen abgeschaltet, sogar der Gyrokompaß.
Ihre Ausrüstung schwang an ihren Anzügen, und von ihren Helmen fiel ein breiter Lichtstrahl in die Tiefe der Höhle und in den Tunnel. Sie kamen nicht so schnell vorwärts wie am Tag vorher, denn ihre Lasten waren hinderlich, aber sie kannten den Weg und fühlten sich sicher. Bald standen sie wieder auf der Felsplatte. Chet löschte sein Licht und stapfte weiter zur Spalte. Carter und Quincy folgten.
Langsam kämpfte er sich nach oben. Alle konzentrierten sich auf die schwierige Kletterei, und niemand sprach ein Wort. Stellenweise bildeten Felsvorsprünge eine Art Treppe, welche die nächsten Schritte erleichterte. Meistens mußten sie jedoch nach einem Griff für die Finger in den Handschuhen suchen, einen Fuß zum nächsten Halt heben, den anderen nachziehen, einen weiteren Griff finden und so weiter.
Manchmal zog sich die V-förmige Spalte senkrecht nach oben, dann flachte sie wieder etwas ab. Wenn Chet eine Stelle erreichte, die ihm den Ausblick versperrte, zog er sich über den Rand eines Felsblocks, hielt den Atem an, bis er genug gesehen hatte und setzte dann seinen Weg fort. Wenn die Spalte plötzlich zu Ende wäre, hätten sie sich die ganze Mühe der letzten Stunden umsonst gemacht.
Einmal schienen sich die schlimmsten Befürchtungen zu bestätigen. Der Pfad endete, und die Klippe stieg senkrecht in die Höhe. Er schaute zurück
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