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Tod Auf Der Warteliste

Tod Auf Der Warteliste

Titel: Tod Auf Der Warteliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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fast ins Auto gelaufen.«
    »Tut mir leid«, sagte der andere und schaute über ihn hinweg, in die Richtung, aus der er gekommen war. »Es war wirklich knapp. Ich wollte Ihnen keine Ungelegenheiten bereiten.« Dem Akzent nach mußte das der Schweizer sein, von dem Laura erzählt hatte.
    »Wohnen Sie da oben?« fragte Laurenti.
    »Ja.«
    »Ist etwas passiert? Sie sind ziemlich verstört.«
    Der Mann zitterte und rieb sich die Arme, um sich aufzuwärmen. Er war auffällig muskulös.
    »Wenn Sie Hilfe brauchen, ich wohne da unten. Wir sind seit kurzem Ihre Nachbarn. Ich glaube, meine Frau haben Sie schon kennengelernt.« Er zeigte auf die Treppen, die zum Haus hinunterführten. Dann sah er den Wagen Galvanos hinter dem Auto, an dem der Schweizer lehnte. Laura hatte ihm nicht gesagt, daß der Alte zum Abendessen kommen würde. Als er sich wieder dem neuen Nachbarn zuwendete, fiel sein Blick auf die Räder des Peugeot. Der Wagen stand auf den Felgen, in allen vier Reifen fehlte die Luft.
    »Mit dem werden Sie kaum fahren können! Da wollte Ihnen jemand eins auswischen.« Er holte die Stablampe aus seinem Auto und ging in die Hocke. »Hier, schauen Sie.« Der Einstich war deutlich zu sehen. »Und hier!« sagte er, als er vor dem Hinterreifen kniete. »Haben Sie eine Vermutung, wer das war?«
    Ramses zuckte die Schultern. »Völlig unbegreiflich«, sagte er.
    »Wie auch immer, ich rufe eine Streife, die das aufnimmt. In der Zwischenzeit sollten Sie sich etwas zum Anziehen holen. Ich warte solange hier.«
    Dem Schweizer blieb nicht anderes übrig, als zu gehorchen. Er hörte, wie Laurenti über das Funkgerät einen Streifenwagen anforderte.
    »Ich bin gleich zurück«, murmelte der Mann und verschwand in der Dunkelheit.
     
    *
     
     
    Wieder hatte er, an seinem Lieblingsplatz sitzend, die Scheinwerfer eines Wagens auf der Via del Pucino oberhalb des Hauses gesehen, obwohl die kleine Straße seit Monaten gesperrt war, weil die alten Trockenmauern, die sie stützten, abzurutschen drohten. Diesmal kamen die Lichter näher, doch Ramses dachte nicht weiter darüber nach. Es war noch nicht einmal zwanzig Uhr und Samstag abend. Was sollte schon sein? Er vertiefte sich wieder in die Lektüre, bis er wenig später das metallische Klappern des unteren Gartentors hörte, das er stets mit dem Schlüssel absperrte. Es war unmöglich, anders auf das Grundstück zu kommen, als durch die beiden Eingänge. Der hohe Zaun war von wilden Brombeersträuchern und Heckenrosen überwuchert. Ein Kletterer würde nur mit erheblichen Kratzern und zerrissener Kleidung durchkommen, wenn er sich den Weg nicht mit Machete und Drahtschere freischlagen wollte oder die Schlösser mit einem schweren Bolzenschneider knackte. Aber weshalb? Einbrecher gab es überall auf der Welt mehr als hier. Die Küstenstraße wimmelte vor Polizeifahrzeugen und Kontrollen – die unmittelbare Grenznähe rief auch die Guardia di Finanza hinzu, aus der Kaserne in Duino-Aurisina stammten die Fahrzeuge der Carabinieri, und wegen der hohen Zahl an Verkehrsunfällen vergingen nie auch nur ein paar Stunden ohne den Lärm der Sirenen und das Blitzen vorbeirasender Blaulichter der Staatspolizei. Ramses fühlte sich in diesem Haus bei weitem sicherer als in seiner mit noch so raffinierter Sicherheitstechnik ausgestatteten Wohnung in Paris.
    Das metallische Schlagen des Gartentors irritierte ihn. Hatte er etwa nicht abgeschlossen, als er vom Einkaufen zurückkam? Er konnte es sich nicht vorstellen, aber es war besser nachzusehen. Leise zog er die Tür hinter sich ins Schloß und ging vorsichtig die Treppe hinunter. Zigarettenrauch lag in der Luft, und es stank nach Benzin. Er war also tatsächlich nicht alleine auf seinem Grundstück. Angestrengt horchte er in die Dunkelheit. Nicht einmal ein Messer hatte er in der Tasche. Doch bei der nur wenige Schritte entfernten Holzbeuge, die er in den letzten Tagen aufgeschichtet hatte, mußte noch die alte Sense liegen, mit der er das Unkraut gemäht hatte. Er schlich hinüber und nahm sie auf. Dann ging er vorsichtig den Weg bis zur Treppe weiter. Und plötzlich sah er das Glimmen von Glut. Er sprang zuerst und zog die Sense durch. Er hörte einen erstickten Schrei und setzte mit der linken Faust nach, traf aber ins Leere. Die Treppen waren naß und laubbedeckt, er verlor den Halt, rutschte aus und stolperte über einen Gegenstand aus Blech, der dumpf klang unter seinem Tritt. Noch im Fallen schleuderte er die Sense in die Richtung des

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