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Tod Auf Der Warteliste

Tod Auf Der Warteliste

Titel: Tod Auf Der Warteliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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will das gar nicht wissen. In zehn Jahren kann sich viel ändern. Auch in China.« Er half ihr in den Mantel und schlüpfte in sein Jackett. »Wann sehen wir uns wieder?«
    »Keine Ahnung. Die nächsten zwei, drei Tage kaum. Ich hab eine Unmenge an Terminen. Laß dir mal eine Dienstreise einfallen! Am besten über ein Wochenende.«
    »Živa, du weißt doch... Ich hab immer noch Probleme mit dem nackten Toten. Rom macht Druck, die Journalisten hängen am Telefon, doch Fortschritte gibt es leider keine.« Es war gar nicht so einfach, neben der Ehefrau eine Geliebte zu haben.
    »Es ist gleich halb drei«, sagte Živa Ravno. »Wir müssen uns beeilen. Heute bist du mit der Hotelrechnung dran.«
    Auf dem Parkplatz verabschiedeten sie sich mit einem letzten Kuß, dann stieg jeder in seinen Wagen. Sie fuhren in unterschiedlichen Richtungen nach Hause. Sie nach Süden, nach Pola, und Proteo Laurenti nach Triest.
     
    Die istrische Halbinsel ist überschaubar. Die längste Nord-Süd-Achse beträgt gerade mal neunzig Kilometer Luftlinie. Die Straßen aber ziehen sich eng durch das hügelige Land, und die Polizei ist aufmerksam. Von Umago, wo sie sich heute trafen, waren es sechzig Kilometer nach Triest, aber mehr als eine Stunde Fahrt. Nach der kroatisch-slowenischen Grenze sagte er über das Mobiltelefon im Büro Bescheid, daß er später käme.
    »Das habe ich längst begriffen«, sagte Marietta spitz, die von sich annahm, ihren Chef in- und auswendig zu kennen. »Rufst du aus dem Ausland an? Wo bist du?«
    »In einer halben Stunde bin ich da!« Proteo Laurenti legte auf. Er fluchte auf das Telefondisplay. Natürlich hatte sie erkannt, daß sein Anruf aus dem Ausland kam. Sie arbeitete nicht umsonst so lange mit ihm zusammen. Und ausgerechnet er war so dumm, sich zu verraten.
    Während der Fahrt dachte er darüber nach, was es bedeuten würde, daß in Zagreb einer der gefährlichsten Verbrecher der letzten Jahre vor der Haftentlassung stand. Lange Jahre waren die Triestiner Behörden hinter Jože Petrovac hergewesen, kroatischer und slowenischer Staatsbürger zugleich, noch keine fünfzig Jahre alt und, nach eindeutiger Beweislage, der Boß der größten Schleuserorganisation, die an der unübersichtlichen Grenze von Tarvisio bis Triest operierte. Vom Taxifahrer im ehemaligen Jugoslawien hatte er es weit gebracht. Als ihn die kroatischen Behörden auf internationalen Druck endlich festsetzten, mußten sie seine Villa stürmen, die, mit eigenem Hubschrauberlandeplatz versehen, vor den Toren Zagrebs lag. Wie eine Festung war sie ausgebaut, und niemand wußte, ob die Festnahme gelingen würde. Zu viele Jahre hatte Petrovac dank alter Verbindungen und üppiger Schmiergelder unter dem Schutz einflußreicher Leute im Regierungsapparat gestanden. Es bestanden große Zweifel darüber, ob er nicht dank eines gezielten Hinweises längst über alle Berge war.
    Damals, als sie in Triest von der gelungenen Verhaftung hörten, atmete vor allem einer auf: Carlo Scoglio, der ermittelnde Staatsanwalt, der in jahrelanger Schwerstarbeit all die Beweise gegen Petrovac aufbereitet hatte, bis er schließlich zum »internationalen Fall« wurde. Nach diesen Fortschritten mußte sich Scoglio ein bißchen weniger vor der Bedrohung fürchten, auch wenn die Befehle eines Bosses immer einen Weg aus dem Knast hinaus finden. Aber vorerst war Schluß mit den anonymen Briefen, über deren Herkunft es keinen Zweifel gab, vorbei die Telefonanrufe, die sie von Italien aus kaum zurückverfolgen konnten, Schluß auch mit den doppelt verstärkten Eskorten, die ihn Tag und Nacht bewachten. Der Staatsanwalt lebte fast wieder ein normales Leben. Armer Scoglio! Die harten Zeiten würden bald wieder für ihn anbrechen. Laurenti konnte ihm diese Tatsache nicht ersparen.
     
    Er stellte den Wagen auf seinem reservierten Parkplatz vor der Questura ab, der diesmal zufällig frei war, ertrug den Gruß der Beamtin mit dem Dobermann-Gesicht, die in der Eingangshalle darüber entschied, wer hereindurfte, und sah das übliche Bild: Der Aufzug war wie immer besetzt. Laurenti stieg, zwei Treppenstufen auf einmal nehmend, in den dritten Stock hinauf, brachte weitere fünfzig Meter eines kahlen Flurs hinter sich und stand schließlich in seinem Vorzimmer, wo er Marietta schon wieder bei einem offensichtlich privaten Telefonat überraschte.
    »Ich rufe später wieder an«, sie legte auf, ohne eine Antwort abzuwarten. »Da bist du ja endlich! Scoglio erwartet dich in einer

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