Tod aus der Zukunft
junge Dame.“ Pringles Ton schwankte zwischen Belustigung und Ärger.
„Ich bin eine sehr müde junge Dame.“
Pringle trat an die Wand und drückte einige Schalter. Überall gingen Lampen an. „Die Schlafzimmer sind oben“, erklärte er. „Case und ich haben das erste und zweite links. Die anderen stehen Ihnen zur Verfügung.“
Er wollte ihnen vorangehen, doch Case stoppte ihn mit einer Handbewegung.
„Mr. Sutton“, sagte Case, „mir scheint, ich habe Ihren Namen schon einmal gehört. Und Benton haben Sie auch getötet.“
„Das hat niemand behauptet.“
„Aber Sie müssen ihn getötet haben. Sonst wären Sie niemals in den Besitz dieses Asterioden gekommen. Den hätte Beton freiwillig nie aufgegeben.“
„Da Sie unbedingt darauf bestehen: Jawohl, ich habe Benton getötet.“
Case schüttelte ungläubig den Kopf. „Merkwürdig“, sagte er.
„Gute Nacht, Mr. Case“, wünschte Eva. Dann wandte sie sich an Pringle. „Sie brauchen sich nicht zu bemühen. Wir finden den Weg allein.“
20
Pringle und Case paßten irgendwie nicht ins Bild. Etwas war faul an ihnen.
Pringles Ton hatte spöttisch geklungen. Offenbar hatte er sie insgeheim die ganze Zeit ausgelacht.
Pringle war redselig, ein Possenreißer, Case aber war steif, aufrecht, korrekt und sprach seine Worte knapp und scharf. Case hatte etwas an sich, was Sutton im Moment noch nicht identifizieren konnte.
Sutton saß stirnrunzelnd auf seinem Bettrand. Pringle und Case haben auf uns gewartet, dachte er. Aber wieso konnten sie das, wenn sie nicht wußten, daß Herkimer und Eva den Asteroiden ansteuern würden?
Nun ja, ganz so befremdend war das nicht. Schließlich hatte Adams ja auch gewußt, daß er nach zwanzig Jahren zur Erde zurückkommen würde, und ihm eine Falle gestellt.
Warum nur hatte Adams ihm eine Falle gestellt?
Warum war Buster auf einen Siedlungsplaneten geflohen?
Warum war Benton der hypnotische Befehl erteilt worden, ihn zum Duell zu fordern?
Warum hatten Eva und Herkimer ihn hierhergebracht?
Damit er sein Buch schreiben konnte, behaupteten sie.
Aber das Buch war schon geschrieben.
Das Buch …
Er langte in die Tasche seiner Jacke, die über einer Stuhllehne hing, und nahm es heraus. Zusammen mit dem Buch fiel der Brief heraus. Er hob ihn auf, legte ihn neben sich aufs Bett und öffnete das Buch.
DIES IST SCHICKSAL, stand da.
Von Asher Sutton.
Ganz unten auf der Titelseite entdeckte er noch etwas Kleingedrucktes. Er mußte das Buch dicht an die Augen halten, um es lesen zu können. Originalausgabe, las er.
Das war alles.
Er blätterte zwei Seiten weiter. Auf der dritten begann der Text.
Wir sind nicht allein.
Niemand ist jemals allein.
Seit der ersten, schwachen Regung des ersten Lebensfunkens auf dem ersten Planeten der Galaxis, der beseeltes Leben trug, gibt es kein einziges Einzelwesen, das seinen Lebensweg allein zurücklegen muß.
Das ist es! dachte er. Genauso wollte ich es schreiben.
Genauso habe ich es geschrieben. Irgendwann, irgendwo muß ich es geschrieben haben, weil ich es hier in meinen Händen halte.
Er schloß das Buch, steckte es sorgfältig in die Tasche zurück und hängte die Jacke wieder über den Stuhl.
Ich darf es nicht lesen, sagte er sich. Ich darf nicht sehen, wie der Text lautet. Ich muß es schreiben, wie ich es empfinde, wie ich es schreiben will – nur so, und nicht anders.
Ich muß ganz ehrlich sein, denn eines Tages wird die menschliche Rasse – ebenso wie andere Rassen – das Buch kennenlernen und lesen, und dann muß jedes Wort stimmen. Ich muß so schlicht und so einleuchtend schreiben, daß jeder alles verstehen kann.
Er schlug die Bettdecke zurück und legte sich hin; dabei bemerkte er den Brief.
Er öffnete den Brief und faltete ihn behutsam auseinander, damit das vergilbte Papier nicht brach. Er war mit der Maschine geschrieben und viele Stellen waren übertippt, als hätte der Schreiber Mühe gehabt, mit der Maschine fertigzuwerden.
Sutton drehte sich auf die Seite und begann im Schein der Nachttischlampe zu lesen.
21
Bridgeport, Wis.
11. Juli 1987
Ich schreibe diesen Brief an mich selbst, damit der Poststempel genau das Datum beweist, an dem er geschrieben wurde. Außerdem werde ich ihn nicht öffnen, sondern zu meinen Papieren legen, damit ihn eines Tages ein Mitglied meiner Familie findet und liest. Und so die Dinge erfährt, die ich nicht auszusprechen wage, damit mich niemand als verrückt bezeichnen kann.
Mein Name ist John H.
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