Tod den alten Göttern
nach. »Aber mir ist so, als hätte ich auch gehört, dass Sigehere, geleitet
von Bischof Jaruman, sich erneut zum Glauben an Christus bekannt hat«.
»Der Narr!«, empörte sich Beorhtric. »Sigehere ist ein Narr durch und durch. Er hat das nicht getan, weil er von der neuen
Lehre überzeugt war, sondern nur, weil Wulfhere von Mercia, der sich als christlicher Oberherrscher ausgab, ihm seine Nichte
Osyth zur Frau versprach. Die haben jetzt ein christliches Balg, Offa heißt es. Sigehere ist ein Schwächling. Der will es
sich mit niemandem verderben. Er hat Wulfhere zugestimmt, alle außer Landes zu treiben, die Wodan treu geblieben sind.«
»Ist das der Grund, dass du hier bist?«
|320| »Nachdem alle angelsächsischen Königreiche den christlichen Lehren anheimgefallen sind, habe ich mich mit einigen Gefährten
entschlossen, bei denen in Lohn und Brot zu treten, die unseren Schwertarm benötigen. So sind wir in dieses Land gekommen
und durch Zufall in diesen Trupp geraten, der für die alten Götter eintritt und die Christen bekämpft.«
»Hegst du ernsthaft die Hoffnung, ihr könnt die Woge des Neuen Glaubens aufhalten?«
Beorthric lächelte grimmig. »Die Woge sind wir, Eadulf. Bald werden unsere Heerscharen das ganze Land überziehen, und auf
unserem Vormarsch in ein neues goldenes Zeitalter werden sich die wenigen Jahrzehnte, da wir ohne die alten Götter lebten,
nur als kurze Rast erweisen.«
Eadulf war entsetzt. »Das kannst du doch nicht wirklich glauben?«
»Und du dünkst dich zu klug, um das für möglich zu halten. Denk doch einmal an die Tage deiner Jugend, als du Wodan, unseren
mächtigsten Gott, im Hain verehrt hast. Stammen wir nicht alle von Wodans sieben Söhnen ab? Wie kannst du dich von dem abwenden,
dessen göttliches Blut in unseren Adern rollt?«
Eadulf wurde es unheimlich. Es stimmte schon, er hatte den Neuen Glauben mit seinem Verstand aufgenommen, doch im Innern fühlte
er immer noch die Macht von Tius, Wodan, Donar und Freya. Jedes Mal, wenn er sich gegen sie aussprach, spürte er ihre Gegenwart,
meinte, sie würden ihn packen und in die Flammen der Hel schleudern. Er verdrängte den Gedanken, hob entschlossen den Becher
mit dem Ale und nahm einen tüchtigen Schluck.
»Was bezweckst du eigentlich mit diesem Gespräch, Beorhtric?«, fragte er kalt. »Willst du mich bekehren, soll ich wieder den
alten Bräuchen folgen?«
|321| Beorhtric lächelte gewinnend und lehnte sich zurück. »Ich hoffe, ich habe die Kraft dazu. Du hast das Amt eines
gerefa
unseres Volkes geerbt, und somit ist es deine Pflicht, den Glauben und die Sitten deiner Vorfahren hochzuhalten. Ich habe
unsere Anführerin überredet, mich versuchen zu lassen, dir das Leben zu retten.«
»Mir das Leben zu retten?« Eadulf zog eine Augenbraue hoch. »Was soll das bedeuten?«
»Du könntest dich uns anschließen. Ich würde dich in meine Kriegerschar aufnehmen und dir die Ehre erweisen, die jedem
gerefa
meines Volkes zukommt.«
»Und was wäre die Bedingung?«
»Du berichtest uns, was sich inzwischen in Tara ereignet hat und ob die Fianna gegen uns zu Felde zieht.«
»Du verlangst also, dass ich Verrat begehe?«
Beorhtric wehrte ab. »Wer spricht denn von Verrat? Du sagst uns, was wir wissen müssen, und wir verschonen dich. Das ist doch
ganz einfach.«
»Das heißt, ich übe Verrat an meiner Frau und ihrem Volk und allem, was mir lieb und teuer ist.«
»Deiner Frau, dieser Fidelma von Cashel, werden wir kein Haar krümmen. Unsere Anführerin sagt, sie hat großen Respekt vor
ihr. Wir werden sie gefangen nehmen, und wenn sie sich uns nicht anschließen will, kannst du sie mitnehmen, und ihr könnt
gehen, wohin ihr wollt.«
Eadulf schluckte die Worte, die ihm auf der Zunge lagen, hinunter, denn ihm kam etwas anderes in den Sinn. Vielleicht ließe
sich mehr erfahren über diese Ansammlung Bewaffneter, die seltsame Frau, die sie anführte, und die Kampfstärke ihrer Heerschar,
wenn er das ihm gemachte Angebot nicht rundweg abschlug.
»Du kannst nicht erwarten, dass ich allem, woran ich glaube, |322| in einem Atemzug abschwöre«, erwiderte er. »Sage mir, warum ihr für diese Frau durchs Feuer geht.«
»Die
ceannard? «
»Wie heißt sie?«
»Sie ist die Anführerin, die weise Frau. Eine Priesterin des Gottes Crom.«
»Hat sie keinen Namen?«
»Keinen, den wir auszusprechen wagen.«
»Und sie glaubt an diesen Gott der Frühzeit?«
»Sie ist überzeugt, dass die
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