Tod den alten Göttern
Versklavt wird bei uns niemand, es sei denn, jemand hat ein abscheuliches Verbrechen begangen. Selbst dann wird der Schuldige
nicht eingekerkert; ihm wird zugestanden, sich in Freiheit arbeitend zu bewähren, um den vollen Freiheitsstatus wiederzuerlangen.
Der Knabe da scheint außerdem von hier zu stammen und hat ein Recht auf unseren Schutz. Er bleibt bei uns.«
Verbas starrte sie an. Die beiden Männer, die nach ihm aus der Schenke gekommen waren und offensichtlich zu seiner Schiffsbesatzung
gehörten, näherten sich langsam, als wollten |349| sie ihm beistehen. Caol drohte ihnen mit dem Schwert, und sie hielten sich zurück.
»Das ist nicht rechtens, Lady«, empörte sich Verbas. »Ich werde beim König Einspruch erheben.«
»Tu das«, erwiderte sie milde lächelnd. »Bis dahin genießt der Junge unseren Schutz. Entsprechend unseren Gesetzen werden
wir über sein weiteres Schicksal befinden. Er hat um Asyl gebeten, und wir gewähren es ihm. Über deinen Anspruch im Einzelnen
wird vor Gericht befunden. Komm nur und trage deine Beschwerde in Tara vor.«
Wenn Blicke hätten töten können, wäre es auf der Stelle um Fidelma geschehen gewesen. Ihre scharfe Zurechtweisung hatte ihn
ernüchtert. Sein Blick war noch unstet, aber die Augen funkelten böse.
»Ich kehre auf mein Schiff zurück und werde einen Rechtsanwalt eures Landes aufzutreiben wissen, der meinen Fall vor deinem
König vertritt«, drohte er. »Ich bin nicht hierhergekommen, um meines Eigentums beraubt zu werden.«
»Wir haben unterschiedliche Auffassungen, was Eigentum ist und was nicht, mein Freund«, erwiderte Fidelma ungerührt. »Aber
da wir gerade darüber sprechen, was dich in unser Land geführt hat, möchte ich doch noch eine Frage stellen, Verbas von Peqini.
Bist du zu uns gekommen, um Stimmung gegen den König zu machen?«
Sein Gesichtsausdruck blieb unverändert grimmig.
»Du sprichst in Rätseln.«
»Ich kann es auch deutlicher sagen. Wie ich höre, gewährst du Rebellen, die in jüngster Zeit mit Waffengewalt gegen den rechtmäßigen
Herrscher des Landes vorgegangen sind, Mitfahrt auf deinem Schiff. Du gewährst ihnen Überfahrt nach Alba, oder irre ich mich?«
Dass sie sich nicht irrte, war von seinem Gesicht abzulesen.
|350| »Es gibt zwei Möglichkeiten des weiteren Vorgehens, Verbas von Peqini. Die erste wäre die, du lieferst uns Cuan und seinen
Gefährten aus, das sind die beiden, die du mitzunehmen gedachtest, so dass wir sie nach Tara schaffen und dort vor Gericht
stellen können. Die zweite Möglichkeit wäre, dass meine Krieger an Bord deines Schiffes kommen und sich Cuan selbst greifen.
Im letzteren Fall machst du dich genauso strafbar wie Cuan, dein Schiff wird beschlagnahmt und gegen Strafgebühren und anfallende
Entschädigung in Zahlung genommen.«
Verbas biss sich auf die Lippen und brauchte eine Weile, um sich zu entscheiden. Schließlich meinte er achselzuckend: »Was
immer die beiden auf dem Gewissen haben, ist nicht meine Angelegenheit. Sie kamen und waren bereit, für die Überfahrt zu zahlen.
An nichts Arges denkend, habe ich das Geld angenommen. Wenn sie aber eurer Rechtsprechung entgehen wollen und auf der Flucht
sind, dann werde ich …«
Ein Warnruf von der Anlegestelle lenkte sie ab, und sie sahen Gormán mit jemandem ringen. Ardgal, der die ganze Zeit wachsam
in die Runde geschaut hatte, eilte ihm zu Hilfe. Gemeinsam überwältigten sie den Mann, banden ihm die Hände und brachten ihn
zu Fidelma und der bei ihr stehenden Gruppe. Gormán hatte eine Satteltasche über den Arm gehängt und grinste vergnügt.
»Da hätten wir unseren Freund Cuan. Offensichtlich hat er Verbas nicht allzu sehr getraut, hat dich vom Schiff aus mit ihm
sprechen sehen und es vorgezogen, das Ergebnis nicht abzuwarten. Er stahl sich vom Schiff …. und landete direkt in meinen
Armen. Leider ist sein Gefährte entwischt. Doch zum Glück hat Cuan das hier lieber bei sich behalten.«
Er hielt Fidelma die Satteltasche hin, und die schaute sofort hinein.
|351| »Großartig«, sagte sie und strahlte über das ganze Gesicht. »Es bleiben noch ein paar Fragen offen, Cuan, die du mir wirst
beantworten müssen. Du kommst mit uns zurück nach Tara.«
Eadulf fiel ein Armband aus Silbermünzen auf, das Cuan um das linke Handgelenk trug, und ein Gedanke schoss ihm durch den
Kopf. Er trat auf Cuan zu, nahm seinen Arm und betrachtete den Schmuck etwas genauer.
»Sieht nach Münzen aus Gallien
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