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Tod den Unsterblichen

Tod den Unsterblichen

Titel: Tod den Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
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wußte, daß jeder Augenblick, in dem Cornut allein war, höchstwahrscheinlich der Augenblick seines Todes sein konnte.
    Sie fanden den nervösen und zerstreuten Studentenproktor, der jedoch noch auf seinem Posten war. Und er hatte Cornut gesehen!
    »Ich hielt ihn irgendwie für übergeschnappt. Ich versuchte, ihm etwas zu sagen – Sie kennen doch Egerd, der früher in seinem Seminar war?« (Er wußte genau, wie gut Locille Egerd gekannt hatte.) »Er ist heute morgen gestorben. Ich dachte, das würde Master Cornut interessieren, aber er hörte überhaupt nicht zu.« Rhame beobachtete Locilles Gesichtsausdruck, aber er hatte keine Zeit, sich um ihre Gefühle für einen toten Studenten zu kümmern.
    »Wohin ist er gegangen? Und wann?«
    Er war vor einer guten halben Stunde den Korridor entlanggegangen. Sie folgten ihm.
    Locille sagte klagend: »Es ist ein Wunder, daß er überhaupt noch am Leben ist! Aber wenn er es so lange ausgehalten hat … und ich ein paar Minuten zu spät käme …«
    »Halten Sie den Mund«, sagte der Polizist schroff und rief einen anderen Studenten zu sich.
    Es war leicht, Cornut zu folgen; er war durch sein irres Benehmen aufgefallen, sogar an einem Tag wie diesem. Ein paar Meter vor der Fakultätsmensa hörten sie heiseres Gegröle.
    »Das ist Cornut!« rief Locille und rannte los. Rhame holte sie bei der Tür der Küche ein, in der sie so viele Monate gearbeitet hatte.
    Cornut torkelte herum und grölte lallend eines von Master Carls Lieblingsliedern:
     
    Knüpf Restklaß’ zum Modul
    und schließ dann den Pool
    für Addition, Subtraktion …,
     
    Er stolperte gegen einen Aufschneidetisch und fluchte gutmütig.
     
    so find’st du zum Lohn
    ein neues System, ein verdammtes Ding,
    eine zyklische Gruppe (hick!),
    genannt auch der Ring!
     
    In einer Hand hatte er ein scharfes Messer, das er aus der Schublade des Tranchiers stibitzt hatte; er schwang es und trat auf der Stelle.
    »Verdammt noch mal, macht schon!« schrie er lachend. »Bringt mich um die Ecke!«
    »Retten Sie ihn!« rief Locille und wollte zu ihm eilen; Rhame packte sie beim Arm. »Lassen Sie mich los! Sonst schneidet er sich die Kehle durch!«
    Rhame hielt sie fest und starrte hin. Cornut hatte sie nicht einmal gehört; er grölte wieder. Schließlich sagte Rhame:
    »Sehen Sie nur, er tut es nicht. Und er hatte alle Zeit dazu, so wie es hier aussieht. Selbstmordsüchtig? Vielleicht irre ich mich, Locille, aber mir scheint, daß er einfach sternhagelvoll ist.«
     

15
     
    Überall in der Stadt und auf der Welt wiederholten sich Szenen wie die vor der Universitätsklinik, denn der Pöbel war durch das Auftreten einer – seit Jahrhunderten verschwundenen! – Seuche in Panik geraten und riß sich um das Amulett, das ihn davor schützen sollte. Nicht einmal einer von hundert erkrankte ernsthaft, aber das genügte schon. Ein Prozent von zwölf Milliarden sind hundertzwanzig Millionen – und hundertzwanzig Millionen Fälle der tödlichsten, ansteckendsten … und unentschuldbarsten Krankheit. Denn die Pocken können unfehlbar verhütet werden, und nur eine Welt, die Jenner vergessen hatte, konnte von ihnen überrumpelt werden … oder eine Welt, in der die Erinnerung an Jenners jahrhundertealte Prophylaxe systematisch ausgelöscht worden war.
    Im höchsten Turm von Port Monmouth benutzten die acht wichtigsten Fernsehprogramme die Sender-Verstärker gemeinsam. Äquatorial aufgestiegene Funkuntertassen suchten den Himmel nach den Verstärkersatelliten ab. Sobald jeder Satellit in seiner Umlaufbahn über dem Horizont auftauchte, jagte eine Untertasse ihm nach und fand ihn. Diese Untertasse hängte sich an ihn, während er am Himmel vorüberzog, und löste sich von ihm, um nach einem neuen zu suchen, wenn der alte wieder hinter die Erdkrümmung tauchte. Über sechzig Satelliten kreisten um die Erde, die als Verstärker dienen konnten, jeder auf eine spezielle Bahn geschickt und speziell ausgerüstet, um die Fernsehprogramme zu empfangen, sie zu entstören, zu verstärken und zurückzusenden.
    Sam Gensel war der leitende Ingenieur der gesamten Fernsehtechniker in Port Monmouth.
    Es war nicht seine Aufgabe, die Bilder zu beschaffen, die Programme zusammenzustellen oder zu entscheiden, was gesendet wurde. Dozierende Mathematikprofessoren, leichtfüßige Tänzerinnen, schluchzende Filmserienheldinnen – er sah sie alle in den aufgereihten Monitoren seiner Kabine. Er sah sie alle und er sah keinen von ihnen. Sie waren für ihn nur

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