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Tod einer Göttin (Vera-Lichte-Krimi) (German Edition)

Tod einer Göttin (Vera-Lichte-Krimi) (German Edition)

Titel: Tod einer Göttin (Vera-Lichte-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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ich alles so gut gemacht hätte mit dir. Aber ich habe ja gar keine Ohrlöcher.“
    „Die hättest du dir längst stechen lassen können.“
    Anni winkte ab. „Wo soll ich denn so was tragen“, sagte sie.
    Der Kleine wurde unruhig auf ihrem Arm. Er zeigte auf die Torte, auf der die Kerzen so weit heruntergebrannt waren, dass er jetzt erkannte, um was es sich da handelte.
    „Puste mal schnell und dann schneiden wir die Torte an. Ich glaube, unsere Knutschkugel ist wieder bei Appetit.“
    Sie hatten alle drei schon ein erstes Stück Sahnetorte gegessen, als Vera Nellys Päckchen auspackte.
    Eine große Hasenterrine. Ein Geschenk, das wohl eher Edouard ausgesucht hatte. Nellys zweiter Ehemann.
    Ein Lebensmittelhändler aus Nizza.
    „Wenigstens was Vernünftiges“, sagte Anni, „wer weiß, was du von Nelly gekriegt hättest.“
    Pit kaufte vierzig rote Tulpen in einem Blumenladen am Poelchaukamp. Er legte ein Kuvert auf die Glastheke und bat Blumen und Karte an die angegebene Adresse zu liefern.
    Dann fuhr er ins Präsidium.
    Vielleicht hörte er ja von Vera.
    In seinem Zimmer stand ein großer Karton, den er gestern Nachmittag aus Loews Ladenlokal hergetragen hatte.
    Keine antifaschistischen Flugblätter. Kein kommunistischer Propagandakram. Nicht einmal ein Poster vom Kaffeeanbau in der Dritten Welt an der Wand.
    Der kleine Herr Kolp schien betroffen von dem, was er vorfand. War er denn zum ersten Mal dort?
    Der Laden war ohne Zweifel ein Fluchtort. Doch nicht für verfolgte Kommunisten. Eher für Kristian Loew.
    Im Hinterzimmer ein zerwühltes Lager aus Schlafsäcken. Eine Nische, in die Bretter gezogen worden waren.
    Konserven. Dutzende von Konserven. Schnaps.
    Ein Spülbecken, auf dem ein kleiner Klappspiegel stand.
    Rasierzeug. Ein Kamm. Eine Zahnbürste.
    Kristian Loew hatte ein Zweitleben geführt in seinem antifaschistischen Ladenlokal.
    Im Karton war das Fotoarchiv von Fritz Altgraf.
    Ein Teil davon, denn das allein konnte nicht das Werk eines Lebens sein. Fünf Agfa-Kartons mit den Fotografien von Jana Tempel. Atelieraufnahmen.
    Kolp hatte noch trauriger ausgesehen, als er sich die Fotos ansah. „Sie kennen sie, nicht wahr?“, hatte Pit gefragt.
    Eine Schauspielerin. Hat sie nicht die Anna Karenina gespielt? Das waren vor Tagen Kolps Worte gewesen.
    Ich habe sie verehrt, hatte er gestern gesagt.
    Von einem Kinositz aus? Zur Leinwand hochguckend?
    Wie kommt Kristian an diese Fotos, hatte er gefragt.
    Das hätte Pit auch gerne gewusst.
    Pit ging zum Kaffeeautomaten, um einen Becher Kaffee zu ziehen, bevor er den Karton öffnete. Für was wollte er sich strafen? Sein Magen tat auch so schon weh. Die Last der ungelösten Fälle lag darin wie ein Feldstein.
    Er nahm einen bangen Schluck und öffnete den Deckel.
    Oben auf lag ein Klarsichtbeutel, von denen er einige in Loews Vorratsnische gefunden hatte.
    Darin der Kamm, die Zahnbürste, das Rasierzeug. Er würde alles ins Labor geben. Solche Utensilien waren immer wieder für Überraschungen gut.
    Pit sah sich die Fotografien aus den fünf Agfa-Kartons sehr sorgfältig an. Eine Serie unterschied sich von den anderen.
    Jana Tempel war auf eine Art fotografiert, als versuche sie Dürers ‘Betende Hände’ in einer Ganzkörperversion darzustellen. Vielleicht war es auch das Licht, dass der Fotograf gesetzt hatte. Ein altmodisches Theaterlicht.
    Die Tempel sah jedenfalls zum Fürchten fromm aus.
    Pit hangelte nach dem klingelnden Telefon.
    „Danke für die Tulpen“, sagte Vera. „Die Tanzerei ist zwar auf später verschoben, doch es gibt ein Boeuf Bourguignon. Ich freue mich, wenn du kommst. Acht Uhr?“
    Pit hätte fast einen Seufzer der Erleichterung ausgestoßen.
    „Gern“, sagte er, „ich bringe ein paar interessante Fotos mit.“
    Jana Tempel hatte um den Besuch eines Arztes gebeten.
    Das alles erschöpfte sie mehr, als sie gedacht hatte.
    Der junge Arzt, den der Portier dann kommen ließ, schien noch nie von Jana Tempel gehört zu haben. Das erleichterte es ihr, den seidenen Morgenmantel zu öffnen, um sich von ihm abhorchen zu lassen.
    Er spritzte ihr Vitamine und ein kreislaufstärkendes Mittel.
    Das taten sie immer, die Hotelärzte. Höchstens, dass sie noch darauf verwiesen, einen Kollegen aufzusuchen.
    Keine Verantwortung übernehmen für einen Patienten, der schon bald wieder ein Reisender sein würde.
    Am ganzen Körper hatte sie gezittert, als sie gestern Abend in ihre Zimmer gekommen war.
    Zwei Cognac getrunken. Sich ins Bett gelegt.

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