Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod einer Göttin (Vera-Lichte-Krimi) (German Edition)

Tod einer Göttin (Vera-Lichte-Krimi) (German Edition)

Titel: Tod einer Göttin (Vera-Lichte-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
Vom Netzwerk:
Verwesungsprozess von paniertem Fleisch?
    Pit wusste es nicht. Lernte man so was?
    Sie stiegen die sechs Treppen in den obersten Stock hoch, und Pit entfernte das Siegel. Die Wohnung war karg.
    Ein Kleiderschrank, der Hopen hieß und dessen Türen aus gefrostetem Glas waren. Er hatte den gleichen bei Ikea gekauft. Ein schmales Bett. Tisch. Stühle. Nicht mal ein Schreibtisch, den Pit hätte auseinandernehmen können.
    Kolp ging auf den Schrank zu und öffnete ihn.
    Der gute anthrazitgraue Anzug. Ein weißes Hemd. Kolp wählte keine schwarze Krawatte aus. Er nahm eine hellgraue, in die kleine dunkle Skorpione eingewebt waren.
    „Kristians Sternzeichen“, sagte der kleine Herr Kolp.
    Er legte alles auf die Lehne eines Stuhls und trat ans Fenster.
    „Vergessen Sie die Socken und die Schuhe nicht“, sagte Pit.
    Er durchsuchte den Schrank und klopfte ihn ab, als ob er Hohlräume vermutete. Hopen hielt es aus. Er war einer der stabileren Schränke.
    Pit gab auf und stellte sich neben Kolp, um mit ihm in diesen kalten blauen Tag zu gucken. Tief unten hing eine Schaukel an einer Teppichstange, auf die vielleicht gelegentlich noch der Kokosläufer aus Kolps Flur gelegt wurde.
    Wo hatten die Apfelbäume gestanden, in denen andere Schaukeln hingen?
    „Sie haben den Schlüssel zu dem kleinen Ladenlokal?“
    Der kleine Herr Kolp nickte.
    „Da Ihr Sohn die Dokumentationsstelle leitete, wird es noch andere Mitarbeiter geben.“
    Kolp lächelte. „Nein“, sagte er, „Kristian nannte sich Leiter, ohne das noch einer unter ihm war.“
    „Lassen Sie uns dort hingehen“, sagte Pit.
    Der kleine Herr Kolp ging zu dem Schrank und holte Schuhe und Socken hervor. Auf den Lackschuhen lag leichter Staub. „Wenn Sie mir bitte helfen würden“, sagte er und reichte beides Pit, um selbst Anzug, Hemd, Krawatte zu nehmen.
    „Ich habe Albert Karl und Sohn beauftragt“, sagte Kolp. „Die sind hier in der Osterstraße.“
    Pit verstand nach einer Verzögerungssekunde, dass er von einem Bestatter sprach.
    „Wir haben eine Grabstelle auf dem Ohlsdorfer Friedhof. Meine Mutter liegt dort. Mein Vater irgendwo in Wolgograd.“
    Pit war überrascht, dass er den neuen Namen jener Stadt nannte, die das unglückselige Stalingrad gewesen war.
    „Man soll die Kinder nicht vor den Eltern begraben“, sagte Kolp, „nicht mal, wenn sie längst keine Kinder mehr sind.“
    Pit stellte sich den Sechzehnjährigen vor, der in der Küche seiner Mutter ein Mädchen schwängerte, dass bei ihnen
    Asyl gefunden hatte. Wie viel Vaterliebe doch unter den ungünstigsten Umständen möglich war.
    Sie trugen Anzug, Hemd, Krawatte und Socken und Schuhe in den ersten Stock hinunter. Kolp tat alles auf die Liege im Bücherzimmer. Dann ging er an den Schreibtisch, zog eine Schublade auf und holte ein Schlüsselbund hervor.
    „Ist nicht weit“, sagte er. Ein Mann, schien es, der zeitlebens damit beschäftigt war, wenig Mühe zu bereiten.
    Das geborene Opfer, dachte Pit Gernhardt.
    Es tat ihm Leid, das zu denken.
    Hätte sie sich auf diesen kleinen Spaziergang trauen dürfen?
    Nie zu weit vom Hotel war die eigene Vorgabe gewesen. Nicht allein am späten Nachmittag, wo es schon dunkelte.
    Die stillen Straßen meiden. Jetzt ging sie durch eine leere dunkle Warburgstraße in die Fontenayallee hinein.
    Wie sich hier alles verändert hatte. Die kleinen heimeligen Häuser waren gesichtslosen Bauwerken gewichen.
    War hier in der Nähe nicht ihr Künstlerclub gewesen?
    Die ‚Insel’. Da, wo jetzt das Hotel Intercontinental stand.
    Gustav hatte diesen Club mitbegründet. Gemeinsam mit einem Librettisten. Wer war noch alles dabei gewesen?
    Ida Ehre hatte die Kammerspiele wiedereröffnet.
    Gyula Trebitsch gründete die Real-Film in einer alten Villa in Tonndorf. Gott, war das alles lange her.
    Die schönsten Filme hatte Trebitsch produziert in den fünfziger Jahren. Einige davon mit ihr.
    Heinz Rühmann war damals auch ein Dauergast im Vier Jahreszeiten gewesen. Zimmer an Zimmer wohnten sie.
    Gerade zu der Zeit, als er den ‚Hauptmann von Köpenick’ einstudierte. Rühmann hatte sich kaum blicken lassen.
    Das Essen ließ er aufs Zimmer servieren.
    Ein Grantler konnte er sein. Ganz sicher ein Eigenbrötler.
    Lief nicht das Leben an einem vorbei, wenn es zu Ende war?
    Jana Tempel drehte sich um, als ihr dieser Gedanke kam.
    In einiger Entfernung stand ein Mann mit einem Hund.
    Sonst schien keine Menschenseele unterwegs zu sein.
    Sie beschleunigte ihren Schritt. Gut, dass sie

Weitere Kostenlose Bücher