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Tod einer jungen Frau

Tod einer jungen Frau

Titel: Tod einer jungen Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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seine Stimme. »Ich kann nur sagen, so
ist es nun mal, wenn man sich mit einer solchen Begabung wie Evan Curran
herumschlagen muß .«
    Das war ein grandioses
Stichwort für ein letztes Wort, und ich gab der Verlockung nach. »Sie glauben
also, Averil Dorcas täuscht
sich ?« sagte ich verwundert. »Ich meine, als sie ihn
einen pickligen Flegel nannte ?«
    Sein bestürztes Schweigen
schien mir bis vor die Haustür zu folgen. Ich glitt hinter das Steuer meines
Wagens und stellte fest, daß ich nicht allein war. Ein nachdenklich aussehender
mexikanischer bandito saß auf dem
Mitfahrersitz. »Schlagen Sie mal die Beine übereinander«, sagte ich.
    »Ist das ein neues Spiel ?« Sie zuckte die Schultern und schlug dann gehorsam die
Beine übereinander.
    »Sie müssen mit dem Öl gute
Arbeit geleistet haben«, sagte ich. »Ich höre Sie gar nicht mehr knarren .«
    »Ich habe den größten Teil der
Zeit über draußen vor der Tür gelauscht .« Ihre Finger
liebkosten bedächtig die rotbraune Haarsträhne, die über ihre linke Schulter
hing. »Haben Sie das, was Sie Larry über Durand und die Dorcas erzählten, eigentlich selbst geglaubt? Daß die beiden keine Bedrohung für Evan
darstellen ?«
    »Na klar«, sagte ich
wahrheitsgemäß.
    »Und nun wollen Sie einen
hübschen, fetten Scheck von Larry kassieren und dankbar in der Nacht
verschwinden ?«
    »Was sonst?«
    »Angenommen, ein Dritter, von
dem Sie nichts wissen, hat vor, Evan umzubringen? Würden Sie versuchen, ihn
davon abzuhalten ?«
    »Wenn ich wüßte, wer dieser
Dritte ist und was für Gründe er hat, ja«, brummte ich. »Evan ist der einzige,
der weiß, wieviel Leute ausreichend Grund hätten, ihn
umzubringen. Und ihm fielen nur zwei ein .«
    »Vielleicht hatte er zuviel Angst, um an den Dritten zu denken ?« sagte sie leise.
    »Wie wär’s, wenn Sie ihm
rieten, mich anzurufen, wenn er wieder mutig wird und ihm der Name einfällt ?«
    »Ich glaube, ich kann Ihnen da
helfen .« In ihren dunklen Augen lag ein brütender
Ausdruck, während sie mich betrachteten. »Manchmal bilde ich mir ein, ich könnte ihn selbst umbringen, wenn er sich so unmöglich benimmt. Aber
dann wird mir wieder klar, daß ich ihn zu sehr liebe, um ihm weh zu tun. Zwei
Dinge in seinem tiefsten Innern sind es, die ihn beherrschen: ein
phantastischer Ehrgeiz und die verzweifelten, verantwortungslosen Emotionen
eines kleinen Jungen. Diese beiden führen einen ständigen Kampf gegeneinander,
und das löst auch seine fortgesetzten Komplexe aus .«
    »Ich dachte, Sie seien nur
verrückt«, sagte ich hilflos. »Und nun reden Sie wie ein Psychiater !«
    » Seid wir zusammen sind, hat er mich dazu benutzt, seine Spannungen abzureagieren,
wenn sie zu stark werden. Einmal liebt er mich, dann schlägt er mich wieder,
ignoriert mich ein paar Tage lang völlig oder überschüttet mich eine Stunde
lang mit unflätigen Worten, die er immer und immer wiederholt. Ich kann es ertragen,
obwohl ich nicht glaube, daß ich diese Woche in New York ohne Hasch
durchgestanden hätte. Er war so schlimm wie noch nie zuvor .«
    »Was hat er getan ?« Wider Willen begann ich mich zu interessieren.
    »Sie haben meinen Rücken
gesehen. Sie haben diesen Anblick sicher nicht vergessen. Nachdem Evan
aufgehört hatte, mich zu schlagen, bekam er’s mit der Reue zu tun und brach in
einen Weinkrampf aus. Dann, später, begann er zu trinken, und je betrunkener er
wurde, desto intensiver erinnerte er sich an seine Frau. Ich lag, das Gesicht
nach unten, auf dem Bett, und mein Rücken fühlte sich an, als ob jemand ein
Feuer auf ihm abgebrannt hätte. Ich hörte gar nicht richtig zu. Die Hälfte der
Zeit stammelte er unzusammenhängendes Zeug, wiederholte immer wieder ihren Namen
und bettelte darum, daß sie ihm vergeben möge. Dann schlief er für eine Weile
ein. Ich raffte mich auf, ging ins Badezimmer und säuberte meinen Rücken, dann
nahm ich zwei Aspirin. Er wachte in dem Augenblick auf, als ich ins
Schlafzimmer zurückkehrte, und — es brannte nur eine Nachttischlampe — er muß
mich für jemand anderen gehalten haben. Ich habe noch nie jemanden in einem
Zustand solchen Entsetzens erlebt wie ihn. Er flehte mich an, ihn nicht
umzubringen, kniete vor mir nieder und versuchte meine Füße zu küssen. Es hatte
gar keinen Sinn, ihm zu sagen, wer ich war, meine Worte drangen einfach nicht
zu ihm durch .«
    »Das war alles, was er getan
hat? Daß er die Person, mit der er Sie verwechselte, anflehte, ihn nicht
umzubringen

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