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Tod einer Queen

Tod einer Queen

Titel: Tod einer Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Bank eine gespenstische Figur auf und verschwand langsam wieder im Dunkel hinter ihnen. Manche Gestalten bewegten sich ein wenig, traten in den Lichtschein, so daß man sie erkennen konnte, oder drehten den Kopf ein wenig zur Seite, aber stets wirkten sie wie in regelmäßigen Abständen aufgestellte Statuen. Die Autos, die in einem endlosen Strom die Straße entlangschlichen und sich bisweilen vor einer der bleichen Figuren zu einer Warteschlange formierten, verstärkten den Eindruck eines verrückten Museums, in dem es keinen Katalog gab und höchstens eine Taschenlampe, um sich zurechtzufinden .
    Der Wachtmeister saß schweigend in einem Zivilfahrzeug eingeklemmt und fühlte sich unbehaglich. So viel Aktivität bei so wenig Licht, und alles so verwirrend. Ferrini, ein Mitarbeiter des Hauptmanns, saß am Steuer, und gottlob kannte er sich hier aus. Trotzdem, es war bizarr und überhaupt nicht das, womit er gerechnet hatte. Als der Staatsanwalt ihnen empfahl, die Transsexuellenszene zu überprüfen, hatte der Wachtmeister an Straßensperren, Scheinwerfer, Uniformierte gedacht, alles, nur nicht daran, um drei Uhr nachts in Zivil herumzuschleichen, neben den Hunderten von anderen Autos, die langsam am Bordstein entlangfuhren. Woher sie wohl alle kamen? Viele von außerhalb, nach den Nummernschildern zu urteilen, aber es waren auch viele Florentiner darunter. Es schienen viel mehr Autos unterwegs zu sein als bei Tag .
    Ferrini bremste und kurbelte das Fenster herunter. Eine weiße Figur unter einem Baum rührte sich und kam ihnen entgegen. Der Wachtmeister sah lange, blasse Schenkel, riesige Brüste, knapp bedeckt von weißer Spitze. Dann glitt ein weißer Pelz darüber, und ein Gesicht zeigte sich. Eine Männerstimme murmelte schroff: »Ach, Sie sind’s… ich hab Sie nicht erkannt. «
    »War auch nicht beabsichtigt«, sagte Ferrini, »wir wollen deine Freier nicht erschrecken. «
    »Was gibt’s denn? «
    »’ne ganze Menge. Hör zu, weißt du, ob in diesem Abschnitt jemand nicht gekommen ist? Die Große beispielsweise, die immer dort an dem Geländer steht? «
    »Carla? Die hat Grippe. «
    »Wirklich? «
    »Sicher. Ich bin mit ihr befreundet, und jedenfalls haben wir heute abend zusammen gegessen. Sie konnte kaum was runterkriegen, so ein Fieber hatte sie. «
    »Sonst jemand? «
    »Nicht gekommen? Nicht, daß ich wüßte, aber ich arbeite allein, also könnten viele nicht kommen, und ich würde es nicht merken. In dieser Branche hat man es mit komischen Leuten zu tun, sag ich Ihnen. Ich halte mich an die wenigen Menschen, mit denen ich befreundet bin. Sie wissen, was ich meine? «
    »Also, ich rate dir: Halte dich noch enger an deine Freundinnen als sonst. Arbeitet zu zweit, ergreift Vorsichtsmaßnahmen, du weißt schon. «
    »Ist jemand überfallen worden? «
    »Ermordet, und zwar auf die brutale. Kannst es in der Zeitung lesen. Und in der Zwischenzeit sei vorsichtig. Denk dran! «
    Sie fuhren weiter. Der Wachtmeister sah durch das Rückfenster die weiße Figur, die ihnen verunsichert nachblickte .
    »Glauben Sie, er wird Ihren Rat befolgen?« fragte er Ferrini .
    »O ja, zumindest eine Woche oder so. Machen sie immer, Arbeiten zu zweit, so kann die eine die Nummer des Autos notieren, in das die andere einsteigt, zum Beispiel. Läßt aber bald nach. Sie wissen ja alle, mit welchen Risiken ihr Job verbunden ist. Eine zerhackte Leiche wird sie allerdings nachdenklich machen… Woll’n mal hören, was Titi zu sagen hat. «
    Er bremste und streckte den Kopf aus dem Fenster .
    »Beißt niemand an, Titi? «
    Wieder Schenkel, diesmal mit schwarzen Strapsen, und das einzige, woran der Wachtmeister dachte, war, wie sehr diese Gestalten frieren mochten. Um Himmels willen, es war drei Uhr nachts, und er saß mit Mantel und Schal in einem Auto bei voll aufgedrehter Heizung! Und jedesmal, wenn Ferrini das Fenster herunterkurbelte, spürte er die Kälte. All diese Gestalten waren praktisch nackt !
    Titi hatte dunkle, lockige Haare, volle, rote Lippen, und um den kräftigen Hals lag ein schwarzes Band .
    »Ich hab ja gewußt«, sagte er, und ein schweres Parfüm drang in das Wageninnere, »daß du dich nach all den Jahren doch noch in mich verknallen würdest. «
    »Wenn ich je Lust bekomme«, sagte Ferrini, »dann stehst du ganz oben auf meiner Liste. «
    »Mach dich nicht lustig, bevor du’s nicht ausprobiert hast! Ist denn etwas passiert, ihr wärt doch sonst nicht hier? «
    »Zum Beispiel: Wo hast du diesen Ring her?«

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