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Tod einer Queen

Tod einer Queen

Titel: Tod einer Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Frau hörte ihn nicht .
    Er hatte sich verspätet. Im Warteraum saß eine Frau, die sich halb erhob, als sie ihn sah, doch er nickte ihr bloß zu und ging weiter in sein Zimmer, wobei er im Vorbeigehen an die Tür der Wachstube klopfte. Mit etwas Glück würde Lorenzini, der junge Brigadiere, ihm eine Tasse Kaffee bringen. Er brauchte ein, zwei Minuten, um wieder zu Atem zu kommen. Seufzend setzte er sich an seinen Schreibtisch, sein Kopf dröhnte noch immer vom Lärm des Kaufhauses. Lorenzini klopfte und steckte den Kopf ins Zimmer .
    »Immer hereinspaziert!« Und dann: »Wie hast du das erraten? «
    Lorenzini hatte nämlich eine Tasse Kaffee in der Hand .
    »Ich wußte, daß Sie einkaufen waren, und Sie sind spät dran, deshalb… Sie sehen nicht so aus, als hätte es Ihnen viel Spaß gemacht. «
    »Spaß gemacht? Hör zu… «
    Lorenzini hörte zu. Das war etwas, worauf er sich verstand. Der Wachtmeister schlürfte von dem brühheißen, starken Kaffee und brummte vor sich hin .
    »Und das schlimmste ist«, meinte er schließlich, »kaum hat man die Ausgaben für die Schulsachen hinter sich, wird die Weihnachtsdekoration aufgebaut, und wieder heißt es: kaufen, kaufen, kaufen. Dein Kind ist noch ein Baby, aber du wirst bald wissen, wovon ich rede. «
    Ihm war klar, daß er übertrieb, aber er konnte nicht anders. Er konnte Lorenzini auch nicht sagen, daß er sich in Wahrheit ein wenig schuldig fühlte, und zwar nur wegen eines kleinen Mädchens, das keinen Ranzen hatte, und eines hübscheren, das einen besaß .
    »Das meiste taugt sowieso nichts. Sie brauchen gar nicht alles, aber wenn einer etwas hat, müssen alle anderen es auch haben, und das nutzen die Geschäfte aus… Wer ist die Frau im Wartezimmer? «
    »Eine Signora Fossi. «
    »Und was will sie? «
    »Mit Ihnen sprechen. Hat nicht gesagt, worum es geht, nur, daß sie Ihren Rat will. «
    «Na gut. Führ sie herein. «
    Als die Frau das Zimmer betrat, erhob er sich und bot ihr einen Stuhl an. Sie nahm Platz, und während er hinter seinen Schreibtisch zurückging, ahnte er schon, daß er es hier nicht mit der üblichen Geschichte einer Mutter zu tun hatte, die voller Panik vermutete, daß ihr Jüngster drogensüchtig sei. Zum einen war sie dafür zu alt. So wie sie aussah, war sie bestimmt über sechzig. Zum anderen sah sie eher entschlossen als bekümmert aus. Er hoffte, daß es nicht eine dieser Streitereien unter Nachbarn war, mit denen er sich höchst ungern abgab. Sie war ganz der Typ dafür. Sie kam ihm bekannt vor, aber er konnte sie nicht einordnen .
    »Also, Signora, was kann ich für Sie tun? «
    »Ich komme wegen meines Sohnes. «
    »Aha. Hat er irgendwelche Schwierigkeiten?« Ihr Sohn müßte mindestens vierzig sein .
    »Vielleicht finden Sie es merkwürdig«, sagte sie, als könnte sie seine Gedanken lesen, »immerhin ist mein Sohn über vierzig, genauer gesagt fünfundvierzig – daß ich hier sitze und nicht meine Schwiegertochter. Aber… Wir sind uns immer sehr nahe gewesen, Carlo und ich, und ich weiß einfach, wenn irgend etwas nicht stimmt. «
    O Gott, dachte der Wachtmeister, sagte aber nur: »Was genau stimmt denn nicht? «
    »Er ist weggegangen. «
    »Weggegangen? «
    »Verschwunden. «
    »Verstehe. Seit wann? «
    »Seit zwei Wochen… nein, länger. Es war ein Samstag, und heute ist Dienstag. Also fast zweieinhalb Wochen. «
    »Sie glauben, daß er seine Frau verlassen hat? «
    »Ich glaube nichts dergleichen, wenngleich… «
    »Wenngleich was? «
    »Ich wollte sagen, er hätte Grund… aber das ist was ganz anderes. Er würde sie nicht verlassen, nicht ohne mir vorher Bescheid zu sagen. «
    Der Wachtmeister unterdrückte einen Seufzer .
    »Wohnen Sie bei Ihrem Sohn und Ihrer Schwiegertochter, Signora? «
    »Ja und nein. Wir haben eine kleine Fabrik. Mein Mann hat mit dem Betrieb angefangen, und bevor er starb, haben wir umgebaut. Das Haus gehört zum Gebäudekomplex. Es ist ein großes Haus, und ich wohne in einer separaten Wohnung, die das gesamte obere Stockwerk einnimmt. Carlo wohnt mit seiner Frau und der Kleinen im Erdgeschoß. «
    »Und er arbeitet in der Fabrik? «
    »Wir alle arbeiten dort, alle drei. Seit dem Tod meines Mannes leite ich den gesamten Betrieb. Meinem Sohn untersteht die Produktion, und meine Schwiegertochter ist für Buchführung und Bestellungen zuständig. Wir stellen Geschenkartikel aus Silber her. «
    »Und Sie sagen, Ihr Sohn ist seit über zwei Wochen verschwunden? Das muß doch zu erheblichen Problemen

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