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Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Titel: Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lennon
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riesigen Tischplatte war eine neue Schlacht aufgebaut
     worden, und dort kämpften nun noch mehr bunt bemalte Zinnsoldaten. Fletcher wollte schon in den Vorgarten zurückkehren, drehte
     sich dann aber noch einmal um.
    Es war eine mittelalterliche Schlachtenszene: Ritter sprengten über eine Ebene und ritten eine Bogenschützenreihe nieder.
     Es sah aus wie die Schlacht von Agincourt. Aber in Agincourt war es doch genau andersherum gelaufen – die Bogenschützen hatten
     die Ritter besiegt, oder? Welche Schlacht hatte Alain das Mal davor eigentlich aufgestellt – die Schlachtvon Salamanca? Fletcher hatte plötzlich den Verdacht, dass da die Geschichtsbücher den Sieg der Rotjacken verzeichneten –
     die Roten waren gar nicht von den Blauen versprengt worden.
    Als er zum Gartentor zurückkehrte, stellte er fest, dass Debbie, die Kellnerin, ihn vom Garten der Bride aus beobachtete.
     Sie kam lächelnd auf ihn zu.
    »Alain ist nicht da«, sagte sie. »Hätten Sie gern Frühstück, Tom? Etwas Warmes?«
    »Nein, vielen Dank, Debbie. Wissen Sie, wo er im Moment ist?«
    »Heute ist der Tag vor der Hochzeit, Tom, da macht Alain immer eine Wanderung mit den Hunden, den Fluss entlang bis nach Ely.
     Er sagt, so hätten die de Minchings sich seit jeher auf den großen Tag vorbereitet. Und das ist noch nicht alles. Wenn das
     unter uns bleibt . . .«, sie kam noch ein bisschen näher, ». .. er rasiert sich auch die Brust.«
    »
Was
macht er?«
    »Das ist noch so eine Tradition. Damals, als Chretiens Frau ertrank, soll sie die Familie der Minchins mit einem Fluch belegt
     haben. Ein Fluch, dass alle männlichen Nachfahren so haarig sein sollten wie Hunde.« Sie zwinkerte. »Normannische Soldaten
     mussten sich den Körper rasieren, wussten Sie das? Damit die Haare sich nicht im Kettenpanzer verfingen. Und am Tag vor der
     Hochzeit hält Alain es bis heute so. Na, prost Mahlzeit!«
    »Sie wissen aber auch wirklich alles, Debbie. Besitzt Alain eigentlich ein Auto?«
    »Mhm, einen großen alten Citroën, sieht aus wie ’n Fisch. Wollen Sie wirklich kein Frühstück, Tom? Es wäre in null Komma nichts
     fertig.«
    »Das ist sehr nett von Ihnen, Debbie. Aber leider habe ich keine Zeit. Wo hat er den Citroën stehen?«
     
    Die Garage lag am anderen Ende der Shamblings in einer Garagenreihe hinter den Steinhäusern. Das Tor war abgeschlossen, doch
     als Fletcher ein wenig nachhalf, ging es auf und das Sonnenlicht strömte in die Garage. Der Citroën war eine alte DS aus den
     Sechzigern, schwarz und in perfektem Zustand. Der Wagen stand vorwärts eingeparkt, und Fletcher musste sich zwischen Kotflügel
     und Wand hindurchquetschen, um zur Kühlerhaube zu gelangen. Debbie hatte recht: Das Auto sah tatsächlich aus wie ein riesiger
     metallener Fisch. Vorn am Stoßdämpfer war eine Delle, die jemand gesäubert hatte, vielleicht um Lackspuren des Aufpralls zu
     beseitigen.
    War Ron Teversham auf diese Weise ums Leben gekommen? Hatte Alain ihn noch betrunkener gemacht, als er ohnehin schon war,
     und dann in der berechtigten Annahme, dass ohnehin keiner kommen würde, die Polizei angerufen? Angesichts der bekannt dünnen
     Personaldecke der Polizei in den Fens war er da kein großes Risiko eingegangen. War er in seinen Citroën gestiegen, Teversham
     nachgefahren und hatte dessen Ford gerammt? Da Teversham ohnehin kaum fahrtüchtig war, musste ein leichter Stoß genügt haben.
    Fletcher schloss die Garagentür.
    Ein mitgehörtes Telefongespräch aus Portugal und eine Beule im Stoßdämpfer würden vor Gericht niemals als Beweis ausreichen,
     aber nun bekam er allmählich eine Vorstellung davon, wie die Braut sich mit Menschen befasste, die ihr gefährlich wurden.
     Solche Leute hatten plötzlich einen Unfall – einen sorgfältig inszenierten und manipulierten Unfall, so wie man eine Schlachtenszene
     manipulieren und damit den Ausgang der Schlacht verfälschen konnte.
    Warum das alles?
    Was war das Geheimnis?
    Was wusste Alain über
The Wake
, über jene Männer, die er als lächerliche Clowns hingestellt hatte? Warum rief Billy Alain an, wenn er sich Sorgen machte
     und beruhigt werdenmusste? Und was hatte all das mit der Frage zu tun, die noch heute beantwortet werden musste? Der Frage nämlich, warum auf
     der Leiche eines harmlosen russischen Ingenieurs, der unerwartet verstorben war, eine Strohpuppe gelegen hatte.
    Fletcher ging zu seinem Wagen zurück. Es war ein kleiner Nissan-Geländewagen, grünmetallic, ohne Klimaanlage. Er

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