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Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Titel: Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lennon
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sich von ihm frei. »Und was soll ich tun?«
    Er erklärte es ihr. Sie lag lang ausgestreckt im alten Bachbett und hörte zu, sah zum Himmel hinauf und flocht einen Weizenhalm
     zwischen ihre Finger.
    Schließlich sagte sie: »Ja. Das würde ich gern machen.«
     
    Fletcher fuhr nach Cambridge zurück, beide Fenster geöffnet, um den Fahrtwind hereinzulassen. Er schaute auf die Straße, doch
     in Gedanken war er anderswo. Er dachte über Ron Teversham nach.
    Teversham war als Erster am Unfallort erschienen, wollte aber nicht, dass diese Tatsache in den Berichten auftauchte. Er musste
     einen Angestellten im Archiv bestochen haben, von jeder Seite die entsprechende Ecke abzureißen. Warum hatte er sich diese
     Mühe gemacht?
    Weil er am Unfallort etwas
gesehen
hatte. Etwas, was sich in seinem Kopf festgesetzt hatte. Selbst als er aus dem Dienst entlassen wurde, hatte er es nicht vergessen.
     Und als Jake Skerrit Anfang des Jahres mit Olgas Geschichte zu ihm kam, erinnerte Teversham sich wieder daran und fand die
     Sache so vielversprechend, dass er seinen alten Kumpels von der Polizei ein paar Runden ausgab.
    Doch mit Teversham erlosch auch die Erinnerung, als sein Sierra gegen den Baum krachte. Die Insekten hatten sich an seiner
     Gehirnflüssigkeit gelabt, als wollten sie sein Wissen aufsaugen.
    Aber was war es, was er gesehen hatte? Ob es wohl auf den fehlenden Fotos zu sehen wäre, auf jenen Aufnahmen, die aus dem
     Bezirksarchiv verschwunden waren?
    Als er Cambridge erreichte, kam Fletcher ein neuer Gedanke. Er brauchte jemanden, der schon damals bei der Polizei gewesen
     war und Teversham vielleicht sogar gekannt hatte, jemanden, der gerüchteweise gehört haben könnte, um welche Szenen es da
     ging und was auf den Fotos zu sehen sein mochte. Er brauchte jemanden, dem er vertrauen konnte.
    So fuhr er also nicht zur Parkside-Wache, sondern bog westwärts auf die Ringstraße ab und erkundigte sich bei der Telefonauskunft
     nach einer Nummer. Die Ansage knisterte und rauschte so stark, als schwebte der Satellit gerade über Indien. Fletcher wählte.
    Er hörte das Klingelzeichen und dachte dabei an etwas, das sich in seiner Wohnung befand. Unter einem Fenster mit Blick auf
     die Dächer Cambridges stand ein Schreibtisch mit einer Schublade, in der er Verschiedenes aufbewahrte, Briefumschläge, einen
     Brieföffner und Briefmarken zum Beispiel. Ganz hinten in der Schublade lag eine schmale Lederschatulle, etwa so groß wie ein
     Zigarettenpäckchen. Rotes Leder mit eingeprägtem königlichem Siegel. Dieses Kästchen hatte Fletcher jahrelang nicht geöffnet,
     seit damals nicht, als der Chief Constable es ihm in einer etwas peinlichen Zeremonie überreicht hatte. Drinnen lag eine dünne
     runde Scheibe mit einem Band daran: der Polizeiorden für außerordentliche Leistungen im Dienst. Es bedeutete, dass es in Cambridge
     zumindest einen alten Polizisten gab, dem er vertrauen konnte. Nämlich einen, der ihm etwas schuldig war.
    Er wählte noch einmal.
    Nachdem er es lange hatte läuten lassen, nahm eine junge Frau ab und säuselte: »The Washpit in Girton. Möchten Sie einen Tisch
     reservieren?«
    »Ich möchte mit Stephen sprechen.«
    »Stephen hat gerade seine kreative Phase. Ab zwölf Uhr dreißig ist die Küche geöffnet.«
    »Richten Sie Stephen einfach aus, dass Tom Fletcher am Apparat ist. Sagen Sie ihm, dass ich über die alten Zeiten reden möchte.«
     
    Der Mann hieß Stephen Jenks. Damals war er ein drahtiger Detective Sergeant mit stahlgrauem Haar gewesen, der seit zwanzig
     Jahren denselben Rang innehatte und der den jungen Detective Constable Fletcher in der Parkside-Wache auf seine raue Art unter
     die Fittiche genommen hatte. Fletcher hatte seine barsche Herzlichkeit gemocht, und auch den nie endenden Strom von Geschichten
     aus Jenks’ Polizeilaufbahn.
    Die Kollegen hatten Jenks bemitleidet, der es bis zu seinerPensionierung nie weiter als bis zum Sergeant bringen würde – aber Jenks hatte Glück gehabt. Nämlich das Glück, im Dienst
     in eiskaltes Wasser zu fallen und davon ein Herzleiden zurückzubehalten. Die Entschädigungszahlung und die Frühpensionierung
     ermöglichten es ihm, seinen Traum zu verwirklichen und einen Anteil an einer heruntergekommenen Kneipe in dem kleinen Dorf
     Girton zu erwerben. Nach drei Jahren hatte er das Washpit in ein angesagtes Lokal verwandelt, es lag nah genug an der M11,
     um für Wochenendgäste attraktiv zu sein, und so dicht bei Cambridge, dass

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