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Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Titel: Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lennon
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weiß, dass ich das schaffe. Sie möchte, dass ich die Sache zu Ende bringe.
    Er rannte die Böschung hinunter und auf das Schilfdickicht zu, in dem die beiden Männer verschwunden waren. Die Verletzten
     kamen inzwischen mühsam auf die Beine, und der Torfboden war von Stroh- und Schilfbüscheln übersät, die sich als ockergelbe
     Flecken auf dem zertretenen Gras abzeichneten. Ein langgezogenes Donnergrollen rollte über die Felder hinweg.
     
    Sal Moresby ging über die Shamblings zurück und kam dabei an dem schwarzen Range Rover vorbei. Seine langen Antennen bogen
     sich leicht und zuckten wie Insektenfühler. Sie ging zwischen den Fachwerkhäusern und den Steinhäusern hindurch. Auf den Bürgersteigen
     und bei der Verkehrsinsel am Dorfeingang standen Leute und redeten aufgeregt miteinander. Zwei von uniformierter Polizei begleitete
     Krankenwagen bogen in die Straße ein. Es waren nicht die Polizisten aus dem weißen Transit.
    Sie wies sich bei einem jungen Constable aus und bat ihn, ihr seinen Teleskopschlagstock zu leihen. Dann ging sie immer schneller
     und rannte schließlich los, den Schlagstock in der Hand. Auf dem Parkplatz fiel ihr auf, dass sowohl der Transit als auch
     der Wagen des Hundeführers verschwunden waren. Sie packte den Schlagstock fester und marschierte direktauf Fletchers Nissan zu. Als sie das Seitenfenster einschlug, ging ein Scherbenregen nieder. Die Alarmanlage heulte. Sie öffnete
     das Heckschloss mit dem Hebel beim Fahrersitz und riss die Heckklappe auf.
    In einer Tragetasche lag eine stählerne Aktenkassette. Sie nahm den Deckel ab und kippte alles aus, was mit Shane Gaffys Tod
     zu tun hatte: die Mappen mit Berichten, Zeitungsausschnitten und Fotos. Das Gesuchte war nicht darunter, aber sie gab nicht
     auf.
    Als der Constable, dessen Schlagstock sie sich ausgeliehen hatte, hinter ihr auftauchte, drohte sie, ihm die Heckklappe auf
     den Kopf zu hauen. Da wich er zurück.
    In Terry Swilters Unterlagen fand sie dann endlich die Fotos aus dem sogenannten Doomsday Book, jene Fotos, die aus dem offiziellen
     Bericht verschwunden waren. Da war die Aufnahme der Trafostation bei Ulsingham Hall, auf der verschiedene Leute zu sehen waren,
     die am Unfallort zu tun hatten.
    Sal blickte sich nach dem Constable um. Da stand er, einfach nur ein junger Typ, der seine Arbeit tat.
     
    Kurz darauf drang Fletcher in den Schilfwald beim Seeufer vor. Er rannte und das Hemd klebte ihm feucht am Rücken – aber nach
     den öligen Schwaden des qualmenden Rennboots war er froh, das saubere Wasser zu riechen. Seerosen und andere Wasserpflanzen
     bewegten sich leicht auf der Oberfläche. Dann ließ er den See hinter sich und folgte dem Pfad entlang einem Seitenarm. Hin
     und wieder entdeckte er die Spur von Hundepfoten in der feuchten Erde, und manchmal den Abdruck eines Armeestiefels.
    Das Schilf knarrte, wenn er es im Vorbeilaufen streifte, und einmal huschte etwas vor ihm weg und glitt ins Wasser – ansonsten
     aber war es still. Das Thinbeach-Desaster war weit weg und das Knattern des kreisenden Hubschraubers kam nicht näher. Der
     Hubschrauber war noch so eine Überraschunggewesen. Er hatte Durst, seine Kehle war wie ausgedörrt.
    Nach einer halben Meile kam er zum Wrack eines Kanalbootes, dessen verzogene, faulige Planken von Moos überwuchert waren.
     Dort führte der Pfad einen Damm hinauf und aufs offene Feld hinaus. Über den federnden Torfboden, der unter seinen Gummisohlen
     einsank, kletterte er nach oben.
    Oben angekommen stellte er fest, dass an dieser Stelle die Weizenfelder auf die Foliengewächshäuser stießen.
    Die Kunststofftunnel wirkten vor dem düsteren Himmel wie die Seidenkokons einer Raupe: Die straff über Metallrippen gespannte
     weiße Folie wölbte sich schimmernd aus der schwarzen Moorerde heraus. Einige Mohnblumen hatten sich an den Rand des Tunnels
     verirrt und ihre Blüten ruhten an der Folienwand: rote Scheiben, so leuchtend und reglos wie Laservisiere.
    Von den beiden Männern war nichts zu sehen.
    Fletcher ging zum nächstgelegenen Tunnel. Jemand hatte die Folienwand mit der Hand durchstoßen, und durch den zerfetzten Schlitz
     drang von drinnen warmer Dunst heraus.
    Er blickte sich ein letztes Mal um. Er sah die Weizenfelder, das Schilfufer, den Turm der alten Kirche, die Kathedrale am
     Horizont – und über allem die Gewitterwolken, die sich am Himmel ballten.
    Dann schlüpfte er durch die Folie und betrat den Dschungel.
     
    Sal Moresby versuchte es noch

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