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Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Titel: Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lennon
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sich nun auf einer Kreuzung in der Mitte der Anlage: Hier waren keine Pflanzen, und der Verlauf des
     Tunnels war in beide Richtungen deutlicher erkennbar.Fletcher bemerkte, dass das Licht sich zunehmend verdüsterte. Draußen zog sich der Himmel zu und das Gewitter rückte näher.
    Iwan war schon dort. Er kniete bei einem Chinesen, der mit einem Erntemesser angegriffen worden war: Aus einem Schnitt in
     der Kehle floss Blut und durchtränkte das Hemd des Verwundeten. Das Opfer war bei Bewusstsein. Seine Hände zitterten und die
     Augen zuckten hin und her, während Iwan einen Stofffetzen auf die Wunde presste.
    Der Russe blickte auf. »Ich dachte, wir sind hier in England.«
    Genau. Ein russischer Killer rettet einen illegalen chinesischen Einwanderer vor einem belgischen Pferdemetzger.
    Dann kam ein Arbeiter, um sich um den Verletzten zu kümmern, und Iwan stand auf. Die Narbe an seinem Hals glänzte röter als
     je zuvor.
    »Können Sie Chinesisch? Ich auch nicht. Aber vermutlich hat er dem Jungen hier das Messer weggenommen.«
    Inzwischen scharten sich noch mehr Arbeiter um den Verletzten – darunter auch einige vielleicht neun- oder zehnjährige Kinder
     mit aufgerissenen Augen.
    Fletcher blickte sich in der Menge um. »Wo ist er jetzt?«
    Jemand spuckte aus und erwiderte etwas, wobei er in einen der Tunnel zeigte. Ein anderer Mann reichte Iwan eines der Erntemesser.
     Es hatte eine zerbeulte, etwa einen halben Meter lange Klinge und war rostfleckig, die Schneide jedoch geschliffen und scharf.
     Fletcher streckte die Hand aus, um Iwan zurückzuhalten, doch Iwan ging schon durch den Tunnel davon, die Klinge in der Hand.
    Fletcher war froh, dass er sich nicht hatte aufhalten lassen. Er folgte ihm aus dem Zentralbereich in einen anderen Gewächshaustunnel,
     wo Pflanzen und Feuchtigkeit die Luft wieder tropisch schwül machten und der Geruch von reifen Früchten fast wie eine Farbe
     in der Luft hing.
     
    Als ein Reifen in einem Schlagloch platzte, ließ Sal den Vectra stehen. Der Weg war ihr ohnehin von hohem Weizen versperrt,
     der bis an die Gewächshauswände heranwuchs. Der Hubschrauber war inzwischen verschwunden und am Himmel waren nur noch die
     tief hängenden Gewitterwolken zu sehen.
    Sie rannte den schmalen freien Streifen zwischen Weizen und Folie entlang, an der alten Kirche vorbei, deren eckiger Turm
     nur noch drei Wände hatte und von Moos und Efeu überwuchert war.
    Sie blieb einen Moment lang stehen.
    Im Inneren des normannischen Turms, aus der Ferne nicht zu sehen, stand ein graues Metallgerüst, das von einem Ring von Richtantennen
     gekrönt war. Das näher kommende Gewitter verursachte ein lautes statisches Summen und Knistern. Der Airwave-Funkmast.
    Sie rannte weiter. Sie sagte sich, dass sie nichts dafürkonnte. Sicher, da war diese sonderbar unpassende Bemerkung gewesen,
     doch sie hatte sie nicht wirklich registriert. Nur unbewusst hatte sie bei diesen Worten gestutzt und sie deswegen behalten.
     Aber wäre es nicht jedem anderen genauso gegangen? Jetzt blieb ihr nichts anderes übrig, als die Stelle zu finden, an der
     die drei Männer wieder aus den Gewächshäusern auftauchen würden. Falls sie überhaupt herauskamen.
     
    In diesem letzten Tunnel waren weniger Leute bei der Arbeit. Als Fletcher an ihnen vorbeieilte, hoben sie nur kurz den Kopf
     und deuteten mit einem Nicken zum Tunnelende. Fletcher behielt Iwan, dessen Nadelstreifenanzug inzwischen dunkel vor Schweiß
     war, durch den Dunstschleier hindurch im Auge.
    In diesem Moment drang von den Feldern draußen ein Geräusch herein, von dem die Tunnelwände trotz der windstillenLuft leise erbebten. Es war ein rhythmisches Dröhnen, das allmählich wieder abschwoll.
    Fletcher hörte eine Bewegung hinter sich, drehte sich um und sah, dass eines der chinesischen Kinder ihm nachgelaufen war,
     einen selbstgebastelten Drachen in der Hand. Der Junge zeigte auf das dort aufgemalte Bild: ein feuerspeiender Drache. Fletcher
     legte ihm die Hand auf die Schulter, schob ihn in den Tunnel zurück und ging weiter. Von draußen war noch immer das Dröhnen
     zu hören, jetzt weiter entfernt. Fletcher ging noch ein paar hundert Meter, bevor er am Ende des Gewächshauses ankam: einer
     im Wetterleuchten aufschimmernden weißen Folienwand.
    Von Alain de Minching war nichts zu sehen, doch Iwan stand vor der Folie, das lange Messer in der Hand und den Kopf schiefgelegt.
    Als Fletcher bei ihm ankam, wurde das, worauf Iwan gelauscht hatte, von dem

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