Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Titel: Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lennon
Vom Netzwerk:
sind hier recht selbstgenügsam, wie Ihnen schon aufgefallen
     sein dürfte. Eigentlich ist das hier immer noch eine kleine Insel.« Plötzlich lächelte er. »Und das ist ja kein Verbrechen,
     oder?«
     
    Der leitende Ingenieur saß an einem Tisch des Konferenzraums zwei Parteifunktionären gegenüber. Auf dem Tisch lag eine Mappe
     aus Karton. Die beiden Genossen beschrieben die Probleme mit den Traktoren und der Ingenieur machte sich mit seinem Minenbleistift
     Notizen.
    »Es sind verschiedene Ursachen denkbar« , erklärte er. »Eine Ferndiagnose ist schwer möglich. Wann kommen die Traktoren zurück?«
    Die Männer sahen nicht ihn an, sondern einen Punkt hinter seiner Schulter. Dann erklärte einer, dass Geschäftsbeziehungen
     mit kapitalistischen westlichen Gesellschaften immer problematisch seien.
    »Diesen Gesellschaften fehlt die Zuverlässigkeit. Ihre korrupten Politiker schließen Verträge ab, aus denen sie sich später
     herauswinden wollen . . .«
    »Die Sache ist die« , unterbrach ihn der zweite Genosse, »wir können die Traktoren nicht zurücknehmen. Die verdammten Dinger bleiben, wo sie sind.
     Und das heißt, dass Sie sich das Problem vor Ort ansehen müssen.«
    »Vor Ort?«
    »In England.«
    Es folgte ein langes Schweigen.
    »Ich soll selbst dorthin?«
    »Es handelt sich hier um ungewöhnliche Umstände, die außerordentliche Maßnahmen erfordern. Ein Visum für Sie liegt bereit.
     Zehn Tage sollten genügen, um jeden der Händler aufzusuchen. Sie werden von Süden nach Norden reisen.« Er schob die Mappe
     über den Tisch. »Hier ist Ihr Reiseplan. Wegen Ihrer Familie brauchen Sie sich nicht zu beunruhigen, Genosse Ingenieur. Während
     Ihrer Abwesenheit wird man sich sehr sorgfältig um sie kümmern.«
     
    Sal und Fletcher verließen Blindy House, stiegen den grasbewachsenen Damm hinauf und sahen auf den See hinunter. Der Mond
     spiegelte sich im Wasser und die Uferbinsen schimmerten tiefviolett. Sal atmete den Geruch des Grases und des Windes ein,
     der über die Felder strich.
    Dann berichtete sie: Alain hatte die örtliche Polizeiwache direkt angerufen, der Anruf war um 22.56   Uhr verzeichnet. Auf der Wache – wo zwei Beamte fehlten und keine Vertretung verfügbar war – hatte man die Sache an eine andere
     Polizeistation weitergeleitet, die sie aber wieder zurückgereicht hatte. Daraufhin war der Vorgang neu bewertet und als nicht
     dringlich eingestuft worden. Zu dem Zeitpunkt war Tevershams Schädel schon gegen den Stamm der Weide gekracht. Daran hatte
     keiner Schuld außer ihm selbst. Pech gehabt.
    Sal sah zu, wie Fletcher einen Stein aufhob und ins Wasser warf. »War es wirklich Pech?«, fragte er. »Iwan ist jedenfalls
     nicht zufällig hier. Er hat hier irgendwas zu tun.«
    Ihr Funkgerät summte. Als sie sich meldete, sah sie schon das Blaulicht eines Einsatzfahrzeugs, das mit Vollgas an Thinbeach
     vorbei über die Hauptstraße schoss. Noch bevor Sal die Nachricht hörte, ahnte sie, wohin das Blaulicht unterwegs war. Sein
     Widerschein legte sich auf das unruhige Wasser, blaue Linien kreuz und quer.
     
    Nachts und im Blaulichtgewitter des Krankenwagens wirkte Fen Lodge völlig verändert. In der großen Empfangshalle wimmelte
     es von Leuten in Sicherheitsjacken, die so wirkten, als ob sie nichts zu tun hätten.
    In der Küche saß Crispin Breakman mit einer Polizistin am Tisch und rührte in einer Teetasse. Sein Gesicht war mehr als bleich
     – es war aschgrau. Fletcher hörte sich seine Geschichte an.
    Crispin hatte bis in den Abend hinein im Büro über dem Bericht von Health and Safety gebrütet. Olga war allein zuHause gewesen. Als er sie gegen neunzehn Uhr anrief, hatte sie ganz normal geklungen. Gegen einundzwanzig Uhr war er nach
     Hause gekommen und hatte sie im Erdgeschoss gesucht. Dann war er nach oben gegangen. Dort hatte sie sich ein Arbeitszimmer
     eingerichtet.
    Fletcher nickte. Zusammen mit Sal ging er die Treppe bis zu einem breiten Treppenabsatz hinauf, von wo man durch zwei große
     Fenster den Mond über den Feldern stehen sah. Das einzige weitere Licht kam aus einer Tür, in der der Fotograf stand und seine
     Kamera einstellte. Er blickte auf und schüttelte den Kopf. Er war nicht mehr jung und hatte jetzt, am späten Abend, dunkle
     Ringe unter den Augen.
    »Das hier ist das Schlimmste von allen«, sagte er. »Wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Das Arbeitszimmer war viel größer, als Fletcher erwartet hatte. Es war perfekt eingerichtet: eine

Weitere Kostenlose Bücher