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Tod einer Verrückten

Tod einer Verrückten

Titel: Tod einer Verrückten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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ist sie gesund geworden? Wundert mich weniger, daß sie tot ist, als daß sie noch gelebt hat. Damals hat es geheißen, es geht ihr sehr schlecht … «
    »Dino! Der Lieferwagen wartet, und er versperrt die ganze Straße! «
    »Ich muß gehen. «
    »Warten Sie! Was ist mit ihr passiert? Ich muß es wissen. «
    »Dino! «
    »Ich muß gehen, aber fragen Sie hier irgend jemand – fragen Sie Signora Santoli, Nummer fünf, erster Stock. Es ist eine lange Geschichte, aber sie freut sich immer über Gesellschaft … Ja, ja, ich komme schon! «
    Er ließ seinen Besen fallen, eilte nach hinten und ließ den Maresciallo, der zum Haus Nummer fünf hinüberschaute, einfach stehen .

9
    »Wer ist da? «
    »Carabinieri.« Die Tür hatte einen Spion, und der Maresciallo war überzeugt, daß ein Auge zu ihm hinauslinste und seine Uniform in Augenschein nahm. Er trat einen Schritt zurück, damit er besser zu sehen war, und wartete ab, bis eine Kette entfernt und mehrere Riegel zurückgeschoben wurden. Als die Tür aufging, stand er einer Frau gegenüber, die ihn fragend ansah. Obwohl sie bestimmt um die Sechzig war, wirkte sie gesund und kräftig, hielt sich auffallend gerade und war so sorgfältig gekleidet, als erwartete sie Besuch .
    »Maresciallo Guarnaccia. Verzeihen Sie, wenn ich störe, aber ich würde Sie gern einen Augenblick sprechen.« Da er bemerkte, daß sich Besorgnis wie ein Schatten auf ihr Gesicht legte, fügte er hinzu: »Bitte machen Sie sich keine Sorgen, es ist alles in Ordnung. Es geht nur um ein paar Auskünfte, die ich mir von Ihnen erhoffe und die mir bei meinen Ermittlungen weiterhelfen könnten. «
    »Verstehe. Ich dachte schon, daß meine Schwiegermutter wieder einmal …« Sie blickte über ihre Schulter nach hinten und dann an ihm vorbei auf die Tür gegenüber .
    »Kommen Sie lieber herein. Sonst denken die Nachbarn noch … «
    Er folgte ihr in einen kleinen, aber blitzsauberen Flur .
    »Kommen Sie ins Wohnzimmer, da ist es gemütlicher. «
    Das Wohnzimmer war so makellos sauber wie der Flur, aber keineswegs gemütlich. Mit seinem glänzenden Holzfußboden und den symmetrisch angeordneten Stühlen erinnerte es an das Wartezimmer eines arrivierten Zahnarztes. Auf einem niedrigen, geschnitzten Tischchen lag sogar ein Packen ordentlich gestapelter Zeitschriften .
    »Bitte, nehmen Sie Platz. «
    Wenigstens war es kühl, so daß sich der Maresciallo recht gern in einem der kalten Ledersessel niederließ; den Hut samt Sonnenbrille balancierte er vorsichtig auf einem Knie. Die Frau saß kerzengerade auf einem Holzstuhl, schaute ihn an und wartete darauf, daß er zu sprechen begann .
    »Es geht um eine Frau, die früher hier in diesem Haus gewohnt hat. Es ist schon sehr lange her, aber vielleicht erinnern Sie sich an sie. Sie hieß Anna Clementina Franci. Ihr Mann hieß Chiari und hatte, soviel ich weiß, unten im Haus ein Ledergeschäft. «
    »Anna …?« Ihr Gesicht wurde lebhafter. »Aber … heute früh habe ich in der Zeitung gelesen … «
    »… daß sie ermordet wurde. Ja, das stimmt. Ich versuche etwas über ihre Vergangenheit herauszufinden, und da Sie im selben Haus gewohnt haben … «
    »Verstehe. Aber wie Sie schon sagten, das ist lange her. Dem Artikel habe ich entnommen, daß es Einbrecher waren. Zumindest entstand dieser Eindruck, also verstehe ich nicht ganz … Verzeihen Sie, Sie wissen natürlich am besten, was Sie zu tun haben. Ich bin nur etwas verwundert, das ist alles. «
    »Morde passieren eben«, sagte der Maresciallo, »und manchmal trifft es einen Menschen, den man kennt. «
    »Das ist es nicht. Ich weiß, was Sie meinen, aber als ich den Artikel gelesen habe, war ich, ehrlich gesagt, weniger überrascht, daß sie tot ist, als daß sie überhaupt so lange gelebt hat, auch wenn ich annehme, daß sie nicht klar bei Verstand war. «
    »Nein, sie war nicht klar bei Verstand. Sie hat mehrere Jahre in San Salvi zugebracht, bis die meisten Patienten dort entlassen wurden. «
    »Ja, ich weiß, daß sie nach San Salvi gekommen ist. «
    »Das wußten Sie? «
    »Aber sicher. Ich habe sie dort besucht. «
    »Wirklich? Demnach waren Sie eng befreundet?« Er konnte sich diese freundschaftliche, aber penibel saubere Frau zwischen den Insassen von San Salvi nur schwer vorstellen. Trotzdem machte sie den Eindruck einer starken Persönlichkeit, eines Menschen, der gelassen das tut, was er als seine Pflicht betrachtet, und sei sie noch so unangenehm .
    »Ich würde nicht unbedingt sagen, daß wir eng

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