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Tod einer Verrückten

Tod einer Verrückten

Titel: Tod einer Verrückten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Enttäuschung für uns beide, vor allem für mich, weil ich es von Berufs wegen gewöhnt war, Kinder um mich zu haben. Tja, man muß die Dinge eben nehmen, wie sie kommen, meinen Sie nicht? Und sofern ich nicht zu alt bin, wenn meine Schwiegermutter dahingeht, möchte ich Kinder betreuen. Heutzutage können sich nur wenige Leute Kindermädchen oder eine Gouvernante leisten, aber so viele junge Mütter müssen trotzdem arbeiten, so daß ich mich ganz bestimmt nützlich machen kann. «
    »Davon bin ich überzeugt. «
    »Soll ich Ihnen noch ein Glas Wasser holen? «
    »Nein. Nein, danke. «
    »Dann sollten Sie mir vielleicht sagen, was Sie über Anna wissen wollen. Ich will Ihre Zeit nicht damit vergeuden, daß ich von mir selbst erzähle. «
    »Ich möchte alles erfahren, was Sie mir sagen können. Ich weiß nämlich gar nichts über ihr Leben, bevor sie nach San Salvi kam, außer daß sie einen Mann und ein Kind hatte. «
    »Ach ja, die kleine Elena. Sie war ein reizendes kleines Mädchen, und so lebhaft. Sie hat viel Zeit hier oben bei mir verbracht – durch die kleine Elena habe ich Anna und ihren Mann kennengelernt. Obwohl wir schon lange Nachbarn waren, blieb es immer nur bei ein paar höflichen Worten, wenn wir uns unten begegnet sind. Sie haben im Parterre hinter der Werkstatt gewohnt. Er hat Ledertaschen und Gürtel und dergleichen gemacht, und ich glaube, es ging ihnen ganz gut. Ich bin nur zwei Mal in die Wohnung gekommen, aber obwohl sie klein war und im Erdgeschoß lag, hatte Anna sie sehr hübsch hergerichtet und ein paar Pflanzen in den winzigen Hinterhof gestellt, so daß man an heißen Abenden draußen sitzen konnte. «
    »Aber wohnten sie da hinter der Werkstatt mit einem Kind nicht sehr beengt? Wenn sein Geschäft gut ging … «
    »Sie waren dabei zu bauen. Im Rahmen so eines Baugenossenschaftsprojekts. Im Grunde sehr vernünftig, hier durchzuhalten, bis sie sich was Eigenes leisten konnten. «
    »Soviel ich gesehen habe, ist jetzt kein Geschäft mehr da unten. «
    »Ganz richtig. Da ist völlig umgebaut worden, und jetzt ist das eine elegante kleine Wohnung, die bestimmt ein Vermögen kostet. Sie wird immer an Ausländer vermietet. Seit der Überschwemmung hat sich in diesem Bezirk alles grundlegend verändert. Als ich hierherkam, war Florenz das verschlafenste Nest, das man sich vorstellen kann. Und jetzt dreht sich alles um Tourismus und Fast food. Die alten Lebensformen sind verschwunden, und alle Leute wollen schnell viel Geld machen. Es gibt zwar noch ausgezeichnetes Handwerk hier, aber inzwischen ist das ein Luxus. «
    »Da haben Sie recht. «
    »Annas Mann war ein Handwerker vom alten Schlag. Der arme Mann, er war noch keine Vierzig, als er starb. Ich habe ihn nicht gut gekannt, aber ich glaube, daß er sehr hart gearbeitet hat und ein sehr rechtschaffener Mensch war. Die kleine Elena war mein Liebling. Sie muß ungefähr ein halbes Jahr alt gewesen sein, als Anna eines Abends bei mir anklopfte. Sie war in Panik, weil das Kind krank war, und nachdem der Arzt bereits dagewesen war, ihr Medizin dagelassen und gemeint hatte, es sei nichts Ernstes, traute sie sich nicht, ihn noch einmal zu rufen. Obwohl wir uns nicht gut kannten, hatte sie gehört, daß ich früher Kinder betreut hatte, also kam sie, um mich um Rat zu fragen. Beim ersten Kind geraten Mütter leicht in Panik, mit dem Ergebnis, daß die Babys hysterisch werden. Als ich hinunterkam, hatte die Kleine seit Stunden geschrien, und die Eltern waren völlig aufgelöst, vor allem Anna. Wie sich dann herausstellte, als ich sie besser kennenlernte, wurde sie hysterisch, sobald auch nur eine Kleinigkeit schiefging. Den Grund dafür erfuhr ich erst viel später. Jedenfalls hat sich das Baby ziemlich rasch beruhigt, als es die Anwesenheit einer ausgeglichenen Person spürte, und danach kam Anna immer zu mir, wenn sie Hilfe brauchte. Es dauerte nicht lang, bis sie Elena heraufbrachte, wenn sie ihrem Mann im Geschäft half. Für mich war es eine große Freude, die Kleine zu hüten, und als sie starb, habe ich sie schrecklich vermißt. Merkwürdig, wenn man sich vorstellt, daß sie jetzt eine junge Frau wäre. «
    »Ist sie zusammen mit ihrem Vater umgekommen? «
    »Sie sind im Abstand von wenigen Minuten gestorben. Er hat versucht, sie zu retten. Haben Sie nicht einmal das gewußt? «
    »Gar nichts. Ich war damals nicht hier. Ich stamme nicht aus Florenz. «
    »Ach so. Leider habe ich trotz der vielen Jahre in Italien noch immer kein gutes Ohr

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