Tod einer Verrückten
Einbruchs ausgestellt, mit dem wir ihn zumindest vorerst hierbehalten können. «
»Sie können gleich noch einen ausstellen«, sagte der Maresciallo, vom Treppensteigen noch etwas außer Atem, »wegen Mordes. «
»Wegen …? «
»Er hat mehr oder minder gestanden. Aber am besten warten Sie damit bis morgen. Und dann brauche ich noch einen Haftbefehl. «
Es war ihm nicht bewußt, daß er dem Staatsanwalt buchstäblich Anweisungen gab. Auch wenn es diesem auffiel, erhob er zumindest keinen Einspruch. Der Mann, der sich einmal beschwert hatte, »daß dieser Mann aber auch nichts kapiert«, schaute den Maresciallo nur unsicher an, als dieser, mehr zu sich selbst, sagte: »Könnte sein, daß ich diesen anderen Haftbefehl noch heute abend brauche … «
»Verstehe. Auf welchen Namen? «
»Das weiß ich noch nicht. «
»Sie wissen … «
»Ich könnte es morgen feststellen, sobald das Einwohnermeldeamt aufmacht, aber der Kerl ist mir immer einen Schritt voraus, und diesmal muß ich ihm zuvorkommen, sonst schlüpft er mir durch die Finger. Ich muß ihn heute abend finden. Warten Sie mit Bruti bis morgen. Ich melde mich …« Damit trottete er langsam davon. Den Gesichtsausdruck des Staatsanwalts speicherte er als passend zu der Rückgabe der Schlüssel, ohne weiter darüber nachzudenken. Und als ihm der Staatsanwalt nachrief: »Wie geht es diesem Jungen …?«, hörte er es nicht einmal, sondern bog um die Ecke und ging seiner Wege. Falls es irgend jemandem gelungen wäre, ihn aus diesem Zustand herauszureißen und Auskunft darüber zu verlangen, wohin er ging und wie er es anzustellen gedachte, einen Mann, von dem er weder Namen noch Aufenthaltsort kannte, zu stellen, hätte er darauf keine Antwort zu geben vermocht. Aber wenn er in diesem Zustand war, konnte niemand zu ihm durchdringen, auch dann nicht, als er sich ohne klar ersichtlichen Grund wieder auf seinem Posten einfand und im Warteraum die weinende junge Frau antraf, die gerade ihr Taschentuch zusammenfaltete. Er führte sie in sein Büro und setzte sich hin, bereit, ihr geduldig zuzuhören, während er sie aus großen Augen anschaute, ohne sie wirklich wahrzunehmen .
»Noch zwei Wochen, dann hätte es nichts mehr ausgemacht – wenigstens hätte ich Zeit gehabt, mich nach etwas anderem umzusehen, aber Laura sagt, ich soll sofort gehen, damit ich da nicht hineingezogen werde, und außerdem wirft er mich bestimmt sowieso raus. Laura ist schon gegangen. Als sie heute morgen aus dem Urlaub zurückkam, hat sie sofort ihre Büroschubladen geleert und ist verschwunden, aber schließlich ist sie verheiratet, sie braucht keine Aufenthaltsgenehmigung – aber wenn ich in diese Geschichte hineingezogen werde, kriege ich nie eine, obwohl es nicht meine Schuld ist. Wenn es doch nur zwei Wochen später passiert wäre! Lauras Mann arbeitet in derselben Branche, deshalb konnte er sich ausrechnen, was da läuft, und deshalb ist sie auch gegangen, aber was soll ich bloß machen? «
Langsam und ziemlich ungeduldig begann der Maresciallo, diesen Wust an Informationen zu entwirren. Wie gewohnt, wurde das Lamento der jungen Frau nicht von Schluchzern unterbrochen, dafür rollten ihr beim Sprechen dicke Tränen über die Wangen; das Taschentuch, das sie in einer Hand zusammengeknüllt hatte, war klatschnaß. Der Maresciallo gab ihr seines, das bald genauso aussah .
»Warum zwei Wochen? «
»Weil dann die zweimonatige Probezeit vorbei gewesen wäre und er mich fest hätte anstellen müssen. «
»Aber es gefällt Ihnen dort doch nicht. «
»Ich weiß, aber dann hätte ich kündigen können. «
»Sie wollen fest angestellt werden, damit Sie kündigen können? «
»Ja. Und was soll ich jetzt machen? Wie komme ich jetzt über die Runden? «
Er suchte in seinen Taschen nach einem zweiten Taschentuch, fand aber keines. Dafür entdeckte er in einer Schublade ein Päckchen Papiertaschentücher und schob es ihr über den Schreibtisch zu .
»Danke. Sie sind der einzige Mensch, der mir helfen kann. Ich weiß nicht, an wen ich mich sonst wenden sollte. «
Inzwischen hatte er sich einen Reim auf alles gemacht .
»Ihre Aufenthaltsgenehmigung, ist die das Problem? «
»Natürlich. Das sage ich doch. Sobald ich fest angestellt bin … «
»Verstehe. Um eine Aufenthaltsgenehmigung für fünf Jahre zu bekommen, müssen Sie nachweisen, daß Sie ein festes Arbeitsverhältnis haben und Ihren Lebensunterhalt bestreiten können. «
»Die vorläufige Aufenthaltsgenehmigung läuft
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