Tod einer Verrückten
Rossis, mit der Zwangsräumung gedroht hatte. Als ich sie nach den Bedingungen ihres Mietvertrages fragte, sagte sie, sie habe keinen und zahle auch keine Miete, weil sie in dieser Wohnung Wohnrecht auf Lebenszeit habe. «
»Hat sie gesagt, daß das Haus ihrer Schwester gehört? «
»Ja. Dann stimmte das also. Es ist eine so abstruse Geschichte, und ich bin heilfroh, daß Sie sie schon teilweise kennen. Ja, sie hat gesagt, das Haus habe ihrer Schwester gehört, aber die sei inzwischen gestorben, so daß jetzt ihr Schwager der Eigentümer sei. Trotzdem habe sie Wohnrecht auf Lebenszeit. Das zumindest erschien mir ganz plausibel, aber was dann kam, klang weniger glaubhaft. Hätte sie mir klipp und klar gesagt, daß sie in San Salvi gewesen war, hätte die ganze Geschichte einen Sinn ergeben, aber das hat sie mir verschwiegen. Sie hat mir nur gesagt, daß dieser Mann sie regelrecht tyrannisiert und ihr gedroht hat, sie einsperren zu lassen, wenn sie nicht auszieht, so daß er die Wohnung verkaufen kann. Und als sie sich geweigert hat auszuziehen, hat er ihr angeblich gedroht, ihr ihre Rente vorzuenthalten .
›Sie werden mich fortbringen. Wenn ich nicht nachweisen kann, daß ich eine Wohnung und Arbeit habe, bringen sie mich fort. Aber ich denk nicht dran zu gehen!‹ Sie hatte eindeutig panische Angst, aber was sie sagte, ergab einfach keinen Sinn. Dieser Mensch muß versucht haben, ihr einzureden, sie müßte in die Anstalt zurück. Wenn sie mir nur etwas von San Salvi gesagt hätte, hätte ich mich dort erkundigt. Wenn sie so viele Jahre dort verbracht hat, ist es gut möglich, daß sie nicht mehr selbst über ihr Geld und ihre Rente verfügen durfte. Aber leider muß ich gestehen, daß ich ihr einfach nicht geglaubt habe, zumindest nicht in ausreichendem Maß. «
»Und was haben Sie gemacht? «
»Ich habe ihr gesagt, wenn sie, wie sie behauptet, laut Testament ihrer Schwester das Wohnrecht in ihrer Wohnung hat, soll sie sich eine Kopie des Testaments besorgen und sie mir bringen. Wenn ihre Angaben stimmen, könnte man sie unter keinen Umständen zwingen, die Wohnung zu räumen, und wir würden die Sache für sie in die Hand nehmen. Danach habe ich sie nicht mehr gesehen. Ach – sie sagte noch, dieser Mensch hätte schon einmal versucht, sie mit einer Urlaubsreise, die er finanzieren wollte, aus der Wohnung zu locken, ausgerechnet mit einer Kreuzfahrt .
›Aber ich durchschaue alle seine Tricks! Es war dumm von meiner Schwester, daß sie ihn ihr Leben lang ertragen hat, aber ich bin nicht so dumm! Es wird ihm nicht gelingen, mich einsperren zu lassen!‹ Ist es da ein Wunder, daß ich ihr nicht geglaubt habe? «
»Überhaupt nicht. «
»Wenn sie mir nur die ganze Wahrheit gesagt hätte! Aber was geschehen ist, ist geschehen. Und inzwischen bin ich ziemlich sicher, daß dieser Mann sie nicht nur bedroht, sondern auch betrogen hat, denn wenn er ihr Vormund war … «
»Ja. Ich halte es für gut möglich, daß er sie um ein großes Erbe betrogen hat. «
»Und ich habe sie losgeschickt, damit sie eine Abschrift des Testaments besorgt! Eigentlich sind wir dazu da, Leuten zu helfen; darüber habe ich den ganzen Nachmittag nachgedacht, seit ich Sie zum ersten Mal angerufen habe. Wenn ich nicht gewesen wäre, hätte er sie vielleicht aus der Wohnung geekelt, aber sie wäre noch am Leben. «
»Menschen zu helfen ist nicht leicht. Sie hat Ihnen nicht die ganze Wahrheit gesagt. Das tun die Leute nie.« Auch er erzählte ihr jetzt nicht, daß die Rossis versucht hatten, ihr Baby vor ihm zu verstecken. Schließlich hatte er ihnen auch nicht die Wahrheit gesagt .
»Aber die Konsequenzen in diesem Fall waren … Wissen Sie, ich habe ihr gesagt, daß wir einen Anwalt haben, der sich um die Angelegenheit kümmern würde. Bestimmt hat sie ihrem Schwager damit gedroht. Als ich erfahren habe, daß sie tot ist – auch schon, als von Selbstmord die Rede war –, habe ich mich schrecklich schuldig gefühlt, weil ich ihr nicht ganz geglaubt habe. Und als sich herausstellte, daß es Mord war … Glauben Sie, daß ihr Schwager es getan hat … «
»Ja und nein. Er hat jemand anderen damit beauftragt. «
»Bestimmt geht es um sehr viel Geld, wenn er ein solches Risiko eingeht. «
»Ich bezweifle, daß die Dinge so einfach liegen. Ich halte ihn nicht für einen Gewohnheitsverbrecher, sondern glaube eher, daß er verzweifelt ist. Wahrscheinlich hat er ihr Geld längst ausgegeben. «
»Vielleicht haben Sie recht. Wie dem auch
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