Tod einer Verrückten
demnächst ab – die habe ich für die Probezeit bekommen, und danach sollte ich bei der questura eine Bestätigung von meinem Chef vorlegen, daß ich fest angestellt bin … «
»Verstehe. Aber davon geht doch die Welt nicht unter. Sie müssen sich eben eine andere Arbeit und wieder eine vorläufige Aufenthaltsgenehmigung besorgen und noch mal von vorne anfangen. «
»Aber wenn das alles rauskommt, kriege ich überhaupt keine Aufenthaltsgenehmigung mehr. Selbst wenn ich tue, was Laura mir geraten hat, und auf der Stelle gehe, würde die Polizei trotzdem hinter mir her sein, oder? Die glauben bestimmt, daß ich da mit drinstecke, obwohl ich keine Ahnung davon hatte, bis Lauras Mann … «
»Diese Laura – ich nehme an, sie arbeitet in Ihrer Firma –, was genau hat sie Ihnen gesagt? «
»Was für krumme Sachen er macht! Als ich ihr erzählt habe, wie er mich wegen der Etiketten angebrüllt hat, hat sie es ihrem Mann weitererzählt, und der wußte sofort, was da läuft, und hat gemeint, unser Chef sei beileibe nicht der einzige, der solche Sachen macht, und er habe gehört, daß einige Leute wegen unbezahlter Rechnungen hinter ihm her seien, und sollte sich die Situation zuspitzen, würde alles ans Licht kommen. Und wenn ich mir vorstelle, daß er das alles an mir ausgelassen hat, ist das das Schlimmste! Wie hätte ich das mit den blöden Knöpfen wissen sollen? Ich hatte eine Bestellung über dreitausend Stück … «
»Signorina, würden Sie mir genau erklären, was für ›krumme Sachen‹ Ihr Chef Ihrer Meinung nach macht? «
»Das hat mit den Etiketten zu tun. «
»Nicht mit den Knöpfen? «
»Die Knöpfe müssen ausgetauscht werden, das ist der springende Punkt! Mir war den ganzen Tag elend, wenn ich nur daran gedacht habe. Der Arzt hat mir Antibiotika verschrieben und gemeint, es könnte ein Virus sein, aber der ahnt ja nicht, was ich durchmache. «
»Möchten Sie einen Kaffee? «
»Nein. Doch. Ich würde gern eine Zigarette rauchen, wenn es Ihnen nichts ausmacht. «
»Nur zu. «
Er stand auf und bat Di Nuccio, einen Kaffee zu bringen; dann ließ er sie weiterreden, bis der Kaffee kam, bevor er einen neuen Anlauf nahm .
»Wo genau liegt das Problem bei diesen Etiketten? «
»Da steht ›Made in Italy‹ drauf, aber das trifft nicht zu. «
»Auf die Etiketten? «
»Auf die Kleidungsstücke. Die werden in Taiwan oder sonstwo hergestellt. Wo, weiß ich nicht. Lauras Mann behauptet, das sei Betrug. Und dagegen gibt es ein Gesetz. «
»Das gibt es. «
»Dann stimmt es also. Und er glaubt, er kommt damit durch, wenn er die Sachen in Italien fertigstellen läßt, also werden die Knöpfe hier angenäht. Nur hat der Hersteller diesmal einen Fehler gemacht und das Zeug bereits mit den Knöpfen geliefert, und ich habe nicht gewußt, welche Rolle die spielen, woher denn auch? Wir waren mit der Lieferung ohnehin in Verzug, und deshalb … «
»Schon gut. Trinken Sie Ihren Kaffee, bevor er kalt wird. «
»Jetzt habe ich seine scheußlichen Knöpfe auswechseln lassen, aber dadurch hat sich die Lieferung so verzögert, daß die Kunden heute früh aus Deutschland angerufen und sich geweigert haben, sie noch anzunehmen. Er wird mich garantiert feuern. «
»Im Augenblick ist er doch gar nicht da, oder? «
»Er ruft aber jeden Tag an. Und zwischendurch war er da, wie oft, weiß ich nicht, und ist herumgerannt und hat mich wüst beschimpft und ist dann zu seiner schrecklichen Frau ans Meer zurückgebraust. Wenn Sie mich fragen, ist sie der Grund für den ganzen Ärger. Schließlich läuft das Geschäft auf ihren Namen. Solche Frauen machen mich ganz krank. Selbst rühren sie keinen Finger, finden aber immer einen Dummen, der die Drecksarbeit für sie macht. Aber so, wie es aussieht, muß sie sich einen anderen Trottel suchen, weil diese stornierte Bestellung das Faß zum Überlaufen bringt. Laura macht die Buchhaltung, beziehungsweise hat sie gemacht, und sie muß es wissen. Wenn er bankrott geht, was passiert dann mit mir? «
»Nichts, Signorina. «
»Wenn ich vor dem großen Knall gehe, wie Laura mir rät, könnte es aussehen, als wollte ich weglaufen, weil ich bei dem Betrug die Finger mit im Spiel habe, aber wenn ich warte, bis er mich rauswirft, wird es um so schwieriger, einen neuen Job zu finden. Also, was soll ich tun? «
»Nichts. «
»Wie stellen Sie sich das vor? «
»Gehen Sie nach Hause und schlafen Sie sich gründlich aus. Dann machen Sie Ihre Arbeit weiter, so gut es geht, und schauen
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