Tod eines Centurio
du, daß meine Männer seinen Leichnam ins Lager tragen?« fragte Carbo.
»Laßt ihn bitte bis Tagesanbruch liegen«, sagte ich. »Sobald die Sonne aufgegangen ist, möchte ich die Leiche und den Tatort eingehend inspizieren.«
»Also gut«, sagte Caesar erneut. »Es ist wahrscheinlich besser, ihn nicht nächtens ins Lager zu schaffen. Die Trompeten werden ohnehin bald den Weckruf blasen, und die Soldaten stehen auf. Wenn wir ihn dann zurückbringen, können wenigstens alle sehen, was heute nacht passiert ist. Garbo, führe alle deine Männer hierher, um die Stelle zu sichern, aber halte sie in angemessener Entfernung. Auf geht's, meine Herren. Wir haben Pläne zu besprechen.« Er wandte sich zum Gehen.
»Mit deiner Erlaubnis, Prokonsul«, sagte ich, »möchte auch ich bis Tagesanbruch hier bleiben, um sicher zu gehen, daß sich niemand dem Tatort nähert.«
»Wie du wünschst«, sagte Caesar und machte sich auf den Rückweg ins Lager. Garbo ging los, um seine Männer zusammen zu trommeln, und die anderen folgten Caesar. Jeder von ihnen musterte mich verwundert, keiner hatte eine Ahnung, was er von mir halten sollte. Labienus blieb noch einen Moment zurück.
»Metellus, was für ein Mensch bist du? Ich habe noch nie einen Mann gesehen, der sich derart schamlos und unverfroren aufgeführt hat. Bist du ein Held oder nur eine Art Irrer?«
»Eine Frau hat mich einmal eine männliche Harpyie genannt.
Ich spüre Übeltätern nach, bis ich sie zur Strecke gebracht und ihrem verdienten Schicksal zugeführt habe.«
Er nickte. »Das klärt die Sache. Du bist ein Irrer.« Mit diesen Worten ging er davon.
Die Auxilia vertrieben sich ihre Zeit mit einem Würfelspiel im Fackellicht. »Wo ist der Mann, der die Leiche entdeckt hat?«
Einer der Würfelspieler rief etwas über seine Schulter, und ein Mann trat aus dem Dunkel wie ein Stück Finsternis, das sich aus der Nacht gelöst hatte und zum Leben erwacht war.
»Erzähl mir, wie du ihn entdeckt hast«, sagte ich.
»Wir haben unsere nächtliche Suchaktion durchgeführt...«
»Zuerst möchte ich wissen, wer du bist.«
»Ich bin lonus von den gallischen Spähern, die der zweiten Kohorte zugeordnet sind«, begann er mit einem so schweren Akzent, daß ich ihn nur mit Mühe verstehen konnte. Die Auxilia sind nur in Kohorten, nie in Legionen organisiert. »Wir stehen unter dem Kommando von Hauptmann Garbo, kühn wie ein Löwe, schlau wie eine Schlange, männlich wie ein Wildschwein...«
»Ja, ja, Hauptmann Carbos Tugenden sind mir bekannt. Wir sind alte Freunde. Erzähl mir einfach, wie du den Toten entdeckt hast.«
»Jeden Abend direkt nach Einbruch der Dunkelheit durchkämmen wir das Gelände nach Helvetiern, die möglicherweise durch den Sumpf vorgedrungen sind. Vom Lager aus fächern sich die leichtbewaffneten Flankier in zwei Linien bis zu dem großen Damm zur Linken auf. Hauptmann Garbo befehligt uns von der rechten Flanke aus. Auf sein Kommando hin marschieren wir langsam bis zum See hinunter.
Wir Späher gehen hundert Schritte vor den Linien. Wir sind ausgewählte Männer, die bekannt sind für ihre gute Nachtsicht und die Fähigkeit, sich lautlos zu bewegen. Mein eigener Stamm, die Volcer, ist besonders berühmt für diese Talente.«
»Ich nehme an, ihr seid auch große Viehdiebe?«
»Die allerbesten!« erklärte er mit einem stolzen Grinsen.
Genau wie die Griechen Homers das Seeräubertum für die Berufung anständiger Männer und unsere Vorfahren den Raub von Frauen für völlig korrekt gehalten hatten, glaubten die Gallier, daß Viehdiebstahl ein prächtiger Sport und ein legitimes Mittel zur Mehrung des eigenen Wohlstands war.
»Und weiter? Ihr seid zu eurer allabendlichen Suchaktion aufgebrochen. Habt ihr irgendwelche Eindringlinge aufspüren können?«
»Heute nacht haben wir keine entdeckt, und das kam uns merkwürdig vor, weil wir normalerweise mindestens drei Mann, manchmal auch ganze Scharen von ihnen aufscheuchen.
Vielleicht liegt für die Helvetier auf dieser Nacht ein schlechtes Omen, so daß sie die Ausflüge lieber verschoben haben.« »Ihr seid bis zum See vorgedrungen?«
»Ja. Dann hat Hauptmann Garbo den Spähern befohlen, die umliegenden Gewässer gründlich abzusuchen. Manchmal verstecken sich die Eindringlinge im Schilf, bis der Suchtrupp wieder abgezogen ist. Ich habe diese Speerkämpfer angeführt«, er wies auf die würfelnden Flankier, »und wir sind hierhergekommen. Da habe ich den toten Mann entdeckt.«
»Das ist also gar nicht
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