Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod eines Centurio

Tod eines Centurio

Titel: Tod eines Centurio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
Podium hatte man einen Scheiterhaufen errichtet, auf dem Titus Vinius lag. Um den Scheiterhaufen waren die Standartenträger aufgezogen, ihre Fahnen zum Zeichen der Trauer in dunkle Tücher gehüllt. Neben dem Aquilifer standen die beiden Trompeter, die großen Cornus auf ihre Schultern gestützt. Als Caesar das Podium bestiegen hatte, riefen sie die Versammlung mit ihren Instrumenten zur Aufmerksamkeit.
    »Soldaten!« begann Caesar ohne jede Vorrede. »Der Erste Speer der Zehnten Legion ist tot, und alle Anzeichen weisen darauf hin, daß er ermordet wurde. Bis die Schuldigen entlarvt sind, verhänge ich folgende Strafen: Die Erste Kohorte, deren befehlshabender Offizier Titus Vinius war, ist in Schande von allen Ehren auszuschließen, bis der Forderung nach Gerechtigkeit Genüge getan ist. Sie wird keinerlei militärischen Dienst tun, sondern darf nur niedere Arbeiten verrichten. Es ist ihr verboten, ihren Offizieren und ihren Standarten zu salutieren, und ihr Gruß darf nicht erwidert werden.
    Der Ersten Centurie der Ersten Kohorte wird wegen ihres Versagens, das Leben ihres Kommandanten zu schützen, jeder Umgang mit ehrenhaften Soldaten verwehrt. Sie hat ihre Zelte außerhalb des Lagerwalls aufzuschlagen und dort zu bleiben, bis der Forderung nach Gerechtigkeit Genüge getan wurde.« Die gesamte versammelte Legion hielt die Luft an. Dies war eine grausame Strafe, nur eine Hinrichtung wäre schlimmer gewesen.
    In gewisser Weise war sie sogar noch brutaler, weil jeder der Männer von den Galliern getötet werden konnte. Doch Caesar war noch nicht fertig.
    »Dieses Contubernium«, sagte er, auf die entwaffneten Männer weisend, »steht unter Arrest und wird unter Bewachung gestellt. Auf ihnen lastet der größte Verdacht. Ich werde heute nach Italien aufbrechen, um Verstärkung aufzutreiben und hierher zu führen. Wenn ihre Unschuld bis zu meiner Rückkehr nicht bewiesen ist, werden sie hingerichtet. Da es Bürger sind, können sie nicht gekreuzigt werden. Deswegen verhänge ich folgende Strafe: Der Rest der Ersten Kohorte wird zwei einander gegenüberstehende Linien bilden, und jeder Mann wird mit einem Stock bewaffnet. Diese Männer werden nackt zwischen den beiden Linien hindurch laufen, um von ihren Kameraden zu Tode geprügelt zu werden. Wenn einer der Delinquenten noch lebt, wenn er das Ende der Formation erreicht hat, wird er umkehren und denselben Weg noch mal gehen, so lange, bis er tot ist.«
    Er machte eine kurze Pause und begann dann mit den Bestattungsriten. »Laßt uns jetzt den Schatten unseres Kameraden Titus Vinius zur letzten Ruhe geleiten.« Er absolvierte die Anrufungen der Götter, die so archaisch waren, daß kein Mensch mehr als eines von fünf Worten verstand. Dann hielt er die traditionelle Grabrede. Er zählte Vinius' hervorragende Eigenschaften auf, die Höhepunkte seiner Karriere und die zahlreichen Auszeichnungen für Tapferkeit, bevor er mit einem Dank für seine Dienste endete, die auf dem bevorstehenden Feldzug schmerzlich vermißt werden würden.
    Militärischtaktisch mochte das richtig sein, doch ich persönlich würde ihn kein bißchen vermissen. Mir tat es nur wegen des Unglücks leid, das sein Tod herauf beschworen hatte.
    Mit einer letzten Anrufung der Götter stieg Caesar von seinem Podium herab und warf die erste Fackel in den ölgetränkten Holzhaufen. Bald brannte er fröhlich lodernd, während die ganze Armee stillstand und zusah, wie die Flammen gen Himmel schlugen und die Leiche des Titus Vinius verzehrten, zusammen mit seiner wertvollen Rüstung und einigen überaus kostbaren Ausstattungsgegenständen.
    Als der Scheiterhaufen niedergebrannt war, bliesen die Cornicines zum Wegtreten, und die Legion zerstreute sich. Ich trat zu einer Gruppe von Offizieren, die vor dem Praetorium Caesars Offiziersappell erwarteten. Die niedergeschlagene Armee marschierte an uns vorbei, zuletzt kam die Erste Kohorte.
    Die Gesichter der Männer spiegelten eine erbärmliche Mischung aus Furcht, Wut und Scham wider.
    »Da gehen ein paar sehr unglückliche Männer«, bemerkte ich.
    Das war ausnahmsweise einmal nicht schnoddrig gemeint, aber irgend etwas an meinem Ton muß nicht gestimmt haben, weil ein in der Nähe stehender Mann herumfuhr und auf mich zukam.
    Es war einer der Centurionen, sein großer hufförmiger Helmbusch war braunweiß gestreift. Er baute sich einen Schritt vor mir auf und bellte mir ins Gesicht.
    »Natürlich sind sie unglücklich! Sie sind die Erste der Zehnten, die besten

Weitere Kostenlose Bücher