Tod eines Centurio
verwendet man einige Gedanken auf Foltermethoden und farbenprächtige Hinrichtungen. Jeder Soldat der Armee, der lebendig in die Hände der Feinde fällt, hat Schlimmeres zu erwarten als das Kreuz. Außerdem«, fügte er grinsend hinzu, »werden diese alten Essigtrinker wohl kaum glauben, daß jemand wie ich einen Mann wie Titus Vinius überwältigen könnte.«
»Wer immer es getan hat, war nicht allein«, sagte ich, »und um mit einem Dolch zu zustoßen, muß man kein Riese sein.«
»Das ist aber reichlich weit hergeholt, Herr«, sagte er, klang jedoch nicht mehr ganz so selbstsicher. »Denk nur daran, daß du unter Verdacht stehst, und verhalte dich entsprechend. Wie viele Sklaven hatte Vinius?«
»Du meinst, hier im Lager?«
»Ja.«
»Nur mich und Freda. Er hat... hatte ein Anwesen in Italien, aber ich habe es nie gesehen.«
»Kein Koch, Diener oder Reitknecht?«
»Ich bin alles auf einmal, außerdem noch Dolmetscher.«
»Und was macht Freda... nun ja, ich nehme an, ich muß dich nicht fragen, welche Dienste sie ihm geleistet hat.« MoIon grinste vielsagend, und ich boxte ihn in die Seite.
Wir kamen ins Lager, und ich fand Trost in dem Gedanken, daß ich mich heute morgen nicht bei meinem Waffenausbilder melden mußte. Insgeheim war ich jedoch recht froh, daß Caesar mich zu dieser Tortur verurteilt hatte. Ich hatte nicht geahnt, wie sehr ich außer Form war, und das ist kein guter Zustand, wenn man in einen Krieg zieht. Jedenfalls nahm ich mir vor, zwei Stunden am Tag zu trainieren, bis ich wieder so gut war wie eh und je, wenn nicht besser.
Ich befahl Molon, sich mit Vinius' Habseligkeiten bei mir im Praetorium zu melden, was er zu tun gelobte, und kehrte zu meinem Zelt zrück. Auf dem Weg durchs Lager versuchte ich die Stimmung unter den Soldaten auf zufangen. Sie polierten ihre Ausstattung für die formelle Parade, doch jede Festlichkeit ging ihnen ab. Sie sprachen mit gedämpften Stimmen, ihre Mienen waren furchtsam und niedergedrückt.
Außerdem blickten sie zu oft zum Himmel hoch. Unter Soldaten ist das ein schlechtes Zeichen, weil es bedeutet, daß sie aus mangelndem Selbstvertrauen nach Omen Ausschau halten.
Sie ordneten die Büsche auf ihren Helmen, die von gemeinen Soldaten nur zu Paraden und in der Schlacht getragen werden, und nahmen die eingeölten Schutztücher von ihren Schilden. Wegen seiner Schichtkonstruktion ist das Scutum sehr anfällig für Feuchtigkeit und weicht leicht durch. Deswegen wird es die meiste Zeit zugedeckt gehalten und die in leuchtenden Farben bemalte und reichhaltig verzierte Vorderseite nur für eine Parade und die Schlacht selbst enthüllt. Doch weder Farbe und Vergoldung noch sämtliche Federn und Pferdehaare der Welt konnten diese Legion wie die beste Roms aussehen lassen. Die Gallier hatten sich noch nicht einmal in voller Stärke blicken lassen, doch die Zehnte sah jetzt schon aus wie eine geschlagene Armee.
Hermes erwartete mich mit dem Frühstück sowie heißem Wasser und einem trinkbaren Wein. Manchmal war er doch nicht nur eine Last.
»Stimmt es, was ich gehört habe?« fragte er, als ich mich über mein Frühstück hermachte.
»Wenn du gehört hast, daß der Erste Speer getötet wurde, stimmt es«, sagte ich mit vollem Mund. »Ob er ermordet wurde, konnte noch nicht zweifelsfrei geklärt werden, aber wenn die Gallier ihn abgemurkst haben, haben sie ihn vorher dazu gebracht, sich äußerst merkwürdig zu kleiden.«
»Dies ist eine merkwürdige Armee und ein seltsamer Krieg«, erklärte Hermes. »Ich finde, wir sollten heimgehen.«
»Wenn das möglich wäre, hättest du ernsthafte Schwierigkeiten, mit mir mitzuhalten. Und glaub mir, selbst im besten aller möglichen Kriege ist es noch übel, bei der Armee zu sein.
Und jetzt lauf zu deiner Waffenausbildung und laß mich nach denken.«
Und so saß ich in meinem Klappstuhl und versuchte nachzudenken, doch die Gedanken kamen nicht. Erschöpfende Tage und kurze Nächte verlangten ihren Tribut. Die vergangene Nacht war mit kaum mehr als zwei Stunden Schlaf und jeder Menge Aufregung noch kürzer gewesen als die meisten anderen, und jetzt begann ein weiterer Tag, und was mich erwartete, gefiel mir gar nicht.
Bisher war ich für die Zehnte Legion nicht mehr als ein Sonderling gewesen. Das war nichts Neues. Auch in Rom galt ich als eine Art Sonderling. Doch jetzt war ich Chefermittler, was mich zum unbeliebtesten Mann ganz Galliens machen würde. Meine Nachforschungen würden wahrscheinlich einen oder
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