Tod eines Centurio
Berufssoldaten noch nie verstanden. »Bis morgen dann, Optio.« Ich schwang mich auf mein Pferd, und wir ritten davon.
»Ich möchte, daß du trotzdem nächtliche Patrouillen aufstellst«, erklärte ich Lovernius. »Sie mögen sture Idioten sein, aber sie sollten dessen ungeachtet nicht einer solchen Gefahr ausgesetzt werden, nur weil ein Mann wie Vinius sich hat ermorden lassen.«
»Was immer du befiehlst, Hauptmann.« An jenem Abend machte ich mich daran, die Hinterlassenschaft des Ersten Speers durchzusehen, eine alles in allem durchaus überschaubare Aufgabe. Eine Legion hat weite Strecken zurück zu legen, und selbst einem höheren Offizier wurden nicht mehr als vier oder fünf Packesel für seinen persönlichen Bedarf zugestanden. Die Truhe, in der Vinius seine Paraderüstung und seine Orden aufbewahrt hatte, war jetzt leer, da diese Gegenstände mit dem Leichnam verbrannt worden waren.
Es gab eine weitere Truhe für seine Kleidung und eine für seine Waffen und die Feldausrüstung, die fast identisch war mit der eines gemeinen Legionärs, wenn auch von besserer Qualität.
Eine weitere Kiste enthielt eingelegte Lebensmittel, Honigtöpfe und Gewürze; die Art kleiner Annehmlichkeiten und Luxusgüter, die jeder Soldat auf einen Feldzug mit nimmt, um sich das strenge Militärleben zu versüßen. Die kleinste Truhe war für ihre Größe erstaunlich schwer. Sie war mit einem Schloß verriegelt, das ziemlich kompliziert aussah. Unter den auf dem Tisch verstreuten Utensilien konnte ich keinen Schlüssel entdecken.
»Molon!« rief ich.
»Hier, Herr«, sagte er. »Gleich neben dir.«
»Wo hat Vinius den Schlüssel für diese Truhe aufbewahrt?«
verlangte ich zu wissen.
»Er hat mich immer aus dem Zelt geschickt, wenn er diese Truhe öffnete, aber ich habe beobachtet, wie er zu diesen Gelegenheiten nach einem kleinen Beutel an seinem Schwertgürtel gegriffen hat.«
Großartig. Wahrscheinlich lag der Schlüssel jetzt inmitten all des anderen Metallschutts auf Vinius' Scheiterhaufen.
»Dann lauf zum Schmied und hol mir ein Brecheisen. Und beeile dich.« Er rannte zwar nicht direkt, beschleunigte seine Schritte jedoch zu einem behenden Torkeln. Wenig später kehrte er mit dem verlangten Werkzeug zurück. Die Truhe war sogar noch stabiler, als sie aussah, und wir mußten zu zweit zu Werke gehen, um den Deckel aufzustemmen. In der Truhe lagen Papyrusrollen und zusammengeklappte Holztafeln, an einigen baumelte ein bleiernes Siegel.
»Das sieht eher aus wie die Hinterlassenschaft eines Bankiers als wie die eines Soldaten«, bemerkte ich. Ich nahm eine der Tafeln in die Hand und klappte sie auf. Es war eine Besitzurkunde über ein italisches Anwesen in Etrurien.
»Man sollte meinen, er hätte seine Besitzurkunden in einem Tempel in der Nähe seiner Heimat deponiert«, sagte ich, eine weitere Tafel öffnend. Auch hierbei handelte es sich um eine Besitzurkunde für ein Gut, das er erst vor wenigen Monaten im Kampanien erworben hatte. Ich bemerkte, daß MoIon über meine Schulter linste, und wies auf die anderen Gegenstände.
»Staple diese Sachen drüben bei dem großen Zelt und besorge dir eine Plane, um sie zuzudecken.« Er sah nicht gerade begeistert aus, doch er machte sich ohne Murren an die Arbeit, während ich die Dokumente rasch durchsah. Der größte Teil waren Urkunden über den Besitz umfangreicher Ländereien. Es sah aus, als wäre Titus Vinius entschlossen gewesen, ganz Italien aufzukaufen. Ich kannte die Namen einiger Verkäufer, doch das hatte nichts zu bedeuten. Viele wohlhabende Römer besaßen Land, das sie selbst nie gesehen hatten. Sie kauften und verkauften es über Mittelsmänner, je nachdem, wie Kriege und politische Zeitläufe seinen Wert veränderten.
Ich überflog die für die diversen Verkäufe eingetragenen Beträge und überschlug die Gesamtsumme, bevor ich mich verblüfft zurücklehnte. Titus Vinius war als Millionär gestorben.
Woher stammte das Geld? Söhne wohlhabender Familien machten keine Karriere beim Militär. Die Gesamtsumme seines Soldes, seiner Bestechungsgelder und der Beute aus Plünderungen konnte kaum mehr als ein Zehntel der in diesen Dokumenten festgehaltenen Beträge ausmachen. »Ist sonst noch...«
Ich klappte die Urkunde zu, als ich Molons Stimme hörte.
»Schleich dich gefälligst nicht so an!« Er war gar nicht geschlichen, doch ich war so vertieft in diese schier unglaublichen Enthüllungen gewesen, daß ich sonst nichts wahrgenommen hatte.
»Wenn du mir die
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