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Tod eines Fremden

Titel: Tod eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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erzählt …« Er unterbrach sich.
    »Was?«, sagte Runcorn schnell. »Was ist, Monk? Sie haben sich an etwas erinnert!«
    »Ich glaube, sie wusste noch etwas, was sie mir noch nicht gesagt hatte«, räumte er ein.
    »Dann war es das!« Runcorns Miene erhellte sich. »Das war der Beweis, den sie Ihnen geben wollte, aber Dalgarno hat sie vorher umgebracht! Sie wollte noch einmal versuchen, ihn zu überreden, es aufzugeben …«
    »Dafür haben wir keinen Beweis!«, schnitt Monk ihm das Wort ab.
    »Sehen Sie!« Runcorn ballte die Faust und konnte sich nur mit Mühe beherrschen, nicht damit auf den Tisch zu schlagen. »Dieser Betrug ist eine Kopie des ersten, für den Arrol Dundas vor sechzehn Jahren verurteilt wurde, nicht wahr?«
    Monk spürte, dass sein Körper sich anspannte. »Ja«, sagte er sehr leise.
    »Worüber Nolan Baltimore Bescheid gewusst haben muss, entweder damals oder als alles vor Gericht herauskam?«, drängte Runcorn.
    »Ja …«
    »Gut. Also, dieser Dundas war kein Narr. Er kam eine ganze Zeit damit durch – fast hätte man ihn ja gar nicht erwischt. Nolan Baltimore wusste alles darüber, womöglich auch Jarvis Baltimore – und sehr wahrscheinlich auch Michael Dalgarno. Es gehört schließlich zur Geschichte der Gesellschaft. Finden Sie heraus, wie Dundas aufflog, Monk. Finden Sie die Einzelheiten, Stück für Stück.«
    »Es war das Land«, sagte Monk müde. »Er kaufte es, bevor die Eisenbahntrasse verlegt wurde, und verkaufte es ihnen dann teuer, nachdem er den Vermessungsbericht über die Höhe und Beschaffenheit des Hügels gefälscht hatte.«
    »Und Baltimore und Söhne macht diesmal genau dasselbe und leitet die Strecke wieder um?« Runcorn machte große Augen. »Und ich soll glauben, das sei alles nur Zufall? Unsinn! Dalgarno wusste alles über das erste Mal, und er hat genau den gleichen Trick angewandt … aus einem sehr guten Grund. Irgendwo steckt da für ihn ein Gewinn drin. Und Katrina fand einen Beweis dafür. Sie kennen sich mit Eisenbahnen aus, Sie wissen, wie Bankgeschäfte abgewickelt werden – finden Sie's raus, und zwar bevor wir vor Gericht gehen! Ich sorge dafür, dass Sie das Geld bekommen, um nach Liverpool oder, falls erforderlich, auch woandershin zu reisen. Bringen Sie Beweise mit.«
    Monk konnte sich nicht weigern, ebenso sehr um seinetwillen wie um Runcorns oder Katrinas willen. Er streckte die Hand aus, und nachdem er ihn einen Augenblick ausdruckslos angeschaut hatte, zog Runcorn seine Schreibtischschublade auf, holte sechs Guineen heraus und drückte sie Monk in die Hand. »Ich schicke Ihnen noch was, falls Sie mehr brauchen«, versprach er. »Aber bleiben Sie nicht unnötig lange weg. Man bringt ihn sicher bald vor Gericht.«
    »Ja«, meinte Monk. »Ja, vermutlich.« Er steckte das Geld in die Tasche und ging zur Tür hinaus.

9
    Als Hester nach Hause kam und eine Nachricht von Monk fand, er sei nach Liverpool gefahren, wo er Beweise für Dalgarnos Schuld an dem Betrug zu finden hoffe, begriff sie genau, warum er das getan hatte. Sie hätte an seiner Stelle das Gleiche getan. Und doch fühlte sich das Haus schrecklich leer an, ebenso wie sie selbst. Sie hatte ihm bei diesem Fall nicht helfen können, und ungeachtet aller oberflächlichen Erklärungen und trotz allem Verständnis wusste sie, dass tiefe und heftige Gefühle im Spiel waren, an denen er sie nicht hatte teilhaben lassen, und die meisten davon waren schmerzlich.
    Vielleicht war sie von den Problemen am Coldbath Square so in Anspruch genommen, dass sie ihn nicht genug gedrängt hatte, mit ihr darüber zu reden. Es fiel ihm schwer, über die Wahrheit zu sprechen, weil sie die Jahre seines Lebens betraf, während deren er, wie er glaubte, weniger wert gewesen war als der Mann, der er heute war.
    Warum vertraute er immer noch nicht darauf, dass sie einen großzügigen Geist hatte und bereitwillig und aufrichtig davon absah, das wissen zu wollen, was besser begraben blieb? Glaubte ein Teil von ihm immer noch, sie sei kritisch, selbstgerecht und habe all die kalten und engstirnigen Eigenschaften, deren er sie einst beschuldigt hatte, bevor sie sich eingestanden hatten, dass sie sich liebten?
    Oder hatte sie vergessen, ihm zu sagen, dass sie ihn damals nur der Arroganz, des Zynismus und des Opportunismus angeklagt hatte, weil sie Angst vor ihrer eigenen Verletzlichkeit hatte? Sie hatte etwas Behagliches gesucht, einen Mann, den sie lieben konnte, ohne ihre innere Unabhängigkeit aufzugeben. Eine Liebe, die

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