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Tod eines Fremden

Titel: Tod eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Verbrechen geht?« Sie sprach fest und wandte den Blick nicht ab, aber ihre Stimme war zu einem Flüstern geworden.
    »Wenn es um ein geplantes Verbrechen geht, muss ich es mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern suchen, und das heißt auch, die Polizei darüber zu informieren«, antwortete er. »Wenn es um eines geht, das bereits verübt wurde, dann muss ich ihr alles sagen, was ich erfahre, falls ich mir sicher bin, dass es der Wahrheit entspricht. Andernfalls würde ich mich zum Mittäter machen.« Seine Neugier war geweckt. Welche Art von Hilfe wollte diese ruhige junge Frau von ihm? Ihr Verhalten war ungewöhnlich, und es schien, als sei ihr Ersuchen noch ungewöhnlicher. Er würde sehr enttäuscht sein, wenn sich herausstellte, dass er diesen Fall nicht übernehmen konnte.
    »Verstehe.« Sie nickte. »Ich fürchte ein Verbrechen, aber ich möchte, dass Sie es, wenn dies irgend möglich ist, verhindern. Wenn ich die Macht dazu hätte, würde ich es selbst tun. Meine größte Sorge ist jedoch, Michael – Mr. Dalgarno – zu beschützen. Ich mag mich natürlich irren, aber so oder so: Es darf nie ein Wort über meinen Verdacht an die Öffentlichkeit dringen.«
    »Natürlich nicht«, stimmte er ihr zu. Die Erklärung, die sie offensichtlich so schmerzlich fand, hätte er ihr gerne erspart. »Wenn es nichts ist, wäre es peinlich, und wenn etwas dran ist, darf man die Betroffenen nicht warnen.« Er sah die Erleichterung in ihrer Miene, weil er so rasch begriff. »Erzählen Sie mir von Ihren Befürchtungen, Miss Harcus.«
    Sie zögerte, vertraute sich ihm nur ungern vorbehaltlos an. Das war leicht zu verstehen, und er wartete schweigend.
    »Das Folgende habe ich dem entnommen, was Mr. Dalgar-no mir im Verlaufe eines Gespräches erzählt hat«, fing sie an, die Augen unverwandt auf sein Gesicht gerichtet, um seine Reaktion zu beobachten und einzuschätzen. »Informationen, die ich zufällig mit angehört habe … und Unterlagen, die ich mitgebracht habe, damit Sie sie sich anschauen und darüber nachdenken können. Ich -«, zum ersten Mal wandte sie den Blick ab, »- ich habe sie genommen … gestohlen, wenn Sie so wollen.«
    Er bemühte sich, sein Erstaunen nicht zu zeigen. »Verstehe. Wo?«
    Sie hob den Blick. »Aus Mr. Dalgarnos Wohnung. Ich mache mir Sorgen um ihn, Mr. Monk. Ich glaube, beim Bau der neuen Eisenbahngleise ist Betrug im Spiel, und ich fürchte sehr, dass er mit hineingezogen wird, obwohl ich mir sicher bin, dass er unschuldig ist … zumindest … zumindest bin ich mir fast sicher. Manchmal geben auch ehrliche Menschen der Versuchung nach, den falschen Weg einzuschlagen, wenn ihre Freunde in etwas Unrechtes verwickelt sind. Loyalität kann … unangebracht sein, besonders, wenn man viel Gutes in seinem Leben der Großzügigkeit und dem Vertrauen eines anderen verdankt.« Sie sah ihn aufmerksam an, als wollte sie herausfinden, wie viel er begriff.
    Eine ferne Erinnerung quälte ihn bei dem Gedanken, aber er ließ es sich nicht anmerken. Er konnte ihr nicht sagen, wie gut er genau diese Art von Verpflichtung und auch den Schmerz des Scheiterns kannte.
    »Ist es ein Betrug, von dem Mr. Dalgarno profitieren könnte?«, fragte er ruhig.
    »Sicher. Er ist Juniorpartner der Gesellschaft, und wenn die Gesellschaft mehr Geld macht, profitiert auch er davon.« Sie beugte sich ein wenig vor, es war nur eine winzige Bewegung, aber der Ernst in ihrem Gesicht war eindringlich. »Ich würde alles geben, was ich habe, um seine Unschuld zu beweisen und ihn vor möglichen Anschuldigungen zu beschützen.«
    »Was genau haben Sie gehört, Miss Harcus, und aus wessen Mund?« Die Erwähnung von Eisenbahnen rührte eine alte Erinnerung in ihm auf – Licht und Schatten, Unbehagen, das Wissen um Schmerzen vor dem Unfall. Er hatte sein Leben seither wieder aufgebaut, etwas Neues und Gutes geschaffen, indem er sich die Fakten über sich, die er ausgegraben hatte, und die Erinnerungsfetzen, die zurückgekehrt waren, angesehen und zusammengesetzt hatte. Aber das meiste war verloren wie ein Traum, irgendwo in seinem Kopf und doch unzugänglich. Gerade das machte es so beängstigend. Was er herausgefunden hatte, war nicht immer angenehm: ein vom Ehrgeiz getriebener Mann – rücksichtslos, klug, mutig, mehr gefürchtet als geliebt.
    Sie beobachtete ihn mit ihren intensiven goldbraunen Augen. Aber ihr eigener Kummer verzehrte sie.
    »Gespräche über einen großen Gewinn, der geheim gehalten werden muss«,

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