Tod eines Holländers
pfangen, und gleich nach der Beerdigung reiste sie ab, ohne noch einmal in die Wohnung zurückzukehren. Der Stiefsohn war ohnehin in A m sterdam, und niemand scheint zur Beerdigung eingeladen worden zu sein. Sie ließ sich in England nieder, ausreichend entfernt von dem O rt, wo Signora Goossens gewohnt hatte, und verkaufte über ihre Anwälte das Haus… naja, sie m ußte nur die Unterschrift nachmachen, die Briefe selbst konnte sie tippen… jedenfalls sahen sie einander wohl sehr ähnlich, und so… ich weiß das wegen des Rings, von dem ich Ihnen gestern, glaub ich, erzählt habe, ein Unikat. Signora Goossens hat ihn immer getragen und ihn nicht m ehr vom Finger bekom m en, nac h dem sie zu g enom m en h atte. Er steckte noch immer am Finger der Leiche, bei deren Exhu m ierung ich zugegen war. Die Schwester war zu geizig, das Geld für ein loculo aufzubringen, und offensichtlich war ihr nicht klar, was eine kostenlose Erdbestattung bedeutet – ich weiß nicht, vielleicht ist das in England etwas anderes… Der Punkt ist jedenfalls, daß die U m bettungsverfügung nach A m sterdam nachgeschickt wurde… Das ist leicht zu erklär e n: sä m t liche Post, die an Goossens T. adressiert war, wurde im Atelier abgegeben, Signor Beppe würde sich schon darum k ü m m ern. Wen überrascht es, daß nach all den Jahren weder ihm noch dem Briefträ g er auffiel, daß das Schreiben der Friedhofsverwaltung nicht an Signor sondern an Signora gerichtet war.
Der Holländer hatte schon so etwas Ähnliches erwartet, denn er sprach von der Möglichkeit, daß seine Stief m utter auftauchen könnte. Am Grab seiner Eltern s t ehen Blu m en, was darauf hindeutet, daß er, als er hier in Florenz war, auf den Friedhof ging und so von der Art der Beerdigung erfuhr… Ja, das wäre ganz verständlich… Genau, das war seine einzige Chance, sie zu sehen – und ich wäre nicht überrasch t , wenn er ihr m i t d em nachgeschickten Brief gleichzeitig d as Angebot ge m acht hä t te, sich um die U m bettung zu kü mm ern, falls sie sich dazu nicht i n der Lage sähe; dann wäre alles aufgeflogen, denn er hätte den Ring gesehen. Jedenfalls m uß er beabsichtigt haben, m i t ihr z u m Friedhof zu gehen, und deswegen m uß sie schon vorher, noch ehe sie sich trafen und er sie erkannte, zur Tat entschlossen gewesen sein. Sie m uß m it die s er Absicht schon hergekom m en sein… Nein, die Urne wird gerade einge m auert, ich kann es nicht verhindern, dafür brauchen wir eine richterliche Anordnung… Aber es gibt doch einen Beweis, den Ring!… Na schön, aber m ir wird er doch glauben!«
Es war ung l aublich! Nach all dem k o nnten sie sich doch nicht weigern… » Jawohl… Doch, ich we i ß, Sie tun ihr Möglichstes, aber es gibt doch Zeugen, Signora Giusti…«
Signora Giusti, so erfuhr er vom Leutnant, liege aber noch immer i m B e tt, nur sei inzwischen eine Pflegerin bei ihr. Sie habe keine besondere Verletzung und wäre bald w i ederhergestellt, solche Sachen seien ja schon öfters passiert. Viel l eicht aber auch nicht. Wenn sie durchkä m e, gäbe es jede Menge Zeugen, die bestätigen könnten, daß sie eine chronische Lügnerin sei. Ein Gespräch m it dem Staat s anwalt wäre für sie eine willkomm e ne Gelegenheit, die übelsten Anschuldigungen vorzubringen.
Der Wachtmeister war außer sich.
»Es gibt noch einen anderen Zeugen. Ein Nachbar, der Signora Goossens schon seit Jahren kennt. Der blinde Blu m enverkäufer an der Piazza – er schwört, daß diese Frau je m and anders ist. Na schön, er ist blind… trotzdem, er kann noch hören. Er kann Menschen voneinander unterscheiden… Ja… Jawohl… Was soll ich jetzt m achen?… Jawohl. Ich bleibe ihr auf den Fersen, solange es geht, aber wenn sie versucht, sich ins Ausland abzusetzen…«
Wenn sie Italien verließ, dann konnten sie einpacken. Wenn sie jetzt nicht genügend Beweise für einen Haftbefehl zusam m enbekamen, dann konnten sie die ganze Sache vergessen. Sich für je m and ande r s auszugeben war kein Delikt, das ein Auslieferungsbegehren rechtfertigte, u nd was den Mord betraf, so konnten sie gegen die Frau nichts Konkretes vorbr i ngen.
Von weitem sah er sie n äher kom m e n. Er m ußte sich beeile n . Hastig wähl t e er die Nu mm er des Reviers Pitti.
» Möchte bloß wissen, wer m ir diese ganzen Gespräche bezahlt « , maulte der Bea m te, » ich m uß m eine Gespräche alle selbst bezahlen…«
Der Wacht m eister warf ihm m it einem grimmigen Blick
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