Tod eines Holländers
ordentlich anzuziehen und rauszugehen und in der Sonne zu sch m oren. Gereizt häm m erte er auf die X-Taste, um seinen Fehler auszustreichen.
»Wenn du auf das Telefon aufpaßt, bis Lorenzini wieder da ist«, sagte Gino, »dann gehe ich . «
» Der Staat s anwalt war nicht begeistert, das kann ich Ihnen flüstern… Wir haben dem Konsul noch nichts gesagt; er wird sich bestimmt fragen, was all diese Verzögerungen sol l en. Wir m üssen ihm und der Schwieger m utter wohl alles erzä h len, bevor sie gehen. Irgendwas Neues von Ihrer Seite ? «
Was erwarten Sie denn noch? dach t e der Wachtmeister. La u t sagte er: » Nein, außer daß sie im m er ä ngstlicher w i rd.«
Sie befanden sich in einem Selbstbedienungsrestaurant. Er stand neben der Kasse und hatte, während er telefonierte, die Frau voll im Blick. Sie hatte s i ch einen Haufen unappetitlich b u nter Gerichte zusammengestellt und saß vor dem Tablett, ohne das Essen anzurühren, sondern nippte nur gelegentlich von dem Glas Wasser, das sie m it z itte r nder Hand hielt.
» Sie ist der m aßen fertig, daß sie wahrscheinlich zusam m enbrechen würde, wenn ich jetzt vor sie hinträte.«
» Dazu wird es wohl nicht kom m en. Leider haben wir es nicht geschafft, m i t dem E r m i ttlungsrichter, der die Archiviazione m öglicherweise unterzeichnet hat, Kontakt aufzuneh m en. Er sitzt anscheinend in einem Ex p reß von Rom hierher.«
» Dann hat e r doch bestimmt nicht u nterschrieben, da dies erst nach der Beerdigung passieren sollte… Jedenfalls, ist ja imme r hin etwas, wenn sich der Staatsanwalt m i t ihm in Verbindung setzen will. Zu m in d est bedeutet das…«
» Das bedeu t et, daß er sich vor allen Eventualitä t en absichern will. Trotzdem hält er Ih r e Story nicht für völlig abwegig.«
Wie nett von ih m , dachte der Wachtmeister.
Die Frau aß noch imm e r nichts, und ein, zwei andere Gäs t e hatten begonnen, neugierig zu ihr h i nüberzustarren. Rechts von ihm sah er eine Touristengruppe lär m end am Schaufens t er vorbeiziehen, in de m , auf einem Edelstahlbord nebeneinander aufgereiht, langstielige Glasbecher standen, die m it identi s ch aussehenden Kuns t stoffeiskugeln gefüllt und m i t knallroten Erdbeeren dekoriert waren.
»Er hat aber darauf hingewiesen… Sind Sie noch da, Herr Wachtm e ister ? «
» Ja . «
»Er hat darauf hingewiesen, daß wir noch immer n ichts Konkretes in der Hand haben, daß Signora Gooss e ns diesen R i ng, von dem Sie sprachen, ihrer Schwester m öglicherweise geschenkt haben könn t e . «
» Vergessen Sie nicht, daß sie ihn nicht vom Finger bekomm e n hat . «
» Dieser Umstand ließe sich zum ge g enwärtigen Zeitpunkt nur sehr schwer beweisen. Wie auch immer, als Beweisstück wiegt er jedenfalls nicht so schwer wie die Angaben der Grenzpolizei – haben Sie daran nicht m e hr gedacht ? «
Richtig – daran hatte er nicht m ehr gedacht. Wenn es aber nicht m ehr zwei V erdächtige gab und wenn diese Frau erst am Dienstag die italienische Grenze passiert hatte, einen Tag, nachdem d er Holländer gestorben war… » Kann es sein, daß wir irgendwo einen Fehler ge m acht haben ? «
» Ka u m . Wir alle wissen, wie es bei der f ranzösischen Grenzpolizei zugeht… Und außerdem habe ich ihre Fahrkarte gesehen, sie war für diesen Tag ausgestellt . «
»Ich verstehe . «
» Sie glauben doch nicht etwa « , sagte der Leutnant, » daß sie einen Komplizen hat, einen Mann vielleicht, von dem wir überhaupt n i chts wissen?«
» N e in … «
Der Wachtmeister sah zu ihr hinüber. Sie tupfte sich m i t einem Taschentuch zitternd den Mund ab. »Nein, ich glaube, sie ist eine Einzelgängerin . «
»Tja dann. Ein Kollege ü berprüft gerade, wo der Holländer se i n Essen eingekauft haben könnte – ich habe die A l tenpflegerin so weit gekriegt, daß ich m ir aus Signora Giustis Album ein Foto von ihm ausleihen durfte. Ich ver m ute, Sie verdächtigen die alte Da m e nicht m ehr . «
» N e in . «
» Na ja, wir tun, was wir können…«
Dieses ›wir‹ klang irgendwie s o , als bezog es sich nur auf leitende Bea m te der Er m ittlungsbehörden. Der Wachtmei s ter befürchtete, seinen einzigen Verbündeten verloren zu haben. Er wählte die Num m er des Reviers Pitti, ohne dabei die Frau aus den Augen zu lassen. Sie stand kurz vor e i nem Zusam m enbruch, hielt aber m i t eis e rner Ichbezogenheit durch, auch wenn sie jede seiner Bewegungen m i t ängstli c hem Blick v erfolgte. Er war ihr
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