Tod eines Holländers
gebraucht. Wenn sie zurückkom m t, und ich wünsche es m ir sehnlic h st, dann würde sie nicht m i tten in d er Nacht heraufschleichen, sondern m ich sofort besuchen ko m men . «
Der Wachtmeister ging m üde hinter der kleinen Gestalt her, den Korridor entlang zur Küche, zog dort ein Taschentuch heraus, m i t dem er sich über die Stirn fuhr, und setzte sich wieder auf den harten Stuhl.
Sein Blick fiel auf die in großen Ziffern geschriebenen Nu mm ern neben dem Telefon; zwischen seinem Na m en und dem des Ge m üsehändlers en t deckte er die Nu m mer 113, den Notruf. Er fragte sich, ob sie je m als bei der Polizei angerufen hatte statt bei den Carabinieri. Vielleicht abwechselnd… Er zog Notizbuch und Kugelschreiber heraus.
» Sie haben nachts jemanden gehört. Wann war das?«
» Gestern natürlich! Ich würde kaum eine Woche warten, bis ich Sie rufe!«
» Gestern. Um wieviel Uhr ? «
»Zuerst um k urz nach ha l b acht . «
» Das ist aber nicht m i tten in der Nacht!«
»Langsa m . Je m and hat kurz nach halb acht die Wohnung betreten. Ich habe die Tür gehört. Ich lag im Bett. Ich bin immer schon um halb acht im Bett, was gibt es denn sonst zu tun – ei n en Fernseher habe ich nicht, das würden m eine Augen nicht vertragen, und außerdem könnte ich es m ir nicht leisten. Also gehe ich zu Bett, trotz des furchtbaren Lär m s d raußen auf der Piazza, der überhaupt verboten gehört. Jedenfalls, etwas später – ich habe noch im m er gelauscht, weil ich, ehrlich gesagt, hoff t e, daß er es war oder seine Stief m utter und daß es an m einer Tür klopfen würde, und dann hörte ich, daß noch je m and anderes in die Wohnung ging…«
» S ind Sie sicher, daß nicht dieselbe Person einfach herauska m ? «
Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
» Die zweite Person ist reingegangen, und kurz darauf gab es Krach.«
» Sie m einen, es ging lauter zu ? «
» Nein, sie haben sich gestritten. Eine Auseinandersetzung. Ziemlich heftig. Gegenstände wurden u m gestoßen, vielleicht sogar auf den Boden geworfen. Dann ging eine Person wieder hinaus. Und zwar die Frau, die zuletzt gekom m en war.«
»Woher wissen Sie, daß es eine Frau war ? « Aber m als ein vernichtender Blick.
» Hohe Absätze, Steinstufen. Wie Sie be m erkt haben, liegt m ein Schlafzimmer gleich neben der Wohnungstür.«
» Und die a n dere Person?«
»Ein Mann. Ich habe gehört, wie seine Stimme während des Streits imm e r lauter wurde. Er ist übrigens noch immer drin. Ich habe die ganze Nacht kein Auge zugetan, einfach nur gelauscht. Ich habe gehört, wie er bis spät in die Nacht Radau m achte, als ob er wütend war . «
» S ind Sie aufgestanden? Haben im Treppenhaus gehorcht ? «
» Kann ich nicht. Mit Hi l fe eines kleinen Sche m els und m eines Laufstuhls kann ich m ich ins Bett legen, aber aufstehen kann i ch nicht. Es ist zu hoch, und ich bin schon ich weiß nicht wie oft hingefallen. Können Sie sich vorstellen, was es heißt, die ganze Nacht auf dem Fußboden zu liegen? Eines Tages wird m an m i ch tot auffinden… Ich m uß warten, b i s sie ko mm t . Sie hat einen Schlüssel. Den ganzen Vor m ittag bin ich in der Nähe der Wohnungstür geblieben – ich habe i hr nichts gesagt, habe Sie dann angerufen, nachdem sie gega n gen war –, aber ich m u ßte zwei m al an r ufen, bevor m an überhaupt reagierte, vergessen Sie das nicht! So! Und was, wenn es Hausbesetzer sind… junge Leute…, die Wohnung ist ja m öbliert, wissen Sie. Und wenn d i e dort reinkommen, dann k om m en die auch hier rein, und das werde ich nicht erlauben. Ich werde nicht einen Monat woanders wohnen und zulassen, daß irgendwelche hergelaufenen Leute sich die paar Habseligkeiten, die ich noch besitze, unter den Nagel reißen… Und m ein Begräbnisgeld…«
Sie holte ihr Taschentüchlein heraus.
»Beruhigen Sie sich, Signora, beruhigen Sie sich! An die naheliegendste Lösung haben Sie offenbar nicht gedacht – daß die Wohnung m öglicherweise weitervermietet wurde . «
» Ohne daß m an davon erfährt? Und überhaupt, er benutzt sie ja. In der Regel zwar nur e i n paar Mal i m Jahr, aber er versäu m t es nicht, m ich zu besuchen. Und falls er beschlossen hätte, die Wohnung zu ver m ieten, dann hätte er m ir Bescheid gesagt, wo er doch weiß, wie heikel ich in puncto Nachbarn b i n…«
» Na schön, na schön. Wenn Sie sagen, daß derjenige noch drin ist, dann werde ich in dem Fall m a l rübergehen und nachschauen . «
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